Mitarbeiterin bekommt Dokumente in unlesbarer Form

  • SchlichtungswerberIn: Erika Muster
  • Schlichtungspartner: Blindeninstitut
  • Zeitraum: 24. Oktober 2008 bis 17. November 2008
  • Bundesland: Steiermark
  • Gesetzesgrundlage: BEStG
  • Einigung: Ja

Schlichtungsantrag

Seit drei Jahren arbeite ich als Betreuerin in den Trainingswohnungen meines Arbeitsgebers. Seit Beginn dieses Dienstverhältnisses, stolpere ich von einer Barriere über die nächste: Hauptsächlich geht es um wichtige Dokumente wie z.B. meine Gehaltsabrechnung, die Stundenabrechnungen, Betriebsvereinbarungen usw., die wir alle regelmäßig auf Papier in die Abteilung geschickt bekommen.

Auf meine Bitte hin, man möge mir die Gehaltsabrechnungen digital mailen, da ich diese aufgrund meiner Blindheit auf Papier nicht lesen kann, geschah – lange Zeit einfach nichts. 1 1/2 Jahre lang habe ich mich mit diesem Problem immer wieder an meine Abteilungsleiter, die Verwaltung und den damaligen Hofrat – der die Stellvertretung der Leitung inne hatte – gewandt, mit dem Ergebnis, dass mir irgendwann doch zugesichert wurde, ich bekomme meine Gehaltsabrechnung digital.

Der erste Versuch ging völlig daneben, da mir eine Bild-Datei geschickt wurde, welche mein Screenreader nicht übersetzen konnte. Gut, kann passieren, warum sollte man auch in einem Blindeninstitut voraussetzen, dass die Mitarbeiter wissen, welche Formate für Blinde lesbar sind? Habe mich erneut an die Verwaltung gewandt, und wir konnten uns darauf einigen, dass ich meine Gehaltsabrechnungen als PDF-File erhalte – also in einer für mich lesbaren Form. Die darauf folgenden Monate bekam ich mal eine Gehaltsabrechnung, und dann wieder keine, worauf ich immer wieder Erinnerungsmails geschrieben habe. Mittlerweile funktioniert es seit einigen Monaten.

Selbes Spiel mit der monatlichen Stundenabrechnung, die auch automatisch auf Papier in unsere Abteilung kommt, aber sowieso am Computer geschrieben wird, also wäre es doch absolut kein Aufwand, diese auch digital zu versenden. Kommt auch in unregelmäßigen Abständen, und meist erst nach Erinnerung meinerseits, was aber heißt, ich muss erst bei meinen sehenden Kollegen erfragen, ob die Abrechnung in Schwarzschrift schon eingelangt ist.

Das aktuellste Beispiel sind unsere neuen Betriebsvereinbarungen, die erst unlängst unterzeichnet wurden. Diese wurden uns als Bild-Dateien zugemailt, und ich musste wieder darum bitten, sie mir in einer lesbaren Form zuzuschicken. Der zweite Versuch waren die selben Bilder, nur mit anderer Endung – also wieder unlesbar, und nachdem ich wieder erklärt habe, was lesbar ist, wie es sein muss, und dass diese Vereinbarungen ja auch mal jemand geschrieben haben muss, also müsste es eine Textfassung davon geben, blieb unbeantwortet.

Ist es wirklich notwendig, dass ich jedem einzelnen Dokument in diesem Betrieb ewig nachlaufen muss?

Durch dieses andauernde „Bitten-Müssen“ um Leistungen, die mir wie jedem anderen Mitarbeiter zustehen, fühle ich mich in meiner persönlichen Würde herabgesetzt und nicht ernst genommen.

Warum Schlichtung? Jahrelanges Reden und Aufklären hat – wie man sieht – absolut nichts gebracht.

Ich erwarte mir durch die Schlichtung eine wesentliche Verbesserung dieser Zustände.

Schlichtungsvereinbarung

  1. Der Schlichtunspartner, vertr. durch den Geschäftsführer, wird alle EDV-Dokumente, die an sämtliche MitarbeiterInnen ergeht (beispielsweise Lohnabrechnung, Stundenabrechnung, Betriebsvereinbarungen) als Word-Dokumente bzw. als lesbare PDF-Dokumente der Schlichtungswerberin zur Verfügung stellen. Diese Dokumente werden zukünftig ohne Aufforderung zeitgleich mit denen der anderen MitarbeiterInnen übermittelt.
  2. Sollten bereits für die MitarbeiterInnen Dokumente bereffend Personalangelegenheiten existieren, werden diese nachträglich der Schlichtungswerberin in lesbarer Form zugänglich gemacht werden.
  3. Sollte die Schlichtungswerberin den Eindruck haben, dass diese Vorgehensweise nicht eingehalten wird, wird der Geschäftsführer von ihr verlässlich darüber informiert werden.

Bewertung durch Erika Muster

Ich bin mit dem Ergebnis der Schlichtung erstmal zufrieden. In wie weit sich mein Dienstgeber daran hält, bleibt in den nächsten Monaten zu beobachten.

Ich habe auch auf Schadensersatz verzichtet, da sich mein Dienstgeber letztendlich auch bereit erklärt hat, meinem Antrag nachzukommen.

Trotz allem finde ich es erschreckend, dass wegen dieser „Kleinigkeit“ überhaupt eine Schlichtung notwendig war. Alleine hätte ich in diesem Fall nie eine Chance auf Gleichstellung bekommen, da meine Anliegen – wie im Schlichtungsantrag beschrieben – einfach nicht ernst genommen wurden. Wie man sieht, wirkt es Wunder, sich an eine öffentliche Stelle zu wenden. Im Grunde wurden im Schlichtungsverfahren genau die Dinge angesprochen, die ich die letzten Jahre immer wieder eingebracht habe, und dennoch kamen wir zu einem Ergebnis und meine Anliegen stießen plötzlich auf Verständnis.

Kaum zwei Wochen, nachdem der Vergleich geschlossen wurde, bekam ich eine Mitarbeiterinformation als – für mich – unlesbares Bilddokument. Nach einer Erinnerungsmail meinerseits ans Sekretariat mit Kopie an den Geschäftsführer bekam ich einerseits vom Geschäftsführer ein lesbares, und aus dem Sekretariat erneut ein unlesbares Dokument.

Ich hoffe, dass sich zukünftige Anträge auf Gleichstellung im Betrieb ohne Schlichtungsstelle regeln lassen.

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