Schweiz: Antrag der Regierung

Antrag der Regierung für ein "Behindertengleichstellungsgesetz" jetzt vor dem Schweizer Parlament

Nach Abschluß des Vernehmlassungsverfahrens beantragte der Bundesrat (= Bundesregierung) bei den beiden Kammern des Schweizer Parlamentes, seinen Vorschlag für ein „Behindertengleichstellungsgesetz“ anzunehmen.

Er soll als indirekter Gegenvorschlag dienen für die von den Behindertenorganisationen eingereichte Volksinitiative „Gleiche Rechte für Behinderte“, welche von der Bundesregierung abgelehnt wird.

„Unehrlich“
Trotz der erfreulichen Aussage der Justizministerin Ruth Metzler, es sei „unehrlich, ein Diskriminierungsverbot auszusprechen, ohne den Behinderten die notwendigen Rechtsmittel zur Durchsetzung zuzugestehen“ bleibt der Vorschlag – speziell wenn man den dazugehörigen Kommentar des Gesetzgebers aufmerksam ließt – für die Betroffenen in jeder Beziehung unbefriedigend.

So wird z. B. beantragt, daß

  • die Vorschriften über das behindertengerechte Bauen nur öffentliche Gebäude einer gewissen Größe treffen sollen, die neu gebaut oder umfassend renoviert werden; das geplante Gesetz hat also keine Wirkung auf bestehende Gebäude
  • die öffentlichen Verkehrsmittel (innerhalb einer Übergangsfrist von 20 Jahren!) auch weiterhin so gestaltet werden können, daß Menschen mit Behinderungen zum Ein- und Aussteigen auf die Hilfe des Bahnpersonals angewiesen sind – und das erst noch nur an jenen Stationen, die dannzumal nach dem Willen der Staatsbahnen dazu ausgerüstet sind
  • die Kantone (= Bundesländer) nur „das Recht auf den Bedürfnissen angemessene Bildung“, aber keinerlei Recht auf integrative Schulung, sicherstellen müssen
  • nur die Bundesämter verpflichtet werden sollen, einen gewissen Prozentsatz an Behinderten einzustellen, nicht aber die privaten Arbeitgeber
  • nur von der Bundesregierung selbst ausgewählten Organisationen ein limitiertes Verbandsklagerecht (ohne Beweislastumkehr!) zugestanden wird
  • und gerichtlich nachgewiesene „drastische“ Diskriminierungen mit einer Opfer-„Entschädigung“ von höchstens 5000.- Fr. geahndet werden dürfen.

Entwürdigende Feilscherei
Abgesehen von der großen Empörung beim Anblick dieser entwürdigenden Feilscherei um Bürgerrechte um die es eigentlich in einer Demokratie keine Diskussion geben dürfte, plagt uns vor allem die große Befürchtung, daß dieser Antrag die Reihen der Betroffenen bzw. der Hilfsorganisationen zermürben könnte. Schon gibt es klare Anzeichen, daß einige finanzkräftige Betreuungsorganisationen im Volksinitiative-Komitee zum Rückzug blasen, und verkünden, wir hätten jetzt genug geschenkt bekommen.

Der Antrag des Bundesrates wird voraussichtlich im 2. Quartal 2001 im Parlament beraten. Eine effiziente Lobby der Betroffenen wird dafür sorgen müssen, daß die Gegnerschaft, die sich vor allem um die Blocherpartei SVP und den finanzstarken Arbeitgeberverband schart, diesen schon jetzt minimalen Vorschlag nicht noch weiter zerpflücken wird.

Ein wichtiges Druckmittel, um das zu verhindern bzw. das Gesetz in den parlamentarischen Verhandlungen zu verbessern, bleibt daher unsere Volksinitiative (BIZEPS-INFO berichtete im Mai 1999), die 2003 zur Volksabstimmung gelangen wird!

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