Studie klagt unwürdigen Umgang mit behinderten Menschen in Europa an

Viele behinderte Menschen leben einer neuen EU-Studie zufolge unter menschenunwürdigen Bedingungen. Die Betreuung sei oftmals von "unannehmbar schlechter Qualität". Das teilte die Europäische Kommission in Brüssel mit.

Flagge Europäische Union
Europäische Union

Der Bericht empfiehlt, mehr gemeindenahe Dienste zu schaffen. Sie müssten nicht teurer sein, böten den Betroffenen aber mehr Lebensqualität. In Europa lebe mehr als eine Million behinderte Menschen in Heimen unterschiedlicher Art.

„Die Lebensqualität in diesen Einrichtungen ist sehr unterschiedlich und die Menschenwürde der Bewohner wird nicht immer geachtet“, so Sozialkommissar Vladimir Spidla. Er betonte Pressemeldungen zufolge in einer Mitteilung die wissenschaftliche Grundlage der Studie, die knapp 350. 000 Euro kostete. Spidlas Behörde verwies auch auf jüngste Medienberichte über katastrophale Zustände in bulgarischen Behindertenheimen.

„In der Tat stellen die Lebensbedingungen in Betreuungseinrichtungen bisweilen schwere Verstöße gegen international anerkannte Menschenrechtsstandards dar“, erklärte die Kommission. Die BBC berichtete vor zwei Wochen über Heime in Spidlas tschechischer Heimat, wo Kinder in Käfigbetten eingesperrt wurden.

Die EU-Studie verweist auf Berichte unter anderem von Amnesty International, wonach der bulgarische Staat noch vor wenigen Jahren nicht einmal genug Geld für die Ernährung von Heiminsassen bereitstellte.

In Deutschland waren dem Bericht zufolge noch Mitte der 70er Jahre unabhängig von der medizinischen Notwendigkeit ungefähr 600 000 Menschen in psychiatrischen Kliniken untergebracht, erinnert die Studie. Ein Untersuchungsausschuss des Bundestages deckte damals schreckliche Bedingungen in diesen Krankenhäusern auf. Noch immer würden Langzeitpatienten in psychiatrischen Abteilungen untergebracht. Man schätze ihre Zahl auf 20.000, offizielle Statistiken fehlten.

Ausführlich geht der Bericht, dessen Länderteil allein mehr als 600 Seiten umfasst, auch auf die Lage körperbehinderter Menschen in Deutschland ein. In den 1980er Jahren hätten diese Menschen häufiger einen persönlichen Assistenten bekommen, der ihnen ein selbstbestimmtes Leben erlaubte. Heute werde die Notwendigkeit einer persönlichen Assistenz oft aus Kostengründen infrage gestellt, heißt es in der Untersuchung. (Link zur Studie)

Hier beginnt der Werbebereich Hier endet der Werbebereich
Hier beginnt der Werbebereich Hier endet der Werbebereich