Studie: Menschen mit Behinderungen deutlich häufiger von Gewalt betroffen

Das Sozialministerium wurde 2017 vom Nationalrat beauftragt, in Zusammenarbeit mit der Volksanwaltschaft eine Studie zu „Erfahrungen und Prävention von Gewalt an Menschen mit Behinderungen“ durchführen zu lassen.

Vorstellung der Gewalt-Studie
BIZEPS

Diese wurde bei einer Arbeitsgemeinschaft unter der Leitung von Dr.in Hemma Mayrhofer in Auftrag gegeben. Mit der heute vom Sozialministerium veröffentlichten Studie zu „Erfahrungen und Prävention von Gewalt an Menschen mit Behinderungen“ liegen erstmals für Österreich aktuelle Daten zur Situation von Menschen mit Behinderungen in Einrichtungen vor.

„Jeder Übergriff, auch wenn er unbeabsichtigt erfolgt, ist einer zu viel. Diese Studie wurde in einem intensiven Diskussionsprozess mit Expertinnen und Experten erarbeitet und gibt erstmals eine umfassende Analyse für Österreich,“ ist Bundesministerin Brigitte Zarfl überzeugt.

Im Fokus der Studie war die Erhebung von Daten über Gewalterfahrungen im Verlauf des Lebens von Menschen mit Behinderungen, die Einrichtungen der Behindertenhilfe nutzen, in psychosozialen Einrichtungen leben oder sich im Maßnahmenvollzug befinden.

Insgesamt wurden bundesweit in 43 Einrichtungen Interviews mit 376 Menschen mit Behinderungen geführt. Weiters erfolgten 86 Interviews mit Personal der Einrichtungen sowie vertiefende Interviews mit 15 Menschen mit Behinderungen und 25 Expertinnen und Experten.

Wesentliche Ergebnisse der Studie sind: der Schlüssel für eine gewaltfreie Umgebung ist eine Organisationskultur auf Basis der UN-Behindertenrechts-Konvention. Dazu gehören die Achtung der Würde der Person, Selbstbestimmung, Empowerment, Selbstvertretung und Partizipation.

Die Einrichtungsgröße alleine lässt hingegen keinen Schluss auf ein mögliches Vorhandensein von Gewalt zu. Empfohlen werden eigene Gewaltschutzkonzepte, Interventionspläne, ausreichendes und geschultes Personal sowie der barrierefreie Zugang zu Informationen.

Vorstellung der Gewalt-Studie
BIZEPS

Weiters zeigt die Studie, dass – wie bei nichtbehinderten Menschen auch – ein Aufwachsen in einem von Lieblosigkeit und Gewalt geprägten Elternhaus den größten Risikofaktor darstellt, im gesamten Leben von Gewalt betroffen zu sein. Im Gegensatz dazu zeigt die Studie aber auch einige Good Practice-Beispiele auf und gibt eine Reihe von Empfehlungen ab, wie Gewalt verhindert werden kann.

Insgesamt zeigt die Studie, dass Menschen mit Behinderungen deutlich häufiger von Gewalt betroffen sind, als Menschen ohne Behinderungen. Eine besonders gefährdete Gruppe sind Menschen, die Unterstützungsbedarf bei Grundbedürfnissen wie beispielsweise der Körperpflege sowie bei der Kommunikation haben.

„Wichtig ist, die Ergebnisse und die Empfehlungen möglichst rasch zu verbreiten. Dieses Thema soll auch bei der Erstellung des neuen Nationalen Aktionsplans Behinderung eine wichtige Rolle einnehmen, damit Gewalt in Zukunft soweit als möglich verhindert werden kann“, so Sozialministerin Zarfl abschließend.

Siehe: Ö1, DerStandard

Video der Pressekonferenz

Wir haben auch ein kurzes Video der Pressekonferenz gemacht.

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4 Kommentare

  • Was beabsichtigt man mit dieser Studie und wem soll sie dienen???
    Ich denke vorrangig vielleicht doch den von Gewalt Betroffenen???
    Oder gibt es in unserem sog. Sozialstaat und in der hohen Politik jemand, dem diese Studie vielleicht nahe geht, und er sich folge dessen verantwortlich dafür fühlt, dass sich der Istzustand im Sinne der Betroffenen, endlich zum Guten wendet!
    Dazu bedarf es mehr als blose Lippenbekenntnisse, die nur den Sollzustand aufzeigen,
    sondern beherzte Menschen, die auch ihre jahrzehntelangen Ankündigungen, die wir nicht mehr hören können und wie ein Hohn in unseren Ohren klingen, endlich in die Tat umsetzen!!!
    Wo verstecken sich die vielen politisch Verantwortlichen, die wir schon jahrelang zu finden versuchen???

  • In unserem Fall musste meine Schwester, eine Frau mit Down Syndrom 6 Jahre lang warten, bis Experten zu dem Schluss kommen, dass Gewalt gegenüber Behinderten hierzulande trotz UN Konvention, ihren Alltag bestimmen!
    Da ich, als Angehörige und Erwachsenenschutzvertreterin auf die totale Fremdbestimmung, die fehlende Achtung und Würde ihrer Person und die nicht gelebte Partizipation hingewiesen habe, wurde meine Schwester folge dessen aus dem gesamten Betreuungssystem im Heimatbezirk ausgeschlossen und sitzt nun bereits das 6. Jahr ohne Beschäftigung und soziale Kontakte zuhause und fragt mich jeden Tag: “ Wann darf ich wieder arbeiten?“
    Das hat man davon, wenn man es wagt, auf grobe Menschenrechtsverletzungen aufmerksam macht!
    Vielleicht verhilft ihr diese Studie zu Arbeit?
    Warum schenkt man eigentlich nur den sog. Experten Glauben und nicht den Betroffenen und deren Angehörigen, die schon jahrzehntelang auf diesen unfassbaren und leidvollen Zustand aufmerksam machen?
    Ich könnte Ihnen viel über unsagbare Gewalt gegenüber Behinderten erzählen!!

  • ps.: der DIREKTE Link zur Studie: https://www.sozialministerium.at/dam/jcr:75161d57-cb4c-44f0-af8b-ab3bb1d42895/191211_BMASGK-Gewaltstudie.pdf

    (der andere Link führt nur auf die Seite des Ministeriums, auf der dann die Studie verlinkt ist – sorry)