- SchlichtungswerberIn: Nikolaus Riemer
- Unterstützt von: Martin Ladstätter
- Schlichtungspartner: Österreichischer Rundfunk
- Zeitraum: 4. Juli 2006 bis 11. Dezember 2006
- Bundesland: Niederösterreich
- Gesetzesgrundlage: BGStG
- Einigung: Ja
Schlichtungsantrag
Als gehörloser Nutzer des ORF steht mir nur ein Bruchteil der gesendeten Sendungen zur Verfügung, da rund 80 % der Sendungen nicht untertitelt sind. Für mich ist der ORF eine wesentliche Quelle meiner Informationsbeschaffung. Er unterlässt es sichtlich, die Untertiteltungsquote zu steigern und so in absehbarer Zeit sein gesamtes Programm zu untertiteln. Durch diese Handlungsweise und Unterlassung fühle ich mich diskriminiert.
Gemäß im § 3 ORF-Gesetz hat der ORF folgenden Versorgungsauftrag: „Der Österreichische Rundfunk hat nach Maßgabe der technischen Entwicklung und der wirtschaftlichen Tragbarkeit dafür zu sorgen, dass in Bezug auf Programmqualität und Empfangsqualität alle zum Betrieb eines Rundfunkempfangsgerätes (Hörfunk und Fernsehen) berechtigten Bewohner des Bundesgebietes gleichmäßig und ständig mit jeweils einem bundeslandweit und zwei österreichweit empfangbaren Programmen des Hörfunks und zwei österreichweit empfangbaren Programmen des Fernsehens versorgt werden.“
Es ist einzusehen, dass nicht sofort alle Sendungen untertitelt werden sollen. Seitens des Schlichtungspartners liegt aber nicht ein Mal ein verbindlicher Plan vor, wann das gesamte Programm zugänglich sein soll. Laut mir vorliegenden Informationen stagniert das Untertitelungsangebot sogar. Siehe folgender Artikel.
Ich fühle mich daher diskriminiert und sehe den Programmauftrag (§ 4 ORF-Gesetz) sowie die „besonderen Aufträge“ (§ 5 ORF-Gesetz) vom ORF verletzt.
Schlichtungsvereinbarung
Bei der Schlichtung vom 24.8.2006 wird vereinbart:
Bis 31.10.2006 werden seitens des ORF zwei Fragen geklärt:
- Ist die Erstellung eines verbindlichen Planes, welcher beinhaltet, bis zu welchem Zeitpunkt 50 % der Sendungen untertitelt werden und bis zu welchem Zeitpunkt 100 % der Sendungen untertitelt werden, möglich.
- In welcher Form ist die Erstellung dieses Planes möglich. Ist dazu ein Mediationsverfahren seitens des ORF erwünscht (Seitens Herrn Riemer ist ein Mediationsverfahren erwünscht).
In einer weiteren Vereinbarung vom 11. Dezember 2006 wird festgehalten:
Der ORF wird bis zum 30. Juni 2007 einen verbindlichen Plan folgenden Inhaltes vorlegen:
- Bekenntnis zur Absicht der 100%igen Untertitelung des kompletten Programmes
- Bekanntgabe eines verbindlichen Termins bis wann und in welchen Schritten 50% des kompletten Programmes untertitelt sind.
- Vorlage einer Erläuterung, in welcher Form der Schlichtungspartner die Untertitelung von 100% des kompletten Programmes bewerkstelligen will.
- Bei fristgerechter Vorlage dieses Planes ist eine Einigung erzielt und das Schlichtungsverfahren gilt positiv beendet.
Anmerkungen/Bewertung
Der ORF hat zuerst in einer mehrseitigen schriftlichen Stellungnahme vom 22. August 2006 in Frage gestellt, ob das Schlichtungsbegehren “überhaupt einen Fall der mittelbaren Diskriminierung” darstellt, da “der ORF derzeit im Rahmen seiner technischen und wirtschaftlichen Möglichen alle Anstrengungen unternimmt, gehörlosen und stark schwerhörigen Menschen das Verfolgen der Sendungen zu ermöglichen.”
Um dem Argument Nachdruck zu verleihen, hält er fest: “Die Grenze des technisch Machbaren ist allerdings derzeit erreicht. Ein höheres Maß an Untertitelung ist derzeit ‘wegen unverhältnismäßiger Belastung’ im Sinne des § 6 Abs. 1 BGStG unzumutbar, zumal unmöglich. Alle zumutbaren Maßnahmen, die eine maßgebliche Verbesserung der Situation für hörbehinderte Menschen bewirken können, wurden jedoch bereits ergriffen.”
Der ORF gibt gemäß erster Vereinbarung (24.8.2006) am 31. Oktober bekannt: “1. Dem ORF ist die die Erstellung eines Stufenplanes zur Erweiterung des Untertitel-Angebotes möglich. Eine 100 %ig Untertitelung setzt allerdings eine weiterentwickelte und für die deutsche Sprache adaptierte Technologie voraus. 2. Zur Erstellung des Planes ist seitens des ORF kein Mediationsverfahren gewünscht.”
Am 25. Juni 2007 gibt der ORF gemäß Vereinbarung (11. Dezember 2007) bekannt, dass “das endgültige Erreichen der 50 % selbstverständlich nicht in einem Schritt erfolgen wird, sondern in unzähligen Einzelschritten. Aufgrund dieser Tatsache hat der ORF auch davon Abstand genommen, diese unzähligen Einzelschritte darzulegen (zumal diese aufgrund der technologischen Entwicklung derzeit nicht exakt prognostizierbar sind).
Der ORF hält auch fest:
- “Der ORF bekennt sich zur Absicht, das komplette ORF-Programm zukünftig nach technischer und wirtschaftliche Maßgabe zu 100 % zu untertiteln.
- Wir verpflichten uns, 50 % unserer Programme spätestens bis 31. Dezember 2016 (Ende der nächstfolgenden Geschäftsführungsperiode) zu untertiteln. Dessen ungeachtet wird sich der ORF bemühen, die Marke von 50 % schon früher zu erreichen, geht aber diesbezüglich keine Verpflichtung ein. Der Zeitpunkt hängt insbesondere davon ab, ob und wann die Technologieführer in diesem Bereich eine einwandfreie technische Möglichkeit der automatisierten Untertitelung insbesondere von Live-Strecken gewährleisten können. Der ORF wird vorerst beginnen, verstärkt Filme und Serien zu untertiteln. In weiteren, von der technologischen Entwicklung abhängigen Schritten wird dann das Angebot an untertitelten Live-Sendungen (Sport, Reportagen, Sondersendungen etc.) erweitert
- In Bezugnahme auf Punkt 3 soll die Untertitelung von Live-Strecken qualitativ und quantitativ eine deutliche Verbesserung der jetzigen Situation bringen. Denn ein Großteil der Sendungen, für die jetzt noch (allerdings in dieser Güte immer weniger) verfügbare Schnellschreiber eingesetzt werden müssen, wird dann mit Hilfe eines gut funktionierenden automatisierten Spracherkennungssystems – das es allerdings für die deutsche Sprache in der Form noch nicht gibt – effektiver untertitelt werden können.”
Bewertung durch Nikolaus Riemer
Ob ich zufrieden bin? Ich bin einfacher Bürger. Wir leben in einem demokratischen Land. Da ist es anscheinend gang und gäbe, dass alles zermürbend lange Dauer hat. Mir ist das Umsetzungsziel des ORF zu lange.