Lebenshilfe: Inklusion ist der beste Weg, um Armut und Ausgrenzung von Menschen mit Beeinträchtigungen zu bekämpfen
„Inklusion bedeutet für Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung, ganz selbstverständlich am Leben in der Gesellschaft teilhaben zu können. Gerade das ist aber nicht selbstverständlich. Nach wie vor fehlen rechtliche Rahmenbedingungen für eine völlig gleichberechtigte und aktive Teilhabe von Menschen mit intellektueller Behinderung vom Kindergarten über die Schule und dem Arbeitsleben bis hin zur Begleitung im Alter“, beschreibt Univ.-Prof. Dr. Germain Weber, Präsident der Lebenshilfe Österreich, die Situation von Menschen mit Beeinträchtigungen anlässlich der Armutskonferenz und dem Welttag für Soziale Gerechtigkeit, der am 20. Februar 2015 begangen wird.
Menschen mit Beeinträchtigungen sind laut Lebenshilfe massiv von Armutsgefährdung und Ausgrenzung bedroht, daher ist Inklusion der beste Weg, dies zu verhindern. „Es gibt genügend Möglichkeiten, Barrieren und Diskriminierungen in der Schule, am Arbeitsplatz oder im Wohnbereich entgegenzuwirken. Chancengleichheit heißt Recht auf eine gerechte Verteilung von Zugangs- und Lebenschancen“, so Weber.
Der Lebenshilfe-Präsident verlangt größere Anstrengungen als bisher, um Schülerinnen und Schülern mit Beeinträchtigungen den Zugang zu allen Bereichen der inklusiven Bildung vom Kindergarten bis zur Sekundarstufe sowie zu Hochschul- und Berufsausbildung zu ermöglichen: „Ein Bildungssystem soll den sozialen Aufstieg fördern und nicht sozial aussondern.“
In ihrem Stufenplan zur inklusiven Schule fordert die Lebenshilfe insbesondere einen sofortigen Stopp für den Bau neuer Sonderschulen und die Umwandlung von Sonderschulen zu inklusiven Schulen. „Das bestehende, segregierende Bildungssystem ist eine der Hauptursachen dafür, dass die berufliche Karriere von Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung in Tages- und Beschäftigungsstrukturen endet. Mit Geltung der UN-Behindertenrechtskonvention im Jahr 2008 wäre an sich die Umsetzung einer inklusiven Schule österreichweit für alle Pflicht. Die Zahl der Schülerinnen und Schüler an Sonderschulen ist in den letzten Jahren aber leider weiter angestiegen“, kritisiert Weber.
Auch am Arbeitsmarkt gibt es eine Reihe von Baustellen: Die Lebenshilfe fordert von Wirtschaft und Politik einen offenen, durchlässigen und inklusiven Arbeitsmarkt wie im Nationalen Aktionsplan angekündigt sowie die Schaffung inklusiver Arbeitsplätze mit maßgeschneiderten Unterstützungsmöglichkeiten. Dringend notwendig ist dabei ein neues Einstufungsverfahren für die Feststellung von Erwerbsfähigkeit.
„Vorrangig ist weiters die sozialversicherungsrechtliche Absicherung von Menschen mit Beeinträchtigungen sowie Lohn statt Taschengeld in den Werkstätten. Menschen mit Beeinträchtigungen haben einen Anspruch darauf, sich ihr Leben so zu gestalten wie sie es für richtig halten. Das mag selbstverständlich klingen. Aber die Realität zeigt, dass Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung nach wie vor auf Grenzen stoßen und Armutsgefährdung und Ausgrenzung ausgesetzt sind“, so Weber abschließend. Die Lebenshilfe beteiligt sich daher an der diesjährigen Armutskonferenz und setzt sich für Menschen mit Beeinträchtigungen und mit sozialen Benachteiligungen ein, um sie auf dem Weg zu einer vollwertigen Teilhabe an einem erfüllten Leben zu unterstützen.