"Frauen mit Behinderungen und Beeinträchtigungen am Salzburger Arbeitsmarkt" Eine qualitative Studie der Sozialwissenschafterinnen Dr.in. Birgit Buchinger und Mag.a. Ulrike Gschwandtner (beide Solution Sozialforschung & Entwicklung).
Gefragt sein als Expertinnen, reden können ohne Zeitdruck und ohne Bewertungen, war allein schon emanzipatorisches Ereignis für die 36 Interviewpartnerinnen mit Behinderungen und Beeinträchtigungen. Viele haben das erste Mal ihre Lebensgeschichte zusammenhängend erzählt.
Transparenz
Eine große Leistung dieser Studie liegt für mich in der Transparenz, mit der die beiden Autorinnen ihre Begegnung mit den Frauen und die dadurch veränderte Wahrnehmung von „Behinderung“ beschreiben. Im Kapitel „Die Forscherinnen und das Feld“ erzählen sie von ihren eigenen Unsicherheiten, Ängsten und Abwehrmechanismen, ja ihrem eigenen Schrecken und die sich daraus ergebenden Notwendigkeit einer psychoanalytischen Supervision.
An dieser Stelle wird deutlich, dass die vorliegende Studie nicht aus der üblichen wissenschaftlichen Distanz über Frauen mit Behinderung geschrieben ist. Das beherzte sich Hineingeben in die Kommunikation mit den Frauen mit Behinderungen, in Kombination mit der wissenschaftlichen Expertise der Autorinnen, setzt einen neuen Maßstab für die Forschung mit behinderten Menschen.
Die Studie zeigt klar:
So unterschiedlich die Biographien, die Beeinträchtigungen und Begabungen der einzelnen Frauen sind – so ähnlich sind die strukturellen Hindernisse für Frauen mit Behinderungen ein zufriedenes, finanziell gesichertes Leben zu führen: Bildungsbarrieren, Informationsbarrieren, Mangel an (Erwerbs-)Arbeitsmöglichkeiten, fehlende finanzielle Absicherung, Isolation und Gewalterfahrungen.
Geahnt haben wir es ja schon lange, wir Frauen mit Behinderung, dass es nicht an uns liegt, wie schwer wir Aus- und Einkommen finden. Dies aber nun schwarz auf weiß in einer wissenschaftlich aufbereiteten Form zu lesen, könnte entmutigen – die Ergebnisse sind teilweise alarmierend. Davor bewahrt ein ausführlicher Maßnahmenkatalog mit ausgewiesenen Zuständigkeiten. Geplant und durchgeführt sollen sie von Expertinnen mit Behinderung werden – sozial abgesichert und ordentlich bezahlt.
Erkenntnisse der Studie
Die Erkenntnisse der Studie könnten auch mutiger machen – mutiger, Versagen nicht bei sich selbst zu suchen und sich dafür zu schämen, mutiger, aus der Isolation heraus zu kommen und solidarisch mit anderen an der Behebung von strukturellen Missständen zu arbeiten. Und ja – natürlich auch solidarisch mit den Männern mit Behinderung. Sich endlich der geschlechterspezifischen Dimension von Behinderung bewusst zu werden, nützt jedenfalls allen – Männern wie Frauen.
Die Studie gibt es kostenlos bei TEP (Territorialer Beschäftigungspakt Salzburg) Tel. 0662 80423539 oder zum Downloaden.