Senioren in Altersheimen leben im rechtsfreien Raum

Volksanwältin Christa Krammer fordert einheitliche Gesetze

In Österreich leben 65.000 ältere Menschen in Heimen. Derzeit gibt es weder ein einheitliches Heimvertragsgesetz noch eine einheitliche Regelung der Pflegekräfteausbildung. Eine von dem Innsbrucker Wissenschaftler Michael Ganner verfasste Studie schätzt, dass österreichweit derzeit rund zehn Prozent dieser Menschen von Einschränkungen ihrer persönlichen Freiheit betroffen sind. Aus diesem Grund forderte heute, Freitag, die VolksanwältinChrista Krammer bei einem Pressegespräch eine einheitliche gesetzliche Regelung.

Volksanwältin Krammer forderte weiters dass Senioren in Heimen die gleichen Rechte zugestanden werden wie allen anderen Bürgern. Es sei derzeit nicht nachvollziehbar, was mit einem älteren Menschen passiert, wenn er ins Heim kommt. Unbedingt notwendig sei eine österreichweit einheitliche gesetzliche Regelung in Form eines Heimvertragsgesetzes, das gewährleistet, dass alle Heimbewohner schriftliche Verträge erhalten, in denen unter anderem Heimentgelte, Einzeltarife und Pauschalen klar festgelegt sind. Auf eine Vergebührung dieser Verträge sei unbedingt zu verzichten, da diese in vielen Fällen den Abschluss verhindere.

Peter Schlaffer vom Verein für Sachwalterschaft und Patientenanwaltschaft unterstützte die Forderungen Krammers: „Im psychiatrischen Bereich und in einigen anderen europäischen Staaten gibt es bereits seit längerer Zeit Rechtsschutzformen, nur die Senioren in Österreich befinden sich im gesetzlichen Niemandsland.“ Krammer kann sich vorstellen, dass man Senioren als Konsumenten einstuft, die eine Dienstleistung in Anspruch nehmen. Dementsprechend biete sich eine Regelung innerhalb des bundesweit gültigen Konsumentenschutzgesetzes an.

Schlaffer erklärt, dass eine Untersuchung des Umganges mit alten Menschen in acht Bundesländern (ohne Vorarlberg) ergeben habe, dass im Zweifelsfall für die Sicherheit des Patienten entschieden werde und gegen seine persönliche Freiheit. Viele ältere Menschen kommen unvorbereitet und unfreiwillig ins Heim. Die Gabe von Medikamenten gegen ihre verständliche Unruhe löst laut Schlaffer in vielen Fällen einen Teufelskreis aus, an dessen Ende schwere Eingriffe in die persönliche Freiheit wie Fixierung im Rollstuhl oder intensive Medikation stehen. Eine weitere Studie aus dem Jahr 1994 belegt, dass Pflegekräfte bis zu 50 Prozent der feiheitsentziehenden Maßnahmen nicht als solche erkennen.

Es gibt laut Schlaffer derzeit keine Kriterien, die festlegen, wo die Beschränkung des persönlichen Freiheitsrechtes beginnt. Ein Blick hinter die Kultur der Pflegeheime zeige, dass es große Unterschiede bei der Betreuung gebe. In Einzelfällen führe akuter Personalmangel dazu, dass Freiheitsbeschränkung zur Aufrechterhaltung des Alltagsbetriebes eingesetzt werde. Es gehe grundsätzlich um eine Veränderung des Bildes vom alten Menschen und nicht um die Kriminalisierung der Betroffenen.

Viele der Senioren, die sich an die Volksanwaltschaft wenden, hätten laut Krammer Angst vor dem Verlust ihres Heimplatzes. Nachfragen im Heim seien in den meisten Fällen nicht erwünscht. Übereinstimmend erklärten Krammer und Schlaffer, dass es nicht darum gehe, die ohnehin verunsicherten Senioren durch Horrormeldungen noch weiter zu verunsichern.

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