Ist die "Neue Euthanasie"-Debatte zu Ende?

Zu diesem Thema veranstaltete Berufsverband der BehindertenpädagogInnen und BIZEPS am 14. November 1996 eine gutbesuchte Diskussionsveranstaltung, die reges Interesse hervorrief.
Oliver Tolmein, freier Journalist aus Hamburg, wies auf Parallelen zwischen der „Neuen Euthanasie“-Debatte und der Ermordung behinderter Menschen im NS-Regime hin. Hier wie dort ist der „leistungsfähige“ Mensch das Ideal. Hier wie dort soll unter dem Deckmantel des „Mitleids“ ja sogar der Selbstbestimmung eine Kostensenkung erreicht werden.
Er zeigte am Beispiel der Niederlande, wo Ärzte unter bestimmten Voraussetzungen für „Euthanasie“ nicht strafrechtlich verfolgt werden können, auf, daß die Schwelle zur Tötung von Menschen durch solche Bestimmungen immer niedriger wird. So wird dort z. B. angestrebt, diese Möglichkeiten auf psychisch behinderte Menschen auszudehnen, es ist die sogenannte Todespille, die von Menschen über 70 jederzeit eingenommen werden könnte in Diskussion etc.
Manfred Srb, BIZEPS, sprach über die Entwicklung der „Euthanasie“-Debatte in Österreich aus der Sicht der Behindertenbewegung und über die Proteste der behinderten Menschen gegen das öffentliche Auftreten von „Euthanasie“-BefürworterInnen und der damit verbundenen neuerlichen Infragestellung unseres Lebensrechts.
Er wies aber auch darauf hin, daß „Euthanasie“ in den verschiedensten Formen schon lange zum gesellschaftlichen und ärztlichen Alltag gehört. Beispiele dafür sind das „Liegenlassen“ von behinderten Neugeborenen oder die Bestimmungen der neuen europäischen Bioethikkonvention.
Univ. Doz. Dr. Ernst Berger, Leiter der kinderpsychiatrischen Abteilung am Rosenhügel, erzählte über Bestimmungen betreffend die medizinische Versorgung und den ärztlichen Alltag. Unter anderem ist es behinderten Menschen fast unmöglich, eine Organspende zu bekommen.
Die anschließende Diskussion zeigte, wie vielschichtig dieses Thema gesehen werden muß und daß „Euthanasie“ sehr oft versteckt geschieht.