Mitnahmeverweigerung und Verweigerung des Hublifts

  • SchlichtungswerberIn: Christiane Link
  • Unterstützt von: Martin Ladstätter
  • Schlichtungspartner: Wiener Lokalbahnen AG
  • Zeitraum: 5. August 2015 bis 1. Oktober 2015
  • Bundesland: Wien
  • Gesetzesgrundlage: BGStG
  • Einigung: Ja

Schlichtungsantrag

Ich bin Rollstuhlfahrerin und habe am 29. sowie 30. Juli 2015 dreimal die Wiener Lokalbahn benutzt bzw. dies versucht. Ich bin Rollstuhlfahrerin und nutze permanent einen manuellen Rollstuhl. Bereits bei der ersten Fahrt am 29. Juli gegen 18 Uhr ab Oper, sagte mir der Fahrer, er würde den in den Bahnen installierten Hublift für mich nicht nutzen, sondern hob mich samt Rollstuhl in die Bahn. Die Höhendifferenz zwischen Bahnsteig und Bahn an der Station Oper ist sehr groß, weit größer als beispielsweise der Einstieg in eine alte Bahn der Wiener U-Bahn. Es war daher nicht verwunderlich, dass der Fahrer größte Mühe hatte, mich in den Zug zu bekommen. Dabei belastete er die Vorderradgabeln meines Rollstuhl so stark, dass ich Angst hatte, sie würden irgendwann brechen. Für mich persönlich war die Situation ebenfalls sehr unangenehm, denn ich befand mich fast in liegender Position, weil er den Rollstuhl so stark ankippen musste. Bei der Rückfahrt gegen 20.30 Uhr ignorierte mich der Fahrer erst und weigerte sich dann, wie schon sein Kollege zuvor, den Lift zu benutzen. Am Bahnhof Meidling ist die Stufe ähnlich hoch wie bei der Station Oper und es war mit einem enormen Kraftaufwand verbunden, mich so aus der Bahn zu bekommen. Als ich später zu Hause ankam, bemerkte ich, dass der Fahrer meinen Griff abgerissen hatte. Das ist auch kaum verwunderlich, denn Rollstuhlschiebegriffe haben einen Schaumgummibezug, der Kräfte wie diese hohe Stufe kaum aushält. Auf meine Frage hin, warum er denn den Hublift nicht nutzt, sagte er mir, er dürfe diesen nur für E-Rollstühle einsetzen. Heute versuchte ich abermals von Meidling zum SCS zu kommen. Als die Bahn um 17.48 Uhr am Schedifkaplatz eintraf, ignorierte mich der Fahrer des Wagens 120 völlig. Ich schaffte es aber dennoch mit ihm zu reden. Er sagte mir, der Hublift sei nur für E-Rollstuhlfahrer und ich dürfe als Nutzerin eines manuellen Rollstuhls alleine sowieso nicht mit der Wiener Lokalbahn fahren. Dann schloss er sein Fenster und fuhr ohne mich ab. 15 Minuten später versuchte ich den nächsten Fahrer davon zu überzeugen, mir mittels Hublift in die Bahn zu helfen. Er diskutierte ebenfalls mit mir und sagte dann zu Passagieren in der Bahn, sie sollten mich reinheben. Das war gar kein einfaches Unterfangen, denn die Passagiere waren alle älter und selber nicht gut zu Fuß. Auf meine Frage hin, warum er mir sowas zumute, entgegnete er, wie schon seine Kollegen, der Hublift sei nur für E-Rollstuhlfahrer und ich solle ja nicht auf die Idee kommen, mit der WLB wieder zurückzufahren ohne jemanden zu haben, der mich in die Bahn hebt. Ich fuhr dann später mit dem Bus 207 nach Siebenhirten, statt bequem den Regionalzug ab Meidling zu nehmen, was meine Fahrt zum einen um 90 Minuten verlängerte und mich zum anderen auch noch mehr kostete. Mit der WLB hätte ich mit meiner IKEA Family Card und der Jahreskarte der Wiener Linien kostenlos fahren können. Meines Erachtens verstoßen die WLB mit ihrem diskriminierenden Verhalten gegenüber Nutzerinnen und Nutzern manueller Rollstühle gegen das Behindertengleichstellungsgesetz. Zudem liegt ein Verstoß gegen EU-Verordnung Nr. 1371/2007 vor. Mir aufgrund meiner Behinderung die Mitfahrt zu verweigern, ist ein Verstoß gegen österreichische sowie europäische Gesetzgebung. Mir ist finanzieller Schaden entstanden. Außerdem wurde meine Würde verletzt und die Mitarbeiter der WLB haben mich unnötig in Gefahr gebracht und meinen Rollstuhl beschädigt statt den vorhandenen Hublift zu nutzen.

Schlichtungsvereinbarung

Die internen Anweisungen hinsichtlich der Beförderung von Rollstuhlfahrern (RF) wurden ergänzt: Künftighin müssen auch mechanische Rollstühle uneingeschränkt befördert werden, wie bisher auch, es dürfte sich bei der Verweigerung des Transportes um eine missverständliche Auffassung des Personals dazu gehandelt haben.

Die Transportrichtlinien wurden klargestellt und das Personal in dieser Hinsicht abgemahnt, und es wird dieses Thema auch bei den heurigen Jahresschulungen angesprochen werden. Die Schadenersatz-Problematik wurde vorerst ausgeklammert und die Schlichtungswerberin wird diesbezüglich ein Anspruchsschreiben an das Unternehmen richten. Die Schlichtung bleibt bis zur Klärung dieser Fragen offen. Nach Eingang des Schreibens hat der Schlichtungspartner drei Wochen Zeit, eine entsprechende Entscheidung zu treffen.

Nachtrag: Seitens der Wiener Lokalbahnen wurden der Schlichtungswerberin die Kosten der Tickets ersetzt sowie 1.000 € Schadenersatz bezahlt.

Bewertung durch Christiane Link

Das Schlichtungsverfahren verlief sehr konstruktiv. Die Wiener Lokalbahnen hatten nach den Vorfällen alle involvierten Fahrer zu einem Mitarbeitergespräch geladen und diese hatten meine Darstellungen bestätigt. Man hatte im Vorfeld der Schlichtung die Arbeitsanweisung an die Mitarbeiter in Bezug auf rollstuhlfahrende Kunden präzisiert. Man sagte zu, alle Mitarbeiter in der Bedienung des Lifts noch dieses Jahr zu schulen. Außerdem war man bereit, das Informationsangebot für behinderte Kunden zu verbessern. Hierzu hat bereits ein Treffen mit der Abteilung Kommunikation der Wiener Lokalbahnen stattgefunden. Auch die Zahlung des Schadenersatz in Höhe von 1.000,- Euro erfolgte umgehend, nachdem noch einmal schriftlich dargelegt wurde, warum mir der im Gesetz festgelegte Schadenersatz zusteht. Ich glaube, dass es wichtig ist, dass Unternehmen nicht nur Verbesserungen ihres Services versprechen und vornehmen, wenn es zu einer Diskriminierung kommt. Die Schadenersatzzahlung ist ein wichtiges Signal ist zu zeigen, dass Diskriminierungen dieser Art kein Kavaliersdelikt mehr sind sondern teuer werden können.

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