Sexualität und Behinderung – Eine Notwendigkeit der öffentlichen Sichtbarmachung

Sexuelle Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen ist in der Gesellschaft oft immer noch ein kontroverses Thema. Ein Kommentar.

Im Halbdunkeln noch erkennbarer nackter Körper
14872366 auf Pixabay

Sexuelle Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen werden von der Gesellschaft oft nicht wahrgenommen oder geleugnet.

Zuweilen findet eine Bevormundung durch nichtbehinderte Menschen statt. Das andere Extrem ist der Eingriff in die Privatsphäre durch das Stellen von intimen Fragen und somit eine Grenzüberschreitung.

Inklusive Fotoausstellung

Eine aktuelle Foto-Ausstellung mit dem Titel „Alle tun es – Alle!“ im Nürnberger Bildungszentrum soll zur Enttabuisierung in diesem Bereich beitragen. In der Ausstellung werden intime Momente von Menschen mit und ohne Behinderungen festgehalten.

Eines der Modelle ist selbst seit sechs Jahren behindert und froh über die Repräsentation in der Ausstellung. In einem kurzen Interview erzählt sie über ihren Selbstfindungsprozess.

Bei der Montage der Bilder wurde auch darauf geachtet, dass diese auf unterschiedlichen Höhen hängen und somit für alle Menschen zugänglich sind. Die Ausstellung läuft noch bis 25. Februar 2022.

Der notwendige Diskurswandel

Es haben sich in den letzten Jahren immer mehr behinderte Menschen gemeldet, um über ihre eigene Sexualität zu sprechen, und so den Diskurs umzuformen, so wie die blinde TV-Moderatorin und Autorin Jennifer Sonntag in einem Beitrag von kobinet-nachrichten vom Oktober 2021 schrieb.

Ich erfahre die Annäherung an die Thematik inzwischen als selbstbestimmter und empowernd, da sich viele Betroffene zunehmend zu Wort melden und mit ihren Bedürfnissen zeigen. …

Die Fachliteratur hat sich in der Vergangenheit oft über uns, aber ohne uns, Gedanken über unsere Sexualität gemacht, was mich als Sozialpädagogin mit Behinderung doch manchmal etwas befremdete.

Podcasts und Sexualbegleitung

Mittlerweile gibt es z.B. einige Podcasts von Betroffenen, die sich mit dem Thema befassen und Aufklärungsarbeit leisten, wie „Echt behindert! – der Podcast zu Barrierefreiheit und Inklusion“ oder „Perspektivenwechsel„, und es gibt Dienstleistungen wie Sexualassistenz, die in Österreich jedoch unter das Prostitutionsgesetz fällt.

Es gab 2020 einen Lehrgang „Sexualbegleitung und Sexualassistenz“ von der Volkshilfe Wien/Sophie BeratungsZentrum. Diese Art der Begleitung soll Menschen mit Behinderungen dabei unterstützen, Aspekte ihrer Sexualität zu entdecken und auszuleben. Bedauerlicherweise ist diese recht kostenintensiv und wird nicht staatlich gefördert.

Sexualität ist ein Grundbedürfnis und sollte offen und ohne Vorurteile in der Öffentlichkeit thematisiert werden. Ansätze sind schon erkennbar, aber es muss mit den Tabus Schluss gemacht werden.

Hier beginnt der Werbebereich Hier endet der Werbebereich
Hier beginnt der Werbebereich Hier endet der Werbebereich

Hinterlassen Sie einen Kommentar

Die Kommentarfunktion für diesen Artikel ist abgeschalten.

3 Kommentare

  • Nachtrag: Ich kenne ein spastisches Paar, das mit persönlicher Assistenz zwei nichtbehinderte Kinder erzieht…

  • iN DEN MEISTEN BEHINDERTENEINRICHTUNGEN SIND SEXUELLE BEZIEHUNGEN KEIN Problem in Gegensatz zu Altenheimen, wo auch Behinderte leben…Allerdings gibt es zwei Problemkreise: 1. Sexuelle Gewalt, auch unter Behinderten, während Partnerschaften zwischen Behinderten und Nichtbehinderten unter Missbrauchsverdacht stehen und 2. Nicht Verwirklichung eines möglichen Kinderwunsches, Nötigung zur Sterilisation obwohl dies mit Unterstützung von persönlicher Asistenz und des privaten Umfaldes sehr wohl möglich wäre…

  • Sehr geehrte Frau Rebstock,

    ganz herzlichen Dank dass Sie hier endlich zu diesem Thema schreiben.

    Offen über Sexualität zu sprechen ist ohnehin für die allermeisten sehr schwierig, und erst im Zusammenhang mit Behinderung noch viel, viel schwieriger.

    Ich wünsche Ihnen und allen betroffenen einen regen und produktiven Austausch!