Bei der geplanten Novellierung des Behindertengleichstellungsgesetzes (BGG) ist es unbedingt erforderlich, das Konzept der sogenannten "Angemessenen Vorkehrungen" aus der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) zu verankern.
Zu diesem Schluss kommt eine Studie der Humboldt Law Clinic für Grund- und Menschenrechte, die in Zusammenarbeit mit der Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland (ISL) entstanden ist.
Die AutorInnen Felix Krah und Lea Zimmermann empfehlen dazu beispielsweise die Orientierung am Landesgleichstellungsgesetz von Sachsen-Anhalt, das dieses Konzept bereits beinhaltet. Ferner schlagen sie in ihrem 48-seitigen Gutachten auch die Aufnahme in das Allgemeine deutsche Gleichbehandlungsgesetz (AGG) vor.
Kern dieses Konzeptes, das unter anderem in den Artikeln 2 und 5 der UN-Behindertenrechtskonvention steht, ist die Gewährung von individuell angepassten Maßnahmen. Damit soll die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen sichergestellt werden, etwa durch die Bereitstellung von Gebärdensprachdolmetschung für eine gehörlose Person bei einer Veranstaltung. Wichtig dabei ist, dass die Verweigerung solcher Maßnahmen, wenn sie keine „unverhältnismäßige Belastung“ darstellen, als Diskriminierungstatbestand normiert wird. Damit ist das Individual-Konzept der „Angemessenen Vorkehrungen“ die unbedingt erforderliche Ergänzung zur Barrierefreiheit, die sich immer an eine ganze Gruppe von Personen richtet.
„Wir erwarten, dass auch die abschließenden Empfehlungen des UN-Fachausschusses für die Bundesregierung diese Idee aufgreifen werden“, so ISL-Pressesprecher H.- Günter Heiden. „Ein solcher Vorschlag der Länderberichterstatterin findet sich jedenfalls in der Pressemitteilung des Ausschusses über die Staatenprüfung Deutschlands.“
Felix Krah/ Lea Zimmermann: Das Konzept der angemessenen Vorkehrungen in der deutschen Rechtsordnung. Humboldt Law Clinic Grund- und Menschenrechte. Working Paper Nr. 6, Berlin 2015. Online verfügbar