Mehrgeschossiges Geschäftslokal ohne Aufzug

  • SchlichtungswerberIn: DSA Gerhard Walter
  • Unterstützt von: Mag. Paso Zengin
  • Schlichtungspartner: LIBRO Handelsgesellschaft mbH
  • Zeitraum: 15. März 2006 bis 23. Oktober 2006
  • Bundesland: Tirol
  • Gesetzesgrundlage: BGStG
  • Einigung: Ja

Schlichtungsantrag

Ich bin 16.2.2006 um ca. 17:30 in die Filiale LIBRO in Schwaz gegangen und wollte eine bestimmte DVD erwerben. Die Abteilung für DVDs befindet sich im 1. Stock. Es gibt keinen Lift, der 1. Stock ist nur über Stufen erreichbar. Auf die Frage, ob mir die Verkäuferin eine DVD vom 1. Stock herunterbringen könne, gab mir diese zur Antwort, dass sie ab 17 Uhr alleine im Geschäft sei, und keine Zeit bzw. Möglichkeit habe, diese zu holen.

Die Verkäuferin machte einen gestressten Eindruck und ihr Argument, mir nicht weiterhelfen zu können, leuchtete mir ein. Es hat sich dann eine Kundin angeboten, mir die DVD vom 1. Stock zu holen. Daraufhin hat die Verkäuferin im Computer nachgeschaut, ob die DVD lagernd ist. Dies war nicht der Fall. Ich hätte mich gerne auch nach anderen DVDs umgesehen. Ich hatte das Gefühl ein Kunde zweiter Klasse zu sein und diskriminiert zu werden.

Ich möchte folgendes Ziel erreichen:

Ich erwarte mir von der Firma LIBRO, dass diese als große Handelskette, Maßnahmen trifft, um in ihren Filialen Barrierefreiheit zur gewährleisten. Ich möchte von der Firma LIBRO, dass diese eine Erhebung der baulichen Situation aller Filialen vornimmt und einen Umsetzungsplan zur Beseitigung von Barrieren vorlegt.

Schlichtungsvereinbarung

  • Der Vertreter des Schlichtungspartners übermittelt an Herrn Walter den Inhalt der durchgeführten Erhebung und des Umsetzungsplans.
  • Der Vertreter des Schlichtungspartners verfasst einen Textvorschlag für eine Vereinbarung, übermittelt diese zur Durchsicht und Stellungnahme an Herrn Walter. Die Schlichtungsparteien streben die beidseitige Unterfertigung der Vereinbarung bis Ende Juli 2006 an. (Siehe Anmerkungen)
  • Die Schlichtungsreferentin wird über den Abschluss der Vereinbarung in Kenntnis gesetzt.
  • Für Jänner 2007 planen Herr Walter, der Vertreter des Schlichtungspartners und Mag. Zengin ein gemeinsames Treffen, um über die bis dahin umgesetzten Maßnahmen zu sprechen. Diese Zusammenkunft wird auf Wunsch der Schlichtungspartner im BASB Landesstelle Tirol abgehalten.

Anmerkungen/Bewertung

Die Firma LIBRO hat eine Projektgruppe mit dem Auftrag eingerichtet, die Voraussetzungen für einen barrierefreien Zugang in den LIBRO-Filialen und die dazu erforderlichen Kosten zu erheben. Die Projektgruppe besteht aus dem für alle Filialen zuständigen Vertriebsleiter, der Leiterin der zentralen Filialverwaltung, dem Leiter der Technik und dem für die Erweiterungen bei LIBRO zuständigen Mitarbeiter.

Rasch umgesetzte Maßnahmen:

  1. Hinweisschilder, die bei mehrgeschossigen Filialen darauf hinweisen sich an das Personal zu wenden.
  2. Alle Mitarbeiter wurden darauf hingewiesen, im Rahmen der personellen Besetzungsmöglichkeiten eine größtmögliche Unterstützung anzubieten. Idealerweise sollten dafür in den Filialen künftig während der gesamten Öffnungszeit mindestens zwei Mitarbeiter tätig sein. Die Projektgruppe erarbeitet derzeit einen möglichen Dienstplan.
  3. Die Firma LIBRO hat eine Ist-Erhebung durchgeführt.

Die Ist-Erhebung hatte folgendes Ergebnis:

  1. 72 % aller Filialen haben nur eine Geschossfläche. In 139 Filialen gibt es keinen Niveauunterschied. In 73 Filialen (33 %) gibt es Niveauunterschiede in Form von Stufen, davon bei 57 % im Eingangsbereich und bei 42 % im Geschäft.
  2. In 78 % der mehrgeschossigen Filialen gibt es Aufstiegshilfen. In 21 % der Fälle Aufzüge, entweder im Geschäftslokal selbst oder begehbar durch das allgemeine Stiegenhaus. In 41 mehrgeschossigen Filialen gibt es derzeit keine Aufstiegshilfen, sondern lediglich Stiegen oder für Personen nicht zugelassene Lastenaufzüge.

LIBRO prüft nun, mit welchen leicht umsetzbaren Maßnahmen die Niveauunterschiede in den Geschäftslokalen ausgeglichen werden können, welche Kosten damit verbunden sind und erstellt ein entsprechendes Budget.

Vor allem in jenen Filialen, wo sich die Niveauunterschiede im Eingangsbereich befinden, muss jedoch zunächst mit dem Vermieter / Verpächter Rücksprache gehalten werden. In Einzelfällen ist sicherlich auch ein Bauverfahren erforderlich.

In all jenen Filialen, die auf mehreren Geschossen ihre Verkaufsflächen haben und wo keine Aufstiegshilfen vorhanden sind, ist es daher erforderlich, durch sachkundige technische Experten, ab Herbst 2006 die Möglichkeiten prüfen zu lassen.

Wesentliches Kriterium für die Umsetzungsentscheidung ist aber auch das Verhältnis zwischen Investitionsaufwand und Ertragslage der Filiale.

Bei einzelnen Filialen werden Aufstiegshilfen aufgrund der gemieteten Fläche, der Raumaufteilung und der technischen Voraussetzungen nicht möglich sein.

Die erwähnten Maßnahmen, die sich ohne größeren technischen und finanziellen Aufwand umsetzen lassen, wird LIBRO nach Möglichkeit bis Beginn des Weihnachtsgeschäftes 2006 – das ist neben dem Schulbeginn die umsatzstärkste Zeit – umsetzen, zumindest bei den meisten Filialen bis Ende des Geschäftsjahres.

Das LIBRO-Geschäftsjahr beginnt am 1. März eines jeden Jahres und endet am letzten Tag des Februar des Folgejahres.

Jene Maßnahmen, deren Umsetzung wesentliche Kosten verursachen und wofür im laufenden Budget keine Vorsorge getroffen ist, werden in den Budgets der kommenden Jahre berücksichtigt und nach Möglichkeit und nach entsprechendem Bauverfahren laufend umgesetzt.

Schon aus wirtschaftlichen Überlegungen ist klar, alle Maßnahmen können nicht gleichzeitig in allen Filialen umgesetzt werden.

Die von Bausachverständigen und Zivilingenieuren auszuarbeitenden Gutachten über die Möglichkeiten des Einbaus von Aufstiegshilfen in den Filialen mit mehreren Stockwerken, werden frühestens im Herbst kommenden Jahres vorliegen.

LIBRO hat durch die schon umgesetzten Maßnahmen und den baubehördlichen Maßnahmenverhandlungen bereits wenige Monate nach Inkrafttreten des Behindertengleichstellungsgesetzes wesentliche Schritte gesetzt, um in allen LIBRO-Filialen, sofern möglich, barrierefrei einkaufen zu können.

Bewertung durch DSA Gerhard Walter

Zusätzlich zu meinen Forderungen stellte LIBRO sicher, dass während der gesamten Öffnungszeit mindestens zwei MitarbeiterInnen tätig sind, damit sie im Bedarfsfall Menschen mit Hilfebedarf die erforderliche Unterstützung anbieten können.

Ich stelle fest, dass LIBRO mit den gesetzten Maßnahmen meine Erwartungen erfüllte.

Die Schlichtungsgespräche wurden von der Schlichtungsreferentin gut moderiert und fanden in einer angenehmen und lösungsorientierten Atmosphäre statt.

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