Zur Brandkatastrophe in Baden Württemberg
Nach Schock und Trauer angesichts des verheerenden Brandes in der Caritas-Werkstätte Titisee-Neustadt (Deutschland) am Montag dieser Woche stellt sich die Frage: Was kann man daraus lernen?
„Wir haben hohe Sicherheitsstandards, die Bausubstanz ist solide, wir haben das Gebäude umfangreich saniert.“ Der vollautomatische Rauchalarm sei ausgelöst worden, sagt der Betreiber und die Bilder vom modernen Gebäude scheinen ihm Recht zu geben. Die technische Seite des Brandschutzes war – glaubhaft – vorschriftsmäßig abgearbeitet.
Faktor Mensch gehört zum Konzept
Einen möglichen Trugschluss kann man in der ersten Reaktion von Kreisbrandmeister Alexander Widmaier erkennen: „Wir haben hier mit Menschen zu tun, die naturgemäß nicht rational reagieren“, sagte er und legte damit nahe, dass Menschen mit Lernschwierigkeiten grundsätzlich nicht lernfähig seien. Folgt man ihm, dann sind die schrecklichen Folgen des Brandes letztlich die folgerichtige Konsequenz eines leider unabänderlichen Faktums.
Schlimm daran, dass hier ein althergebrachtes Vorurteil von der Lernunfähigkeit von Menschen mit sogenannter „geistiger Behinderung“ nicht nur fortgeschrieben wird, sondern infolgedessen in vielen Einrichtungen die Möglichkeiten des organisatorischen Brandschutzes nicht ansatzweise ausgeschöpft werden.
Training macht den Unterschied
Ja, Menschen mit Behinderung reagieren im Brandfall panisch – aber längst nicht nur diese. Nein, dieses Faktum bedeutet hier wie dort nicht das Ende aller Bemühungen!
Ja, vielmehr: Richtiges Verhalten im Alarm- oder Brandfall kann generell und hier mit speziell für die Zielgruppe geeigneten Lernhilfen trainiert und geübt werden. Hier gibt es enorm viel Verbesserungspotential, das erst in jüngster Zeit erkannt und noch viel zu wenig umgesetzt wird.
Niemand will und kann behaupten, dass oder gar bewerten, welche Folgen im konkreten Fall hätten verhindert werden können. Vor dem Hintergrund der Frage: Haben wir wirklich alles Menschenmögliche getan?, der sich Verantwortliche nach derartigen Katastrophen zu stellen haben, sollte man aber jedenfalls mit dem Vorurteil der Lernunfähigkeit von Menschen mit „geistiger“ Behinderung doch vorsichtiger umgehen.