Bereits im April 2010 hat der Unabhängige Monitoringausschuss zur Umsetzung der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen in einer öffentlichen Sitzung das Thema "inklusive Bildung" behandelt. (von Stefan Pauser)
Seitdem ist nicht viel geschehen. Deshalb fand nun Anfang Oktober eine zweite öffentliche Sitzung statt.
In der Vorstellung der Diskussionsgrundlage erklärte Gunther Trübswasser, dass Menschen mit Behinderungen zu oft in Sonderschulen unterrichtet werden und dies nicht im Sinne der UN-Konvention sei. Die Erfahrung zeige, dass nur wenige Menschen, die die Sonderschule absolviert haben auch einen Hauptschulabschluss schaffen. Damit verschlechtern sich aber die Chancen im Berufsleben und bei der Weiterbildung. Schließlich appellierte er an die Verantwortlichen in der Politik, die Ergebnisse, zu denen der Monitoringausschuss kommt, ernst zu nehmen.
Bernadette Feuerstein meinte in ihrem Eingangsstatement, dass Einigkeit darüber herrsche, dass Österreich ein Bildungssystem für Alle brauche. Die Frage sei nur, wie dieses zu erreichen sei. Denn schon jetzt stehe zu befürchten, dass zum Beispiel die Etappenpläne zur Herstellung von Barrierefreiheit von Schulen nicht halten werden. Abschließend stellte sie die Frage in den Raum, ob das Etikett des „sonderpädagogischen Förderbedarfs“ überhaupt noch zeitgemäß sei.
Den interessantesten Moment erlebte die Veranstaltung, nachdem Kurt Nekula, Sektionschef im Unterrichtsministerium, seine Sichtweise auf die im NAP vorgeschlagenen Maßnahmen im Bereich Bildung dargelegt hatte. Diese sehen unter anderem die Schaffung von inklusiven Regionen vor, wobei es aber keine gesetzliche Regelung gebe, sondern auf Freiwilligkeit gesetzt werde. Diese Erklärung erboste die sonst so besonnene Vorsitzende des Monitoringausschusses Marianne Schulze, die kein Verständnis dafür aufbringen konnte, dass sich der Gesetzgeber hier aus seiner Verantwortung für klare Regeln stielt.
Genügend Expertise
Von vielen Teilnehmerinnen und Teilnehmern wurde bemängelt, dass es die geplanten Modellregionen nicht mehr braucht, weil genügend langjährige inländische und internationale Expertise in Sachen Inklusion bereits bestehe. Was es benötige, sei der politische Wille, die Integration voranzutreiben.
Von Selbstvertreterinnen und -vertretern wurde mehrfach darauf hingewiesen, dass das System der Sonderschulen abzuschaffen sei, weil ein vernünftiger Berufsweg und ein selbstbestimmtes Leben nach Abschluss der Sonderschule kaum möglich seien.
Der Weg führe zumeist in eine geschützte Werkstätte, mit all den Nachteilen, die damit verbunden sind. Ebenfalls gaben sie zu bedenken, dass Bildung bereits im Kindergarten beginne und nach der Schule nicht zu Ende sei. Oftmals wurde die Forderung erhoben, Menschen mit Behinderungen eine adäquate Weiterbildung zu ermöglichen.
Bessere Lehrerausbildung
Eine zentrale Forderung gab es auch hinsichtlich der Lehrerausbildung: Diese müsse auch Menschen mit Behinderungen offen stehen. So wurde etwa vorgeschlagen, dass Menschen mit Lernschwierigkeiten der Weg an die pädagogischen Hochschulen geöffnet werden solle und die Absolventinnen und Absolventen dann Kindern mit Lernschwierigkeiten in den Klassen als positives Beispiel zur Seite stehen.
Vertreterinnen und Vertreter aus dem Gehörlosen- und Schwerhörigenbereich verwiesen erneut darauf, dass es viel zu wenige Lehrerinnen und Lehrer mit Gebärdensprachkompetenz gebe. Diese seien aber unbedingt erforderlich, um die Kultur der Gehörlosen aufrecht zu erhalten.
Keine neuen Standorte
Auf Unverständnis stieß die Tatsache, dass in Österreich noch immer neue Standorte für Sonderschulen geschaffen werden. Als Gegenvorschlag kam, dass ab dem kommenden Schuljahr keine neuen Schülerinnen und Schüler mehr in den bestehenden Sonderschulen aufgenommen werden. Damit wäre das Ende der Sonderschulen binnen acht Jahren erreicht.