Versicherungsschutz verweigert

  • SchlichtungswerberIn: Andreas Dendl
  • Unterstützt von: Martin Ladstätter
  • Schlichtungspartner: OAFA Ärzteflugambulanz GmbH
  • Zeitraum: 16. Juli 2007 bis 27. November 2007
  • Bundesland: Wien
  • Gesetzesgrundlage: BGStG
  • Einigung: Nein
  • Klage: Ja

Schlichtungsantrag

Ich bin körperbehindert (spastische Tetraparese) und habe seit 1994 den Versicherungsschutz der Ärzteflugambulanz in Anspruch genommen.

Obwohl ich viel auf Reisen bin, sind bei mir nie irgendwelche gesundheitlichen Probleme aufgetreten, und ich denke, dass das Risiko den Dienst der Ärzteflugambulanz in Anspruch nehmen zu müssen, bei mir nicht größer ist als bei anderen versicherten Personen. Ich war viele Jahre mit dem Unternehmen zufrieden doch in letzter Zeit sehe ich mich durch das Verhalten dieser Organisation diskriminiert.

Es begann damit, dass zuerst laufend Atteste verlangt wurden, obwohl meine Behinderung unverändert ist, und dann der Versicherungsschutz auf den Gültigkeitsbereich Europa eingeschränkt werden sollte. In Folge wurde mir am 26. Juni 2007 schriftlich mitgeteilt, dass „keine Versicherungsmöglichkeit besteht“. Begründet wurde dies mit einem Punkt „Gesundheit“ der Geschäftsbedingungen.

Dieser Versicherungsausschluss ist eine nicht sachlich rechtfertigbare Diskriminierung aufgrund meiner Behinderung. Meine Eltern fühlen sich durch diese Vorgangsweise ebenfalls diskriminiert.

Wir planen die nächste Reise nach Amerika von 8. September 2007 bis 7. Oktober 2007 und sind daher gezwungen eine andere Versicherung abzuschließen, was Mehrkosten verursacht. Ich erwarte mir als gleichberechtigter Kunde behandelt zu werden. Des Weiteren erwarte ich mir ein Entschuldigungsschreiben, sowie materiellen und immateriellen Schadenersatz.

Kündigungsschreiben sowie Bedingungen der OAFA
BIZEPS

Anmerkungen/Bewertung

Diese Schlichtung hängt zusammen mit der Schlichtung OAFA und einer weiteren OAFA Schlichtung.

Bewertung durch Andreas Dendl

Die Schlichtung war für mich insofern wichtig, weil ich die diskriminierende Behandlung der OAFA nach 14 Versicherungsjahren, in denen sie nie eine Leistung erbringen musste, nicht auf mir sitzen lassen wollte, und weil ich verhindern will, dass andere behinderte Menschen eines Tages vor dem gleichen Problem stehen und keine Reiseversicherung bekommen.

Solche willkürlichen Entscheidungen, die keine Grundlage haben, müssen unterbunden werden. Mit dem Ergebnis der Schlichtung war ich nicht zufrieden, denn es kann nicht sein, dass die Gegenseite ganz einfach nur sagen muss, ich „betrachte die Schlichtung als gescheitert“ und die Schlichtung ist gescheitert. Hier müsste man einen anderen Passus finden, denn ich glaube, dass viele behinderte Menschen nach einer gescheiterten Schlichtung die Flinte ins Korn werfen und aufgeben.

Ich bin sicher, die OAFA hat ihre Strategie dahingehend aufgebaut, dass ich nicht weiter mache.

Ich hätte aber aus Kostengründen, obwohl ich es nicht wollte, aufgeben müssen, wenn sich nicht der Klagsverband bereit erklärt hätte, die Kosten zu übernehmen, falls ich den Prozess verliere.

Artikel auf BIZEPS-INFO:

Versicherungsschutz verweigert

Klage

  • Zeitraum: 26.02.2008 bis 16.10.2008
  • Unterstützt von: Martin Ladstätter
  • Ziel: Schadensersatz in der Höhe von 1500 Euro

Urteil

Anerkenntnisurteil: „Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei € 1500.- samt 4 % Zinsen seit 26.2.2008 sowie die mit € 1.205,82.- bestimmten Prozeßkosten (darin € 185,14.- Ust und € 95.- Barauslagen) binnen 14 Tagen zu bezahlen.“

Begründung: „In der mündlichen Streitverhandlung vom 16.10.2008 schränkte der Klagevertreter um das Festellungsbegehren ein. Die beklagte Partei anerkannte das Zahlungsbegehren. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 41 ZPO“

Im Verhandlungsprotokoll steht weiters: „Nach ausführlicher Erörterung der Sach- und Rechtslage anerkennt die bekl.P. aus ökonomischen Überlegungen das restliche Urteilsbegehren.“

Bewertung durch Andreas Dendl

Die Klage bewerte ich positiv, wenn mir persönlich auch ein Urteil in welchem die Diskriminierung ausdrücklich festgestellt wurde, lieber gewesen wäre. Aber ich glaube es ist wohl jedem klar, warum das Klagebegehren anerkannt wurde. Und wie man sieht zeigen doch schon Leute an diesem Fall und an dem Urteil Interesse.

Ich hoffe, dass die Ärzteflugambulanz für die Zukunft daraus gelernt hat.

Siehe auch: Urteil: Schadenersatz wegen Weigerung, einen Rollstuhlfahrer zu versichern

Juristische Bewertung

Rechtsanwalt Mag. Thomas Majoros: Meinem Mandanten wurde, obwohl er jahrelang bei der beklagten Partei wiederholt Reiseversicherungen abgeschlossen hatte, nunmehr eine solche verweigert. Die näheren Umstände, wie dies kommuniziert wurde, legten für uns den Schluss nahe, dass dies wegen der körperlichen Behinderung meines Mandanten erfolgte.

In der zweiten Verhandlung meinte das beklagte Versicherungsunternehmen (für uns völlig überraschend), dass es sich hier um ein „Missverständnis“ gehandelt habe und man von meinem Mandanten – wie von allen anderen Versicherungsnehmern auch – lediglich ein kurzes ärztliches Attest benötigt hätte, dann hätte man ihn selbstverständlich versichert. Sowohl die dem Gericht vorgelegte Korrespondenz als auch die damals anwendbaren und die (offenbar anlässlich dieses Rechtsstreits) ab 1.6.2008 geänderten Versicherungsbedingungen sprechen aus meiner Sicht gegen diese Annahme.

Der von uns geltend gemachte ideelle Schadenersatz in Höhe von € 1.500,00 wurde von der beklagten Partei (aus „ökonomischen Gründen“, wie man betonte) anerkannt und vom Gericht zugesprochen. Die Frage der Diskriminierung musste (und konnte) vor Gericht somit nicht mehr geprüft werden.

Sollte es sich hier tatsächlich um ein „Missverständnis“ gehandelt haben, so ist zu hoffen, dass dieser Rechtsstreit dazu beigetragen hat, solche in Zukunft zu vermeiden und Behinderten einen diskriminierungsfreien Zugang zu derartigen Leistungen zu ermöglichen.

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