Sozialpreis kann nicht den Namen eines Vernichtungsideologen tragen

Huainigg: Herr Bürgermeister, stellen Sie die Julius-Tandler-Medaille der Stadt Wien ein!

Franz-Joseph Huainigg
ÖVP

„Es ist gut und wichtig, dass die Stadt Wien soziales Engagement mit einem Preis würdigt. Aber es ist eine gewaltige Ohrfeige für sozial engagierte Personen, wenn sie eine Medaille bekommen, dessen Namensträger für die Vernichtung von unwertem, behindertem Leben eingetreten ist“, meint der ÖVP-Sprecher für Menschen mit Behinderung, Abg. Dr. Franz-Joseph Huainigg, angesichts der Tatsache, dass die Stadt Wien seit 1960 die Professor-Dr.-Julius-Tandler-Medaille regelmäßig vergibt.

Die Ehrung wird an Personen verliehen, die sich auf sozialem Gebiet Verdienste erworben haben, oder – wie es in der Umschrift der Medaille heißt – „für Verdienste um die Menschlichkeit“. Und das trifft auf Julius Tandler trotz seiner Verdienste um die Jugendwohlfahrt am wenigsten zu.

Huainigg erinnert an die menschenverachtenden Theorien des ehemaligen sozialdemokratischen Stadtrates und Unterstaatssekretärs für Volksgesundheit. Tandler vertrat in Aufsätzen und Vorträgen mehrfach die Forderung nach der Vernichtung bzw. Sterilisierung von „unwertem Leben“ und war damit ideologischer Wegbereiter der NS-Massenvernichtung an „lebensunwertem Leben“ auf Schloss Hartheim in Oberösterreich.

In einer Rede vom Februar 1923 und in einem in der Wiener Medizinischen Wochenschau vom 19. Jänner 1924 abgedruckten Vortrag stellte er etwa die Forderung nach der „Vernichtung lebensunwerten Lebens“. Überdies war er ein Theoretiker der „Aufzuchtsoptimierung“ als Hauptpunkt sozialer Bevölkerungspolitik. Umgesetzt wurden seine Ideen mitunter in der nationalsozialistischen Euthanasiestation Hartheim.

„Es ist unerträglich, sollte dieser blinde Fleck der Geschichte weiterhin weggeleugnet werden“, meint Huainigg angesichts der Schilderungen in der parlamentarischen Gedenksitzung vergangenen Freitag. 30.000 behinderte Menschen wurden auf Schloss Hartheim aufgrund ihrer Behinderung ermordet, 800 behinderte Kinder wurden weiters am Wiener Spiegelgrund gequält und danach umgebracht. Daher fordert Huainigg, die bereits bestehende Historikerkommission zur wissenschaftlichen Überprüfung sämtlicher personenbezogener Straßenbezeichnungen in Wien möge sich dringend mit der Person Julius Tandler auseinandersetzen.

„Es besteht dringender politischer Handlungsbedarf“, mahnt der Abgeordnete und fordert abschließend: „Herr Bürgermeister Häupl, machen Sie den Julius-Tandler-Platz zu einer Mahn- und Gedenkstätte und setzen Sie die Vergabe der Julius-Tandler-Medaille bis zu Klärung aus!“

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