Sozialministerium muss umgehend die Richtlinie Persönliche Assistenz am Arbeitsplatz diskriminierungsfrei gestalten

Nach dem ersten Verbandsklageurteil gemäß dem Behindertengleichstellungsgesetz (BGStG) besteht dringender Handlungsbedarf für das Bildungsministerium; aber auch für das Sozialministerium. Ein Kommentar.

Richtlinie Persönliche Assistenz am Arbeitsplatz - Stand: 1. April 2021
Sozialministerium

Im Juli 2021 brachte der Klagsverband eine Verbandsklage gegen die Republik ein, weil das Bildungsministerium Kinder und Jugendliche mit Behinderungen diskriminiert und ihnen wiederholt Persönliche Assistenz verweigerte.

Die Verbandsklage wurde gewonnen – wir berichteten im April ausführlich. Im Urteil (19 Cg 73/21p) vom 31. März 2023 wurde auf 32 Seiten ausführlich dargelegt, worin die Diskriminierung durch das Bildungsministerium bestand.

Das Bildungsministerium (vertreten durch die Finanzprokuratur) verteidigte sich erfolglos, wie im Urteil ersichtlich ist. Darin ist zu lesen:

Die Beklagte verweist auch darauf, dass sich die Festlegung, wonach bei einer körperlichen Behinderung ab Pflegestufe 3 bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen eine Persönliche Assistenz im vollen Umfang der Stunden finanziert werde, an den Richtlinien des Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (Richtlinie Persönliche Assistenz am Arbeitsplatz) orientiere.

Im Urteil wird zu diesem Punkt klar festgehalten, dass ein Ausschluss von Personen mit einer niedrigen Pflegegeldstufe gemäß BGStG nicht zulässig ist, wenn ein Bedarf vorhanden ist.

Dieser und andere Punkte der Verbandsklage (beispielsweise: warum werden manche Gruppen von Menschen mit Behinderungen derzeit ausgeschlossen?) sind ein dringender Handlungsauftrag an Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP).

Auch Sozialministerium muss handeln

Da die Vorgangsweise des Bildungsministeriums bei der Gewährung von Persönlicher Assistenz im Bildungsbereich im Urteil als Diskriminierung erkannt wurde, ist nun auch das Sozialministerium gefordert.

Das Gericht hat die sinngemäße Ausrede des Bildungsministeriums – die vom Sozialministerium machen es auch so – beiseite gewischt. Diskriminierung bleibt Diskriminierung; unabhängig davon, ob jemand anderer auch diskriminiert.

So gesehen hat nun auch das Sozialministierum dringenden Handlungsbedarf und Sozialminister Johannes Rauch (GRÜNE) muss die Richtlinie Persönliche Assistenz am Arbeitsplatz gemäß dem Erkenntnis des Verbandsklageurteils umgehend ändern.

Wenn die beiden Minister die Vorgangsweise nicht diskriminierungsfrei gestalten, wären die verbandsklagefähigen Stellen (Behindertenanwaltschaft, Klagsverband sowie Österreichischer Behindertenrat) gefordert, weitere Klagen einzuleiten.

Jede Person, die nach dem Erkenntnis des Verbandsklage-Urteils diskriminiert wird, ist natürlich ebenfalls – nach einer Schlichtung – klageberechtigt. 

Hoffen wir, dass die beiden Minister die Diskrimierungen umgehend abstellen.

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