Standards bei Barrierefreiheit nicht erfüllt? Nachdem Bombardier die Ausschreibung für die neuen Wiener Niederflurstraßenbahnen gewonnen hat, beeinsprucht nun Siemens die Vergabeentscheidung bei Gericht.
Einer der in diesem Einspruch angeführten Punkte ist die Barrierefreiheit der Bombardier-Straßenbahn. Siemens hege Zweifel an „wesentlichen Entscheidungsgrundlagen“.
Vor allem die Standards in Sachen Barrierefreiheit sehe man beim Siegermodell nicht erfüllt, kommunizieren ORF und Kurier den Standpunkt von Siemens und weisen beispielsweise auf Folgendes hin: Die Einstiege bei Bombardier seien höher.
Stimmen die Siemens-Vorwürfe?
Ob die Vorwürfe auf Tatsachen beruhen, können derzeit nur jene Personen beurteilen, die direkt im Vergabeverfahren eingebunden waren. Entscheiden wird das wahrscheinlich in den nächsten Monaten ein Gericht.
Ebenfalls unklar ist, ob im Rahmen des Vergabeverfahrens tatsächlich gemäß aktuellem Standard der Barrierefreiheit anzubieten war. Im Gegensatz zu früheren Beschaffungen fehlte dieses Mal die Einbindung der Interessenvertretungen von Menschen mit Behinderungen, so konnte BIZEPS diesmal vor dem Erstellen eines Lasterhaftes keinen Input geben, obwohl dies in der Vergangenheit üblich war.
Es ist daher dringend notwendig, dass möglichst schnell alle Fakten auf den Tisch gelegt werden.
Bombardier: „Wir erfüllen die Kriterien zu 100 %“
Seitens Bombardier versteht man den Vorwurf nicht. „Noch nie zuvor hatten Rollstuhlfahrer so viel Platz im Einstiegsbereich“, gibt Karin Schwarz (Pressesprecherin Bombardier Österreich) auf BIZEPS-INFO Nachfrage bekannt und hält fest: „Wir erfüllen die Kriterien zu 100 %.“
Aufgrund des nun laufenden Verfahren möchte man aber keine Details zur Barrierefreiheit veröffentlicht wissen, führt die Pressesprecherin weiter aus.
Wiener Linien: Barrierefreiheit als Teil des Lastenhefts
„Barrierefreiheit ist natürlich eines der wichtigsten Kriterien für die Beschaffung neuer Fahrzeuge bei den Wiener Linien. Selbstverständlich war eine barrierefreie Ausstattung daher auch Teil des Lastenhefts für die neue Straßenbahn“, so Dominik Gries, stv. Leiter Kommunikation der Wiener Linien GmbH und Co KG, gegenüber BIZEPS-INFO und er nennt ein Detail: „So sind auch zwei Rollstuhlstellplätze in der neuen Bim vorgesehen, also doppelt so viele wie bisher.“
Wie geht es weiter: „Auch ist vorgesehen, die entsprechenden Organisationen von Menschen mit Behinderungen für die Feinplanung einzubinden, wie üblich“, so der Wiener Linien Sprecher.
Bei Ausschreibungen dieser Größenordnung geht es um sehr viel Geld. Das Auftragsvolumen beträgt 562 Millionen Euro für 156 neue Flexity-Straßenbahnen, hielten die Wiener Linien am 1. Dezember 2014 fest.
Zum Vergabeverfahren führt Dominik Gries aus: „Wir haben ein transparentes und mit einer Bewertungsmatrix objektiviertes Verfahren geführt und sind zuversichtlich, dass das Gericht die Vergabe bestätigen wird. Gleichzeitig sind wir uns auch bewusst, dass bei so großen Verfahren der unterlegene Bieter die rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen möchte; das ist in der Branche auch nichts Ungewöhnliches.“
Was bedeutet dies im Detail? „Der Kriterienkatalog, der der Vergabe zu Grunde liegt, steht im Übrigen außer Streit – er ist von beiden Bietern akzeptiert worden. Die Angebote wurden über einen längeren Zeitraum von mehreren internen Experten und einem extern beigezogenen Sachverständigen auf Plausibilität überprüft“, so Gries abschließend.