Sozialausschuss würdigt Tätigkeit der Behindertenanwaltschaft und unterstreicht Bedeutung des freiwilligen Engagements

Abgeordnete diskutieren Tätigkeitsbericht der Behindertenanwaltschaft sowie aktuellen Freiwilligenbericht

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Auf der Tagesordnung des Sozialausschusses standen heute der Tätigkeitsbericht der Behindertenanwaltschaft. Die Abgeordneten waren sich darüber einig, dass noch einiges geschehen müsse, um Menschen mit Behinderung ein Leben in der Mitte der Gesellschaft zu ermöglichen. Inklusion, vor allem in der Bildung und am Arbeitsmarkt, sei voranzutreiben, so der allgemeine Tenor.

Der Bericht wurde einstimmig zur Kenntnis genommen. Vorgesehen ist, den Bericht im Plenum des Nationalrats noch weiter zu diskutieren.

Ebenso wurde der noch von der Übergangsregierung vorgelegte 3. Freiwilligenbericht vom Ausschuss einstimmig zur Kenntnis genommen. Auch über ihn wird im Plenum nochmals beraten. Die Abgeordneten lobten das breite Spektrum ehrenamtlicher Tätigkeit in Österreich und betonten, die Wertschätzung freiwilligen Engagements müsse sich auch in konkreten Maßnahmen niederschlagen.

Sozialminister Rudolf Anschober sagte in der Diskussion mit den Abgeordneten, dass die Koalition für Menschen mit Behinderung rasch Verbesserungen auf den Weg bringen wolle. Auch die Wertschätzung des freiwilligen Engagements sei ein Anliegen der neuen Bundesregierung.

Behindertenanwalt Hansjörg Hofer: Bei Barrierefreiheit besteht immer noch Handlungsbedarf

Der seit Mai 2017 amtierende Anwalt für Gleichbehandlungsfragen für Menschen mit Behinderungen Hansjörg Hofer stellte im Sozialausschuss den aktuellen Tätigkeitsbericht der Behindertenanwaltschaft vor (III-69 d.B.). Aus dem breiten Spektrum an Sachverhalten, die von den Betroffenen an die Anwaltschaft herangetragen wurden, hätten sich vor allem die Themen Bildung, Arbeit, Barrierefreiheit und Wohnen als Schwerpunkte herauskristallisiert, sagte Hofer.

Leider sei trotz guter Konjunktur der letzten Jahre die Arbeitslosigkeit von Menschen mit Behinderung auf einem Höchststand. Ein Anreizsystem für Betriebe, Menschen mit Behinderungen einzustellen, wäre vermutlich effektiver, als Sanktionen.

Der Behindertenanwalt hob den Durchbruch im Bereich der Rechtsdurchsetzung für Menschen mit Behinderung hervor, zu dem es im Jahr 2018 gekommen ist. Nunmehr können Unternehmen mittels Verbandsklagen wegen einer möglichen Verletzung des Diskriminierungsverbots nach dem Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz vor Gericht gebracht werden.

Als weiteres Highlight führte Hofer die im Zuge der österreichischen Ratspräsidentschaft erstmals abgehaltene Konferenz der Anti-Diskriminierungsstellen aller EU-Mitgliedstaaten in Wien an.

Der Behindertenanwalt verwies zudem auf einen umfangreichen Katalog an Anregungen im Bericht, die dazu dienen sollen, Schwachstellen bzw. Lücken in der Gesetzgebung des Bundes und der Länder zu schließen. Die Vorschläge reichen dabei von der Arbeitswelt, dem Bildungssektor, dem Gesundheitsrecht, dem Steuerrecht bis hin zum Straßenverkehr. Gerade der Bereich der Barrierefreiheit sei ein Thema, das umfassend behandelt werden müsse, sagte Hofer.

Schließlich leben in Österreich nicht weniger als 1,4 Mio. Menschen, die sich in irgendeiner Weise als beeinträchtigt sehen, hielt er fest. Mobilitätseinschränkungen könnten jeden und jede im Laufe des Lebens treffen. Rechtliche Lücken sehe er etwa im Diskriminierungsschutz bei bestehenden Mietverträgen. Werde es notwendig, eine Mietwohnung nachträglich barrierefrei zu machen, so bestehe dafür wenig rechtlicher Rückhalt.

Er würde sich auch wünschen, dass barrierefreies Bauen ein Pflichtfach in der Architekturausbildung werde. Hier könnte mit geringem Einsatz nachhaltige Wirkung erzielt werden. Derzeit stehe auch die Ausarbeitung eines neuen Nationalen Aktionsplans für Menschen mit Behinderung an. Dazu sollen rasch Gespräche mit den Betroffenen geführt und die Finanzierung der geplanten Maßnahmen geklärt werden, wünscht Hofer.

Die Abgeordneten des Sozialausschusses dankten für die umfassende Darstellung des Berichts, der Einblick in viele Problemfelder gebe. Verena Nussbaumer (SPÖ) sprach die Forderung „Lohn statt Taschengeld“ an, die nach wie vor relevant sei.

Kira Grünberg (ÖVP) betonte, es gelte, Menschen mit Behinderung den ihnen zustehenden Platz in der Gesellschaft zu geben und sie nicht als „Randphänomen“ zu behandeln.

Heike Grebien (Grüne) ist der Abbau von Stereotypen über Menschen mit Behinderung ein Anliegen. Hier seien auch Unternehmen wie der ORF gefragt, meinte sie.

NEOS-Abgeordnete Fiona Fiedler sagte, es gebe seitens der Regierung zwar einige Ankündigungen von Maßnahmen, etwa zu Lohn statt Taschengeld oder einem Inklusionsfonds, ihr fehle allerdings ein Zeitplan für die Umsetzung.

FPÖ-Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch sagte die Unterstützung der von Behindertenanwalt Hofer formulierten Anliegen zu. Die FPÖ sei beispielsweise stets der Ansicht gewesen, dass eine positive Beschäftigungspolitik über ein Anreizsystem effektiver sei, als Strafzahlungen für Betriebe.

Sozialminister Rudolf Anschober sagte Behindertenanwalt Hofer volle Kooperation bei der Umsetzung seiner Anliegen zu. Der Entwurf des Nationalen Aktionsplans als zentrales Steuerungsinstrument werde heuer erfolgen, sagte Anschober, er werde dabei selbstverständlich alle Stakeholder einbinden.

Dem Gedanken, Bundesförderungen an die Erfüllung von Barrierefreiheit zu knüpfen, könne er viel abgewinnen, ebenso der Idee, barrierefreies Bauen zum Pflichtfach der Architekturausbildung zu machen. In der Frage von Lohn statt Taschengeld seien die Bundesländer gefragt, mit diesen werde er darüber Gespräche führen, versprach der Sozialminister.

FPÖ fordert höheres Pflegegeld für zu Hause gepflegte Personen

Ebenfalls vom Sozialausschuss abgelehnt wurde ein Entschließungsantrag der FPÖ betreffend die Anerkennung der häuslichen Pflege (146/A(E)).

Er zielt darauf ab, Personen, die zu Hause betreut bzw. gepflegt werden, ab Pflegestufe drei ein um 50% höheres Pflegegeld zu gewähren. Außerdem plädieren FPÖ-Chef Norbert Hofer und seine FraktionskollegInnen für einen höheren Zuschlag für Demenzkranke im Falle einer häuslichen Pflege.

Man habe sich im Rahmen der Koalitionsverhandlungen darauf verständigt, das Thema Pflege gesamtheitlich anzugehen. Daher werde die ÖVP Einzelmaßnahmen keine Zustimmung geben, begründete Ernst Gödl (ÖVP) die Ablehnung des Antrags.

Philip Kucher (SPÖ) wies darauf hin, dass die Umsetzung des Antrags Kosten von 750 Mio. € verursachen würde, mit denen man etwa auch Sachleistungen finanzieren könnte.

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