Benachteiligung bei der Wahl zum Publikumsrat

  • SchlichtungswerberIn: Mag. Manfred Fischer
  • Unterstützt von: Martin Ladstätter
  • Schlichtungspartner: Bundeskanzleramt
  • Zeitraum: 23. April 2014 bis 17. Juli 2014
  • Bundesland: Wien
  • Gesetzesgrundlage: BGStG
  • Einigung: Nein

Schlichtungsantrag

Am 25. März 2014 gab Bundesminister Ostermayer via Presseaussendung die Bestellung von Mag. Erich Fenninger als Vertreter für den Bereich behinderte Menschen im ORF-Publikumsrat gemäß § 28 Abs. 11 iVm Abs. 4 des ORF-Gesetzes bekannt. Mag. Fenninger ist selbst nicht behindert. Ich selbst wurde lt. „Wiener-Zeitung“ vom 21. März 2014, S.34, fristgerecht von der Österreichischen Arbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (ÖAR) und Selbstbestimmt Leben Österreich (SLIÖ) für die Funktion des Publikumsrates im Bereich behinderte Menschen nominiert. ÖAR und SLIÖ sind zwei anerkannte, österreichweit agierende Interessensvertretungsorganisationen behinderter Menschen. Die nötige Erfahrung für diese Tätigkeit weise ich auf Grund meiner jahrelangen Tätigkeit in der Interessensvertretung behinderter Menschen und als Journalist auf. Ich wurde durch meine Nichtbestellung und die Bevorzugung eines nicht-behinderten Kandidaten diskriminiert. Die Bestellung eines nicht-behinderten Vertreters für den Bereich behinderte Menschen widerspricht dem Selbstvertretungsanspruch behinderter Menschen lt. der UN-Behindertenrechtskonvention.

Anmerkungen/Bewertung

Brief vom Leiter der Sektion Verfassungsdienst im Bundeskanzleramt:

Sehr geehrter Herr Mag. Fischer!

Wie im Schlichtungsgespräch am 17.7.2014 im Bundessozialamt vereinbart, erlaube ich mir, die vorgebrachte Argumentation des Bundeskanzleramts auch schriftlich darzulegen:

Mit Verlautbarung in der Wiener Zeitung vom 18. Februar 2014 wurden vom Bundesminister für Kunst und Kultur, Verfassung und öffentlichen Dienst gemäß § 28 Abs. 4 iVm Abs. 5 ORF-G repräsentative Einrichtungen und Organisationen aufgefordert, Vorschläge für die Bestellung von Mitgliedern des Publikumsrates zu erstatten. Für den Bereich „Behinderte Menschen“ wurden von folgenden Stellen Vorschläge eingebracht (Vgl. Bekanntmachung in der Wiener Zeitung vom 21. März 2014):

Österreichische Volkshilfe
Österreichische Arbeitsgemeinschaft für Rehabilitation
Arbeiter-Samariter-Bund Österreichs
Hilfswerk Österreich
SLIÖ – Selbstbestimmt Leben Österreich

Der Bundesminister hat aufgrund dieser Vorschläge Herrn Mag. Erich Fenninger von der Österreichischen Volkshilfe zum Mitglied des Publikumsrats bestellt. Für die Entscheidung räumt das ORF-Gesetz dem Bundesminister ein Auswahlermessen ein: nach § 28 Abs. 6 iVm Abs. 4 ist die wesentliche inhaltliche Vorgabe für die Auswahlentscheidung, dass der entsprechende Vorschlag von einer „repräsentativen“ Einrichtung/Organisation erstattet wurde. Es ist also zunächst zu beurteilen, welche der Stellen die einen Vorschlag erbracht haben, repräsentativ sind. Davon, dass die Qualifikation der Volkshilfe als für den Bereich der „Behinderten Menschen“ repräsentative Organisation als unsachlich einzustufen wäre, kann keine Rede sein.

Werden Vorschläge von mehreren Stellen erstattet, die jede für sich als repräsentativ anzusehen sind, überlässt es der Gesetzgeber der politischen Entscheidung des Bundesministers, welchem Vorschlag er nun den Vorzug gibt. Die Regelungen des ORF-Gesetz enthalten insbesondere keine Bestimmung, dass die aufgrund eines Vorschlags einer repräsentativen Einrichtung für den Bereich „Behinderte Menschen“ zum Publikumsrat bestellte Person selbst ein Mensch mit Behinderung sein muss. Schon gar nicht enthält das Gesetz ein subjektives Recht für eine bestimmte Organisation bzw. Person zum Publikumsrat bestellt zu werden.

Auch aus diesem Grund ist auszuschließen, dass ihre Nichtbestellung zum Publikumsrat aus irgendwelchen Gründen, die Ihrer Person oder gar Behinderung liegen, erfolgte.

Der Vollständigkeit halber weise ich in Bezug auf ihr Begehren im Schlichtungsgespräch nach Abberufung darauf hin, dass eine vorzeitige Abberufung von Mitgliedern des Publikumsrates in § 29 ORF-Gesetz nicht vorgesehen und daher unzulässig ist.

Bewertung durch Mag. Manfred Fischer

Das Schlichtungsgespräch fand in angenehmer Atmosphäre statt, was aber nichts an der Unverrückbarkeit der Standpunkte änderte. Der Rechtsvertreter des Bundeskanzleramtes blieb der Meinung, dass das ORF-Gesetz keine Bestimmung enthalte, dass der Vertreter von Menschen mit Behinderung in ORF-Publikumsrat ein selbst behinderter Mensch sein muss. Dies sehe ich anders, weil es dem Selbstvertretungsanspruch behinderter Menschen widerspricht. Es kam daher keine Einigung zustande.

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