Das Web 2.0 baut für Menschen mit Behinderungen soziale Barrieren ab. Das ist eine der Kernaussagen einer Expertenbefragung der Veranstalter des BIENE-Wettbewerbs ("Barrierefreies Internet eröffnet neue Einsichten").
Für den 5. Mai 2008 haben Aktion Mensch und Stiftung Digitale Chancen einen Fachkongress und den Start des nächsten Wettbewerbs um die besten barrierefreien Webauftritte im deutschsprachigen Raum angekündigt.
In den vergangenen Wochen wurden zehn Expertinnen und Experten aus dem Bereich der Behindertenhilfe und -selbsthilfe sowie -forschung befragt, wobei deutlich wurde, „dass Barrierefreiheit eine zentrale Zukunftsaufgabe ist, um das so genannte soziale Web auch wirklich für alle zu öffnen“. Die „erweiterten Interaktionsmöglichkeiten der Web 2.0-Angebote“ könnten die soziale Realität verändern.
Die Experten schätzen ein, dass Nutzerinnen und Nutzer zunehmend nach Angeboten suchten, die sowohl barrierefrei als auch spezifisch auf die jeweilige Behinderungsart zugeschnitten sind. So seien beispielsweise gehörlose und hörgeschädigte Menschen sehr an einer verbesserten Infrastruktur interessiert, um die Kommunikation mit Gebärdensprachvideos oder Videokonferenzen zu erleichtern.
Bei Menschen mit motorischen Behinderungen seien unter anderem leicht zugängliche Alternativen zur ausschließlichen Tastatur- bzw. Mausbedienung besonders gefragt, während blinde und sehbehinderte Menschen vor allem von klar strukturierten Seiten und Inhalten profitierten. Gemeinsame Basis müssten jedoch Angebote sein, die zunächst grundsätzlich barrierefrei sind, bevor sie die Interessen spezifischer Nutzergruppen bedienten.
Bei den jetzt anstehenden Gruppeninterviews mit Internet erfahrenen behinderten Nutzerinnen und Nutzern erscheinen nach Ansicht der kobinet-Redaktion dreierlei Dinge wichtig: Wie können privatwirtschaftliche und behördliche Anbieter die technischen Möglichkeiten des „Mitmachwebs“ noch besser nutzen, um ihre Seiten auch für Menschen mit Behinderung attraktiv zu machen?
Wie kann der Kreis behinderter Nutzerinnen und Nutzer bald größer werden, wenn viele der rund 8 bis 10 Millionen Menschen in Deutschland mit einer oder mehreren Behinderungen überhaupt noch keinen Zugang zum Internet haben? Wie wird in ländlichen Gegenden die Breitband-Versorgung (DSL) entwickelt, damit auch hier statt beschwerlicher Trampelpfade moderne Datenautobahnen genutzt werden können?
Nach den Gruppeninterviews bereiten die BIENE-Veranstalter eine Nutzerbefragung vor, an der sich möglichst viele Menschen mit Behinderung beteiligen sollen.