Schweizer Bundesverwaltungsgericht untersagte der SBB das „Ghetto-Abteil“

Die SBB muss ihre neuen Intercityzüge laut Bundesverwaltungsgericht mit einem zusätzlichen Rollstuhlbereich außerhalb des Speisewagens ausstatten, berichtet die Onlineausgabe von Blick.ch.

SBB Doppelstockzug von Bombardier
Bombardier

Im Vorjahr wurde von Schweizer Behindertenorganisationen massiv Kritik an den geplanten neuen Doppelstockzügen des Herstellers Bombardier für die Schweizerische Bundesbahn (SBB) geübt.

„Es ist nicht akzeptabel und empörend, dass sich die SBB erlaubt, neue Doppelstockzüge zu planen, die in allen wichtigen Punkten für Rollstuhlfahrer eine Verschlechterung bringen“, kritisiert Joe Manser, Leiter der „Schweizerischen Fachstelle für behindertengerechtes Bauen“, nach der Besichtigung. Man wolle kein „Ghetto-Abteil“ wurde festgehalten.

Die SBB zeigte sich wenig beeindruckt und wies damals die Vorwürfe rundweg zurück. Auch eine Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht nahm die SBB locker – zu unrecht, wie sich jetzt zeigt.

Bundesverwaltungsgericht entschied

Nun wurde am 15. März 2012 die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts bekannt, die der SBB wirklich teuer kommen wird. (Pressemitteilung A-1130/2011 sowie das Urteil A-1130/2011 vom 5. März 2012)

„In seinem Urteil hält das Bundesverwaltungsgericht fest, dass Rollstuhlfahrer im Vergleich zu anderen Fahrgästen schlechter gestellt würden, wenn sie grundsätzlich im Speisebereich reisen müssten. Dies würde zu Benachteiligungen im Sinne des Behindertengleichstellungsgesetzes führen“, erfährt man.

„Das Gericht argumentiert, dass es einen Anspruch der Behinderten auf eine ‚Reise im allgemeinen Fahrgastbereich‘ gibt“, schreibt beispielsweise die NZZ dazu.

Selbst eine Genehmigung im Jahr 2011 durch das Bundesamt für Verkehr (BAV) konnte die SBB vor dieser Entscheidung nicht retten. Die SBB muss demnach drei zusätzliche Rollstuhl-Stellplätze samt Spezial-WC in einem Nachbarwagen des Speisewaggons einrichten, wurde bekannt und weiters: Die Verpflegungszone im Unterdeck mit zwei Rollstuhlplätzen und einer rollstuhlgängigen Toilette sei beizubehalten.

Doch nicht in allen Punkten bekamen die Behindertenorganisationen recht. Abgewiesen wurde die Forderung nach einem Lift zum Speisewagen im Oberdeck.

SBB überlegt zu berufen

Auch wenn das Urteil der SBB einen nicht unerheblichen Mehrbetrag kostet: Der Nutzen für Rollstuhlfahrer überwiegt – laut Gericht – die Kosten bei weitem.

Die SBB überlegt nun aber, gegen das Urteil zu berufen, doch dies würde eine Verzögerung bedeuten und beinhaltet das Risiko des wiederholten Scheiterns vor Gericht.

„Das Urteil wird den geplanten Einsatz der Züge um bis zu einem Jahr verschieben – egal, ob wir das Urteil weiterziehen oder nicht“, so die SBB-Sprecherin, Lea Meyer, zu „SF Online„.

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