Auch die Wiener Regierung vergisst die Anliegen behinderter Menschen.
Mit großem Stolz wurde gestern vom Wiener Finanzstadtrat Sepp Rieder der erste Nahverkehrszug Talent auf die Schienen des Wiener Schnellbahnnetzes gesetzt.
Ohne Erwähnung blieb bei diesem Festakt natürlich die Tatsache, dass diese Züge für behinderte Menschen nicht geeignet sind und auf diese Tatsache seitens der Behindertenorganisationen bereits seit vielen Monaten hingewiesen wird – leider ohne Erfolg.
Bereits vor einem Jahr richtete der ÖZIV einen offenen Brief an Wiens Bürgermeister Häupl, mit der Frage, warum die Gemeinde Wien wissentlich 25 Mio. in einen Zug investiert, der den Bedürfnissen von Menschen mit Behinderung nicht gerecht wird. Der Ruf verhallte ungehört – angeblich befindet sich die Gemeinde in der Geiselhaft der ÖBB. Sie muss zwar zahlen, darf aber inhaltlich nicht mitbestimmen.
In der Präsentation der ÖBB wird in der Rubrik „Fahrgastkomfort“ mit den Worten „Behindertenfreundliches geschlossenes Toilettesystem“ scheinbar auf die Bedürfnisse dieser Zielgruppe hingewiesen. Klingt ja fast komfortabel. Heißt aber nicht was es verspricht. Das Wort „geschlossen“ bezieht sich auf das Fäkal-Entsorgungssystem und hat nichts mit den Türen zu tun. Die meisten rollstuhlfahrenden Gäste müssen nach wie vor ihr Notdurft vor den Augen der anderen Fahrgäste verrichten, weil die Toilette zu klein und die Türe damit nicht schließbar ist.
„Vielleicht könnten wir die Verantwortlichen einmal in diese Situation bringen, damit sie endlich verstehen, wie menschenverachtend und unwürdig ihre Taten und deren Auswirkungen aus Sicht der Betroffenen wirklich sind“ wünscht sich Dr. Klaus Voget, Präsident des ÖZIV.
Sollten es die politisch Verantwortlichen irgendwann einmal doch schaffen, ein Behinderten-Gleichstellungsgesetz zu beschließen, wird sich diese Investition in Talentgarnituren als Fehlinvestition erweisen.