Ordner mit rechtlichen Unterlagen im Regal

Schröder: „Habe auf gewisse Probleme hingewiesen“

Seit einigen Tagen wird in den Medien diskutiert, ob die blinde Innsbruckerin, Barbara Tschann, Richterin werden kann. Es wurden Bedenken kundgetan; beispielsweise von Dr. Klaus Schröder, Richter des Landesgerichtes Innsbruck.

Eigentlich sollte die Angelegenheit seit einer Gesetzesänderung im Vorjahr kein Thema mehr sein. Das im Jahr 2006 in Kraft getretene Bundes-Behindertengleichstellungs-Begleitgesetz ist in diesem Punkt eindeutig.

Trotzdem wird darüber laut nachgedacht, ob blinde Menschen Richter werden können. Dies ist in Deutschland gängige Praxis, bei uns aber anscheinend noch immer eine Frage des Standpunktes.

BIZEPS-INFO bat deswegen Dr. Klaus Schröder, Richter des Landesgerichtes Innsbruck und Vorsitzender der Bundessektion Richter und Staatsanwälte in der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst – GÖD, zum Interview. Er war in KRONE und ÖSTERREICH mit kritischen Wortmeldungen zum Thema zitiert worden.

Auch im BIZEPS-INFO Interview werden von ihm massive Bedenken geäußert und der Interviewer konnte sich des Eindruckes nicht erwehren, dass hier auch Vorurteile eine Rolle spielen könnten.

„Gewisse Bedenken“

Ja, es stimmt, dass er „gewisse Bedenken geäußert habe“, doch – und darauf legt er wert – „es ist aber nicht so, wie es teilweise dargestellt wird“, hält er im Interview am 18. Mai 2007 fest.

Er habe „auf gewisse Probleme hingewiesen“ beispielsweise, dass die blinde Innsbruckerin „keine umfassende Tätigkeit“ als Richterin ausüben könnte. Sie habe zwar gegenüber den Medien mitgeteilt, dass sie Familienrichterin werden wolle, doch „man wird nicht zur Familienrichterin ernannt, sondern zum Richter“, so der Richter des Landesgerichtes Innsbruck; und das sei ein Unterschied.

„Man muss natürlich aufpassen“

Mehrfach erwähnt er, dass er „nicht grundsätzlich“ Bedenken habe. „Aber man muss natürlich auch aufpassen. Auch ein blinder Mensch hat alle Qualitätskriterien zu erfüllen. Es kann nichts geschenkt werden“, erläutert er im BIZEPS-INFO Gespräch.

Auf die Frage, warum er das so dezidiert erwähnt und ob es nicht bei allen Bewerberinnen und Bewerbern auf die Qualität ankomme meint er, das stimme schon. Er wolle damit in keinster Weise auf mangelnde Qualität der Bewerberin anspielen. „Da habe ich keine Bedenken“, fügt schnell er hinzu.

„Grundsätzlich“

„Grundsätzlich sind die gesetzlichen Möglichkeiten geschaffen“, erwähnt Schörder die gesetzlichen Änderungen und ergänzt: „Man wird die gleich strengen Qualitätskriterien anwenden müssen, wie bei einem Sehenden“.

„Weiters wird man sich überlegen müssen, wie man gewisse Probleme, die ein blinder Mensch hat und die nicht mit technischen Hilfsmittel bewältigt werden können, löst“, hält Schröder im Gespräch abschließend fest.

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0 Kommentare

  • nein, es wird einem nichts geschenkt, wenn man mit einer behinderung studiert. es wird einem sowieso nichts geschenkt, außer manchen „söhnen“ und „töchtern“, aber das gibt es ja heutzutage gar nicht mehr, oder? es ist ganz einfach erschütternd, mit welchen argumenten (leider offenbar auch in der richterschaft!) man daherkommt; natürlich wird sich unsereins hüten, daraus schlüsse über die gesamte richterschaft zu ziehen!

  • Das Symbol der Rechtssprechung schlechthin ist Justitia. Sie wird meist mit verbundenen Augen (zur Objektivität) und mit einer Waage dargestellt. Eigentlich ist Frau Tschann dann ja für diesen Job besser geeignet als Herr Schröder, oder? http://de.wikipedia.org/wiki/Justitia

  • Ich hoffe sehr, dass Frau Barbara Tschann zur Richterin ernannt wird und zwar ohne Abstriche. Und ich hoffe, dass ihr alle Hilfsmittel und Assistenzmöglichkeiten zur Verfügung stehen, mit denen sie optimal arbeiten kann. Indem Herr Dr. Klaus Schröder sagte, dass Frau Tschann nicht umfassend zur Richterin ernannt werden könne, verquickt Herr Dr. Klaus Schröder den Assistenzbereich mit dem Kompetenzbereich in unzulässiger Weise. Beides hat nichts miteinander zu tun. Und ich wünsche es mir sehr, dass Frau Tschann voll umfassend Richterin wird wie alle Bewerber ohne Behinderung auch! Und ich hoffe sehr, dass man nicht damit beginnt, ihr Kompetenzen abzusprechen – das ist ja eine nicht so seltene Strategie in der Gesellschaft, wennn direkte Skepsis gegenüber der Behinderung eines Bewerbers auf Granit gestoßen sind! Ich hoffe, dass immer mehr Menschen mit Behinderungen in alle Berufe und auch in die Führungsebene drängen. Wie man sieht, haben das die Nichtbehinderten dringend nötig!

  • Bei uns gibt es einen Spruch: Behindert ist man nicht, behindert wird man. Das gilt für Blinde erst recht. Wenn man trotz Blindheit „die Befähigung zum Richteramt“ durch beide Staatsexamina nachweist (!!!), kann man auch als Richter arbeiten. Worauf bilden sich die „Sehenden“ etwas ein? Auf ihre Wahrnehmung? Die ist in aller Regel durch standesbedingte Vorurteile deutlich mehr eingeschränkt als durch den Verlust der Sehkraft. Und blinde Menschen haben – darauf kommt es im Familiengericht sicherlich mehr als alles andere an – eine deutlich feinere Wahrnehmung als das, was man den Augen vormachen kann.

  • Diese Vorbehalte und Bedenken hatte schon der ehemalige Justizminister Dr. Michalek, bei der Aufnahme meines, leider mittlerweile verstorbenen, Freundes Peter im VFGH gehabt. Der war zwar nicht blind, aber ein schwerer Tetraplegiker. Er hat sich halt doppelt und dreifach beweisen müssen und am Ende mit Leistung und profunden Fachwissen überzeugt.

    Und daran, man entschuldige meine Wiederholung, kann kein Behindertengleichstellungs- oder Behinderteneinstellungsgesetz was ändern. Ändern kann man das nur selber, weil so manches in der Ellbogengesellschaft der Betonköpfe nicht änderbar ist. Auch durch Gesetze nicht.