Sprachencode-Tabelle blendet Österreichische Gebärdensprache aus

Seit dem Jahr 2000 wird jährlich am 21. Februar der Internationale Tag der Muttersprachen begangen. Dieser Gedenktag wurde von der UNESCO zur “Förderung sprachlicher und kultureller Vielfalt und Mehrsprachigkeit” ausgerufen.

Gabriele Heinisch-Hosek
SPÖ

In der OTS-Aussendung vom 19. Februar 2016 teilte Bildungsministerin Heinisch-Hosek mit, dass sie stolz darauf sei, muttersprachlichen Unterricht in 25 Sprachen anbieten zu können.

Tatsache ist, dass die Österreichische Gebärdensprache (ÖGS) vom Bildungsministerium offiziell nicht erfasst wird. Statistik Austria stellt für öffentliche Schulen Formulare, Erläuterungen und Hilfstabellen online zur Verfügung (Stand 30. November 2015). Die ÖGS ist in die aktuelle Sprachencode-Tabelle nach wie vor nicht aufgenommen worden.

Trotz der verfassungsrechtlichen Anerkennung der Österreichischen Gebärdensprache (ÖGS) im B-VG Art. 8 Abs. 3 im Jahr 2005 hat das Bildungsministerium das Thema “ÖGS im Unterricht” bisher in keinen Nationalen Bildungsbericht (2009 und 2012) aufgenommen. Somit ist nicht bekannt, wieviele Schülerinnen und Schüler die Österreichische Gebärdensprache als ihre Erst- bzw. Zweitsprache (sei es Muttersprache oder Fremdsprache) verwenden.

Das Bildungsdokumentationsgesetz sieht die Möglichkeit der Nennung von mehr als einer Sprache ausdrücklich vor, weil in vielen Familien mehr als eine Sprache gesprochen wird. Anhand der Sprachencode-Tabelle (Stand 2015) lässt sich erkennen, welche Sprachen vom Bildungsministerium erfasst werden. Sie listet die im Alltag gebrauchte(n) Sprache(n) der Schülerin bzw. des Schülers auf. Diese ist/sind als Buchstabencode (z.B. D = Deutsch, E = Englisch, TR = Türkisch, SB = Serbisch, KT = Kroatisch, UN = Ungarisch, usw.) in den Erhebungsunterlagen einzutragen.

Am 2. April 2015 wollte ich wissen:

1) aus welchen Gründen ist die Österreichische Gebärdensprache (ÖGS) im Verzeichnis der Sprachencodes* (zur Angabe über die im Alltag gebrauchte(n) Sprache(n) des Schülers) nicht angeführt?

2) nach welchen Kriterien wird eine Sprache in das betreffende Verzeichnis aufgenommen und wer ist dafür zuständig?

3) ist von seiten BMBF angedacht, die Österreichische Gebärdensprache (anerkannt als Minderheitensprache nach Art 8 Abs 3 B-VG) in das Verzeichnis aufzunehmen? *) gemäß der Bildungsdokumentationsverordnung (BilDok) BGBl. II Nr. 499/2003

Das Bildungsministerium antwortete am 31. Juli 2015 auf meine Anfrage wie folgt:

Der Wunsch nach Aufnahme der Österreichischen Gebärdensprache in dieses Verzeichnis der Sprachencodes für die Datenerhebung gem. Bildungsdokumentationsgesetz war bisher nicht bekannt und wurde nun erstmalig von Ihrer Seite an die für die Bildungsdokumentation zuständige Abteilung IT/1 des BMBF herangetragen.

Dem vorangegangen war meine Anfrage vom 21. Februar 2015 an das Bundesministerium für Bildung, das Verzeichnis der Sprachencodes an mich zu übermitteln.

Gemäß der Bildungsdokumentationsverordnung (BilDok) BGBl. II Nr. 499/2003 ersuche ich um Übermittlung

1) des Verzeichnisses der Sprachencodes (zur Angabe über die im Alltag gebrauchte(n) Sprache(n) des Schülers
2) der statistischen Auswertung mit Information darüber, wieviele Schulkinder zweisprachigen Unterricht (Österreichische Gebärdensprache und Deutsch) pro Jahr erhalten.

Unter diesem Link (fragdenstaat.at) können sowohl meine Anfragen als auch die Antwortschreiben des Bildungsministeriums nachgelesen werden.

Nach Artikel 31 der UN-Behindertenrechtskonvention (Statistik- und Datensammlung) ist Österreich verpflichtet, geeignete Informationen zu sammeln, einschließlich statistischer Angaben und Forschungsdaten, die es ermöglichen, politische Konzepte zur Durchführung der UN-Behindertenrechtskonvention auszuarbeiten und umzusetzen.

Österreich hat in Bezug auf die Erst- und Zweitsprache (unabhängig vom Hörstatus der betroffenen Personen) keine Statistiken und Datensammlungen zu ÖGS. Insbesondere in den Bereichen Frühförderung und Bildung verfügt Österreich in Bezug auf ÖGS als Förder- bzw. als Unterrichtssprache über keine validen Daten.

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2 Kommentare

  • Anlässlich der Diskussion des neuen SPÖ-Parteiprogramms, Abschnitt Bildung in Klagenfurt habe ich folgende Fragen An Frau Minister Heinisch-Hosek gestellt:
    1. Warum weigert sich das BMBF, die ÖGS als Unterrichssprache zu installieren?

    2. Warum verbreitet das BMBF die Falschnachricht, die Einführung der ÖGS als Unterrichtssprache sei vom Verfassungsgerichtshof abglehent worden?

    Zu Frage 2 habe ich keine Antwort erhalten, zu Frage eins folgende zeitlich nacheinander:

    a) es gebe ja das Cochlea Implantat

    b) es gebe zu wenige ÖGS-BenutzerInnen, daher könne man das gar nicht einführen

    c) wären die Kosten zu hoch

    d) das BMBF habe ja keine entsprechend ausgebildeten LehrerInnen.

    Hoffentlich beachtet die neue Bildunsgministerin sowohl die spRACHLICHEN Menschenrechte als auch die Regel, dass man sich in seinen Aussagen nicht selbst widersprechen sollte.

  • Ja, es wird Zeit, dass dazu anonyme Daten gesammelt werden!