Elektrobusse nicht hörbar und Gefahr für blinde Menschen

  • SchlichtungswerberIn: Monika Weinrichter
  • Unterstützt von: Martin Ladstätter
  • Schlichtungspartner: WIENER LINIEN GmbH & Co KG
  • Zeitraum: 11. Juni 2013 bis 31. Jänner 2014
  • Bundesland: Wien
  • Gesetzesgrundlage: BGStG
  • Einigung: Nein

Schlichtungsantrag

Durch die so gut wie geräuschlosen Elektrobusse, die von den Wiener Linien eingesetzt werden, fühle ich mich insofern diskriminiert, als sie mich an der gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gesellschaft hindern.
 
Einerseits muss ich in den von Elektrobussen befahrenen Regionen befürchten, von den für mich zwischen den Verbrennungsmotoren nicht wahrnehmbaren Bussen überfahren zu werden und zusätzlich sind diese Verkehrsmittel für mich nicht benutzbar, da ich ihr Ankommen in der Station nicht hören kann.

Diese Problematik betrifft alle blinden und stark sehbehinderten Menschen in gleicher Weise.

Herr Alfred Meier (Name durch die Redaktion geändert) und Frau Maria Enzersberger (Name durch die Redaktion geändert) schließen sich diesem Schlichtungsverfahren an, da sie ebenfalls blind und daher betroffen sind.

Mein bisheriger Mailverkehr mit den Wiener Linien hat leider keinerlei Erfolg gezeigt.

Ich verlange, dass die Elektrobusse der Wiener Linien mit einem gut hörbaren Geräusch, sowohl während der Fahrt als auch beim Stehen, ausgestattet werden, damit ich und alle anderen blinden Menschen ungehindert am öffentlichen Verkehr teilhaben und ohne Lebensgefahr die Straßen überqueren können!

Elektro-Bus Wiener Linien
Wiener Linien / Thomas Jantzen

Anmerkungen/Bewertung

Antwort der Wiener Linien:

Am 13.12.2013 fand ausgehend vom Gelände der Garage Spetterbrücke ein Versuch mit einem „Zusatzgeräusch“ statt, welches die neuen batteriebetriebenen, geräuscharmen Autobusse, welche derzeit auf drei Autobuslinien eingesetzt werden, für schwer sehbehinderte und blinde Menschen akustisch wahrnehmbar machen soll.

In Anwesenheit des stellvertretenden Abteilungsleiters der Abteilung Kraftfahrzeuge, Vertreterinnen und Vertretern der Blindenverbände und mir als Vertreterin der Rechtsabteilung wurde an einem geräuscharmen Bus auf der linken Außenseite ein Lautsprecher angebracht, aus dem ein Zusatzton erklang. Der Ton war anfangs auf ca. 98 db eingestellt. Diese Lautstärke widerspricht der EU-Richtlinie 2003/10/EG vom 06.02.2003, nach der die Lärmbelastung für Arbeitnehmer 80 db nicht überschreiten darf.

Nach einigen Proberunden im Bereich Paltaufgasse / Huttengasse war klar, dass das Geräusch zu laut ist und wurde sowohl vom Autobuslenker als auch von Fahrgästen, welche an einer Straßenbahnstation warteten und die von uns im Zuge der Probefahrten angefahren wurde, als viel zu laut empfunden.

Anschließend wurde die Lautstärke des Geräusches auf ca. 80 db – der für Arbeitnehmer erlaubten Lautstärke – reduziert und nochmals Probe gefahren. Auch danach war das Geräusch noch sehr gut zu vernehmen.

Die Vertreterinnen und Vertreter der Blindenverbände waren nach der Vorführung der Ansicht, dass das Geräusch, welches einem Handyklingelton sehr ähnlich ist und leicht mit einem solchen verwechselt werden kann, durchgehend eingestellt werden sollte, um noch besser wahrgenommen werden zu können. Bemängelt wurde von den Damen und Herren, dass der Außenlautsprecher nur auf einer Seite des Busses angebracht war. Zur noch besseren Wahrnehmbarkeit des Geräusches sollten zumindest auf beiden Busseiten, noch besser auch in der Busmitte weitere Außenlautsprecher befestigt werden. Die Busse sollen für schwer sehbehinderte und blinde Menschen in ihrer ganzen Breite akustisch wahrnehmbar sein, um zB. auch bei der Querung eines Gehsteiges gehört zu werden.

Eine gute Hörbarkeit des Geräusches wurde von den Vertreterinnen und Vertretern der Blindenverbände, mit einer Ausnahme, bei einer Lautstärke von ca. 93 db konstatiert. Ein Vertreter bescheinigte dem geräuscharmen Bus eine gute Wahrnehmbarkeit auch ohne jedes Zusatzgeräusch.

Die Wiener Linien vertreten nach wie vor die Ansicht, dass es nicht im Sinne des Erfinders ist, einen geräuscharmen Bus „lauter“ zu machen. Der Einsatz dieser Busse im Fahrbetrieb der Wiener Linien stellt vor allem eine akustische Entlastung der Anrainerinnen und Anrainer dar, die im Einsatzgebiet dieser Busstrecken wohnhaft sind. Ein Zusatzgeräusch an diesen Bussen würde die ursprüngliche Absicht des Erstellers ad absurdum führen.

Aus diesem Grund wird die zuständige Fachabteilung keine weiteren Versuche veranlassen, um den Batteriebus mit einem Zusatzgeräusch auszustatten. Es wären vor allem in den Nachtstunden massive Probleme mit den Anwohnerinnen und Anwohnern zu erwarten.

Die Wiener Linien erfüllen mit dem Einsatz von batteriebetriebenen, geräuscharmen Bussen alle gesetzlichen Rahmenbedingungen. Das Ziel ist, künftig verstärkt solche Busse in den Fahrbetrieb aufzunehmen.

Eine Diskriminierung im Sinne des BGStG liegt aus unserer Sicht in diesem Fall auch nicht vor. Wir bedauern deshalb, dass die Wiener Linien den Schlichtungswerbern nicht mehr weiter entgegenkommen können.

Bewertung durch Monika Weinrichter

Mein Eindruck von der Schlichtung:

Insgesamt leider sehr enttäuschend! Ich hatte WL für grundsätzlich an Barrierefreiheit interessiert eingestuft, da es ja zahlreiche Leitlinien und die Niederflurstraßenbahnen gibt.

Beim Schlichtungsgespräch im Bundessozialamt (heute Sozialministeriumservice) sagte jemand von den Wiener Linien: „Ich mach sicher keinen Bus lauter!“ und dabei ist es letztendlich leider bis heute geblieben.

Es wurde uns einmal in einer Verkehrssituation ein E-Bus mit einem Warngeräusch vorgeführt. Dieses klang wie ein Handyklingelton und hatte Pausen, wodurch es schlecht wahrnehmbar war. Wiener Linien sagten uns wir sollten dieses Geräusch so laut einstellen wie wir es brauchen, doch dann hieß es einfach: „Zu laut, es kommt gar kein Warngeräusch!“ Wiener Linien brach die Schlichtung ab, obwohl zuvor gemeinsam vereinbart worden war, dass wir SchlichtungswerberInnen selbst ein Warngeräusch recherchieren, das auch bei geringerer Lautstärke besser wahrnehmbar ist.

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