Stille Mahnwache gegen Beschlussfassung der Oö. Antidiskriminierungsgesetz-Novelle 2017

Sechs engagierte Frauen (von den Organisationen Maiz, Miteinander GmbH, JKU und SLI OÖ) bezogen am 6. Juli 2017 morgens mit einer 2-stündigen stillen Mahnwache vor dem Linzer Landhaus Stellung gegen die geplante Beschlussfassung der Oö. Antidiskriminierungsgesetz-Novelle 2017.

Stille Mahnwache von Angela Wegscheider und Klaudia Karoliny
MAIZ

Die Hauptkritikpunkte an dieser Novelle bestehen darin, dass die Antidiskriminierungsstelle als Kontrollorgan künftig von einem/einer MitarbeiterIn aus dem Landesdienst geleitet werden soll. Eine juristische Ausbildung wird nicht mehr verlangt. Die Kontrolle werde angeblich dadurch „schlanker“ und „kostengünstiger“.

Gunther Trübswasser von SOS-Menschenrechte bringt es in der Kolumne Die Sicht der Anderen in den OÖ Nachrichten auf den Punkt, indem er sagt:

Sobald jene, die zu kontrollieren sind, sich praktischerweise selbst kontrollieren, vermeidet man Unannehmlichkeiten und Kosten. Zurück bleibt der Beigeschmack einer gefinkelten Einschränkung wesentlicher Grundrechte.

Mit dieser Novelle wird nicht nur die Antidiskriminierungsstelle als Überwachungsorgan eingeschränkt, sondern es wird auch der Monitoringausschuss, der die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention überwachen soll, in seiner völligen Unzulänglichkeit bestätigt.

Einen untergeordneten Charakter soll in Zukunft auch der Tätigkeitsbericht bekommen, der nur noch auf Anfrage an die Landesregierung ergehen soll anstatt wie bisher, zumindest alle 3 Jahre an den Landtag, was mehr Transparenz garantierte.

Stille Mahnwache gegen Beschlussfassung der Oö. Antidiskriminierungsgesetz-Novelle 2017
Klaudia Karoliny

Zahlreiche Aktivitäten

Der Aktion am 6. Juli 2017 vorangegangen sind über 60 qualifizierte ablehnende Stellungnahmen im Rahmen des Begutachtungsverfahrens von NGOs aus dem Sozial- und Menschenrechtsbereich, sonstigen namhaften Stellen und Einzelpersonen.

Kurzfristig wurde auch noch eine Email-Aktion an alle Mitglieder der Landesregierung und Landtagsabgeordneten gestartet sowie mit Medien versucht, zu diesem wichtigen Thema mehr Öffentlichkeit und vor allem auch politisches Gehör zu erlangen.

Einige wenige Landtagsabgeordnete/Regierungsmitglieder (der Grünen und SPÖ)  begrüßten uns freundlich und bedankten sich für unser Engagement. Mit mehreren Passanten und Passantinnen führten wir Gespräche, warum wir hier stehen und klärten sie über die Angelegenheit auf. Auch hier ernteten wir nur Zuspruch. Einige Personen schossen Fotos, wie u.a. auch unsere Soziallandesrätin Birgit Gerstorfer.

Besonderes Interesse an uns hatte der Verfassungsdienst, der uns nicht nur danach befragte, ob wir noch „mehrere“ werden und wie lange wir gedenken hier zu stehen. In einer zweiten Runde fragte er danach, ob er ein Foto von uns und unseren Plakaten machen dürfe. Dem stimmten wir bereitwillig zu.

Immerhin darf auch die Chef-Etage des Verfassungsdienstes wissen, womit die Zivilgesellschaft in unserem Bundesland nicht zufrieden ist. Des Platzes verwiesen wurden wir nicht.

Auch von der Kupfermuck’n-Zeitung kam eine Fotografin vorbei. Die Redaktion schreibt einen Beitrag dazu in der nächsten Ausgabe.

Zu guter Letzt besuchte uns die ehemalige Leiterin der Oö. Antidiskriminierungs-Stelle, was mich besonders freute.

Die politische Entscheidung fiel mit den Stimmen von ÖVP und FPÖ trotzdem! Die Geringschätzung der Menschenrechte in OÖ ist kaum mehr zu überbieten.

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13 Kommentare

  • Die Fotos sind beide von MAIZ.

  • Es ist ein negatives Zeugnis für den Behindertenrat (ehemals ÖAR) und alle Mitgliedsorganisationen, dass hier keine angemessene Reaktion erfolgt, wenn Landesregierungen gegen die eigene Bevölkerung reagieren.

  • Jo, ich wäre auch dafür, den Rechnungshof mit Volksschulabbrechern zu besetzen mit besonderen Schwächen in Mathematik, dann hört endlich dieses Kontrollieren auf! Unglaublich! Behindertenpolitik funktioniert im Moment so: wenn du glaubst, du bist bei null angelangt wird dir rasch gezeigt, dass es unter 0 weitergeht – schlimma geht imma!

    • Sie machen wohl Witze!
      Es ist ein Unterschied, ob man rechnen können muss, weil Rechnungskontrollen vorgenommen werden müssen oder ob es darum geht, sich für Behindertenrechte einzusetzen.
      Letzteres könnte auch jemand mit einer Matura tun oder ein Student mit sozialwissenschaftlichem Hintergrund. Aufgrund weniger zahnloser Gesetze lohnt sich kein teurer Mitarbeiter mit rechtswissenschaftlichem Hintergrund, wie auch kaum ein Anwalt sich für Behindertenrecht spezialisieren würde.

    • Die österreichische Rechtsordnung ist bei Behindertenrechten besser als jene in Deutschland, jedoch nicht hinreichend.
      Als besonders beschämend ist hervorzuheben, dass der Blindenverband Rechtsberatung für Mitglieder anbietet, jener Anwalt jedoch mit einschlägigen Rechtsvorschriften nicht vertraut ist und deshalb auch im Diskriminierungsfall nicht beratend tätig werden kann.
      Die Situation bei Bizeps ist ebenfalls nicht positiv, so werden zwar Fälle an den Klagsverband weitergereicht, da dieser jedoch keine Rechtsberatung anbietet (dies wäre die Aufgabe der Mitgliedsvereine) werden die Diskriminierungsopfer juristisch sich selbst überlassen.

    • Was genau meinen Sie? BIZEPS unterstützt bei Schlichtungen. Falls diese scheitern, holt BIZEPS Rechtsberatung beim Klagsverband ein und ermöglicht Klagen über den Klagsverband.

  • Ich verstehe nicht, weshalb eine Mahnwache hier angebracht ist, denn frei nach Klaudia Karoliny: Bei allem Groll, was sich vielleicht behinderte Personen oder deren Angehörige herausnehmen, was vielleicht auch nicht in Ordnung ist. Aber, solange das Land oder die Landesbehörden dies erlauben?!

    • Sie müssen gar nicht Frau Caroliny bemühen, ich sehe das auch so. Wenn die Behörden das erlauben, ist es in Ordnung.

    • Genau deshalb haben wir auch eine gute Lösung mit der Stadt Wien bezüglich der Ampeln erarbeitet.

  • Bravo! Ich halte zu Hause jetzt auch eine „stille Mahnwache“ ab. Stille Ohnmacht hilft uns sicher weiter, genauso wie die hinkünftig unqualifizierten Kommentare der nicht entsprechend ausgebildeten antidiskriminierungsstelle.

    Und natürlich erntet man von den Wählern auf der Straße nur Zuspruch, das bestätigt uns auch die von denselben gewählte Landesregierung, die solche Beschlüsse befasst. War ja wirklich nicht abzusehen.

  • eine schande für das land, ein großes bravo den aktivistinnen! ihr seid diejenigen, auf die man bauen kann.

  • Leider hat die Praxis bei fast allen Themen gezeigt, dass Selbstkontrollen nicht zielführend sind.
    Kurzfristig schaut es vielleicht nach ‚Verschlankung‘ aus, à la longue führt diese Vorgangsweise zu Problemen.

  • Gratulation zu der Mahnwache, das können wir aber noch esser: nämlich nichts sagen!