Schluss mit Entmündigungs- und Behindertendiskriminierungsplänen in der Pflegevorsorge!

"Zwingende Sachleistungen und Dienstleistungsschecks sind eine Totaländerung des Pflegegeldsystems und würden die Ermöglichung eines selbstbestimmten, bedürfnisorientierten Lebens behinderter Menschen ad absurdum führen."

Logo Blickkontakt
Blickkontakt

„Der Verein Blickkontakt, die Interessensgemeinschaft sehender, sehbehinderter und blinder Menschen, spricht sich entschieden gegen die jüngst von SPÖ und ÖVP mehrfach geäußerten Änderungsabsichten in der Pflegevorsorge, nämlich das Pflegegeld künftig in zwingende Sachleistungen und Dienstleistungsschecks umwandeln zu wollen, aus“, erklärt die Vorsitzende des Vereines Blickkontakt, Dr. Elisabeth Wundsam-Hartig.

„Zwingende Sachleistungen und Dienstleistungsschecks sind eine Totaländerung des Pflegegeldsystems und würden die Ermöglichung eines selbstbestimmten, bedürfnisorientierten Lebens behinderter Menschen ad absurdum führen; es ist absolut inakzeptabel, den sozialpolitischen Meilenstein und Grundsatz des Pflegegeldsystems, die Ermöglichung eines selbstbestimmten und bedürfnisorientierten Lebens behinderter Menschen, einfach über Bord zu werfen und der Schaffung von Arbeitsplätzen im Bereich sozialer Dienste zu opfern. Das wäre ein durch nichts zu rechtfertigender Rückschritt in der österreichischen Behindertenpolitik, der mit dem Bekenntnis der Republik zur Behindertengleichstellung in allen Bereichen des täglichen Lebens und dem Benachteiligungsverbot für behinderte Menschen in der österreichischen Bundesverfassung nicht vereinbar ist.“, so Dr. Wundsam-Hartig.

Für blinde und sehbehinderte Menschen kommt da insbesondere noch erschwerend dazu, dass professionelle Dienstleister ein für sie brauchbares Dienstleistungsangebot gar nicht anbieten und, wenn es ein entsprechendes Angebot auch gäbe, eine Inanspruchnahme solcher professioneller Dienstleistungen viel zu teuer käme.

„Der Zwang, bestimmte soziale Dienste – wie etwa Essen auf Rädern, Heimhilfe … – in Anspruch nehmen zu müssen geht eindeutig an den konkreten Bedürfnissen sehbehinderter und blinder Menschen vorbei. Wir benötigen Begleitpersonen für Einkäufe, Amtswege, Arztbesuche, brauchen Hilfspersonen für Haushaltstätigkeiten, das Sortieren der Kleidung und benötigen Vorlesekräfte für die Post und dergleichen, kurz persönliche Assistenz. Für all das ersuchen wir primär Familienangehörige oder Freiwillige und können uns mit dem Pflegegeld dafür auch erkenntlich zeigen. Wir schätzen es, selbst entscheiden zu können, von wem wir Hilfe und in welcher Form annehmen. Das ist ein wesentlicher Teil der Lebensqualität“, betont Dr. Wundsam-Hartig.

„Außerdem muss auch darauf hingewiesen werden, dass das Pflegegeld sowieso nur eine finanzielle Teilabgeltung unseres konkreten Gesamtpflegebedarfes ist und wir daher scharf kalkulieren müssen, welche Hilfsleistungen wir uns überhaupt leisten können; behinderte Menschen zählen ja bekanntlich nicht zu den Spitzenverdienern dieses Landes. Es fragt sich wirklich, wie die Differenz von € 2,5 des durchschnittlichen Pflegegeldstundensatzes zum Stundensatz professioneller Dienstleister bedeckt werden soll; durch ein bedarfsgerechtes Pflegegeld etwa? Viel Spass bei der Erreichung der Konvergenzkriterien! Weit billiger als diese vorgeschlagene Systemänderung käme eine adäquate Valorisierung des Pflegegeldes und damit würde ja wohl auch die Kaufkraft und somit die Wirtschaft belebt, oder?“, meint Dr. Wundsam-Hartig.

Es scheint jedoch so zu sein, dass diejenigen, die jetzt so fundamentale Änderungspläne kundtun, sich mit den konkreten Lebensrealitäten behinderter Menschen kaum oder gar nicht auseinandergesetzt haben und daher auch nicht wirklich nachvollziehen können, welch eine Minderung der Lebensqualität und welch einen Angriff auf die Menschenrechte und die Menschenwürde eine derartige Systemänderung bedeuten würde.

„Für sehbehinderte und blinde Menschen könnte das im schlimmsten Fall auch das AUS für leistbare Hilfen im Privatbereich sein“, meint Dr. Wundsam-Hartig abschließend.

Der Verein Blickkontakt schließt sich daher den klaren und massiven Protesten der Behindertenbewegung in Österreich an und fordert ein Abgehen von derartigen Systemänderungsabsichten, die eine Entmündigung und Diskriminierung behinderter Menschen darstellen würden!

Hier beginnt der Werbebereich Hier endet der Werbebereich
Hier beginnt der Werbebereich Hier endet der Werbebereich