Strategien um arbeitsmarktferne Menschen mit Behinderungen in Arbeit zu bringen

Was wir in Österreich aus den Ergebnissen der Studie „In Arbeit kommen – in Arbeit bleiben. Geschützte Arbeit und Unterstützte Beschäftigung in vergleichender Perspektive“ lernen können.

Studie: In Arbeit kommen und bleiben - Geschützte Arbeit und Unterstützte Beschäftigung in vergleichender Perspektive
Johannes Kepler Universität Linz/FAB

Forscherinnen der Johannes Kepler Universität Linz untersuchten Anwendungsmodelle von Geschützter Arbeit und Unterstützter Beschäftigung in ausgewählten EU-Ländern. Obwohl sich alle dem Ziel verschrieben haben, arbeitsmarktferne Menschen mit Behinderungen in Arbeit zu bringen und zu halten, stellten wir höchst unterschiedliche Strategien und Ergebnisse fest. 

Die Studie „In Arbeit kommen – in Arbeit bleiben. Geschützte Arbeit und Unterstützte Beschäftigung in vergleichender Perspektive“ (2016) von Stefanie Breinlinger und Angela Wegscheider wurde von FAB beauftragt und von der Behindertenanwaltschaft mitfinanziert. Siehe auch Artikel zum Pressegespräch der Behindertenanwaltschaft am 2. März 2016.

Anlage der Untersuchung

Die Studie stellt in vergleichender Perspektive die sozialpolitische Einbettung von Beschäftigungspolitik, aktuelle Reformen sowie Unterstützungsmodelle in Deutschland, Großbritannien, den Niederlanden und Schweden vor.

Als Referenz dienten die Modelle „Geschützte Arbeit“ nach dem Oberösterreichischen Chancengleichheitsgesetz (2008) und Unterstützte Beschäftigung nach der European Union of Supported Employment (EUSE). Die Studie basiert auf vergleichender Literaturanalyse und Interviews mit Stakeholdern (Programmverantwortliche, Betroffene, VertreterInnen aus Wissenschaft und sozialer Verwaltung). Die Untersuchung fand im 2. Halbjahr 2015 statt.

Ausgewählte Ergebnisse

Großbritannien führte mit der alleinigen Fokussierung auf den ersten Arbeitsmarkt die radikalsten Reformen durch. Es schloss die staatlichen Beschäftigungsbetriebe ohne für die gekündigten MitarbeiterInnen mit Behinderungen Auffangprogramme zu entwickeln.

Die Niederlande haben, obwohl es seit 2014 einen Aufnahmestopp gibt, noch immer die höchsten Beschäftigungszahlen im Geschützten Bereich. Sie setzen nun auf die Unterstützung durch Job Coaches.

Schweden, Deutschland und Österreich zeichnen sich aus durch differenzierte Förderprogramme und langsame Reformen, welche die Erlangung von sozialversicherungsrechtlich abgesicherten Arbeitsverhältnissen zum Ziel haben.

Als Begleitphänomene aktueller Reformen observierten wir die Fokussierung auf den ersten Arbeitsmarkt „um jeden Preis“, Sparpolitik, Wettbewerb und Ökonomisierung der Leistungen. Dies fördert das Abschöpfen der „Arbeitsmarkt-Fitteren“ (Creaming) sowie den Verbleib der „Unterstützungs-Intensiven“ in Arbeitslosigkeit oder Tagesstrukturen (Parking).

Einige Träger erhöhen durch Differenzierung des Leistungsspektrums die Wahlfreiheit der Zielgruppe. Außerdem bricht der geschützte Bereich nach „draußen“ auf: Träger der Geschützten Arbeit verbinden Beschäftigung in eigenen Betriebsstätten und Arbeitskräfteüberlassungen zunehmend mit Supported Employment-Maßnahmen am ersten Arbeitsmarkt.

Schlussfolgerungen für die Beschäftigungsförderung von arbeitsmarktfernen Menschen mit Behinderungen in Österreich

Die Studienautorinnen empfehlen eine Abkehr vom Entweder-Oder-Ansatz, weg von der Fokussierung auf Werkstatt oder freien Arbeitsmarkt. Geschützte Arbeit praktiziert bei Samhall in Schweden oder bei FAB in Oberösterreich bietet arbeitsmarktnahe, absichernde und bedürfnisorientierte Arbeitsmöglichkeiten in den „Zwischenräumen“ an.

Durch ein besser koordiniertes Ineinandergreifen rechtlicher Rahmenbedingungen könnten Lücken oder Fallen zwischen unterschiedlichen Systemen und Maßnahmen vermieden werden, z.B. durch die gesetzliche Verankerung des Rückkehrrechtes oder Erhalt der Anspruchsberechtigung von Transferleistungen.

Geschützte Arbeitsverhältnisse mit sozialversicherungsrechtlicher Absicherung geben Sicherheit und schaffen eigene Ansprüche. Gerade bei schlechter Arbeitsmarktlage stellt der Geschützte Bereich eine nachhaltige arbeitsmarktnahe Form zum Erhalt der Arbeitsfähigkeit dar.

Es muss die Möglichkeit der Vermittlung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt stärker im Geschützten Bereich verankert werden. Empowerment und individuelle Förderung soll die Beschäftigten im Geschützten Bereich stärken und sie auf ihrem Weg und in ihrem Tempo in den allgemeinen Arbeitsmarkt begleiten.

 

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