Arbos Theatervorführung

Theater blind erleben – Ein gelungenes Pilotprojekt

Am 26.4.2005 testeten sechs blinde und sehbehinderte ExpertInnen das neue Serviceangebot des Schauspielhauses Wien für sehbehinderte und blinde Theaterbesucher.

Wie erst kürzlich berichtet, öffnet das Schauspielhaus Wien seine Türen für sehbehinderte und blinde Menschen.

Das Serviceangebot des Schauspielhauses Wien für sehbehinderte und blinde Menschen umfasste:

  • die Abholung der sehbehinderten und blinden Theaterbesucher von der U2-Station Schottentor durch vom Schauspielhaus organisierte Assistentinnen, wobei jedem sehbehinderten und blinden Theaterbesucher eine AssistentIn von der Abholung über den gesamten Abend bis zur Rückbegleitung zur U-Bahn allein zur Verfügung stand;
  • die Begehung des Theaters, Zuschauerraumes und der Bühne, um ein Gefühl für das Aussehen und die Dimensionen des Theaters zu bekommen;
  • das Betasten der Requisiten und der Kostüme;
  • eine Kurzeinführung in das Stück durch die Schauspieler selbst;
  • Audiodeskriptive Erklärungen durch eigene Audiodeskriptoren während der gesamten Veranstaltung und
  • eine Reflexion mit den Projektverantwortlichen des Schauspielhauses und den AssistentInnen und AudiodeskriptorInnen im Anschluss an die Aufführung.

Und der Erfolg gibt den Projektbetreibern Recht. Die sehbehinderten und blinden ExpertInnen waren durchwegs von dieser Serviceleistung des Schauspielhauses Wien, die bislang einzigartig in Österreich ist, begeistert.

Prof. Erich Schmid (Lehrer am Bundes-Blindenerziehungsinstitut Wien, blind): „Also ich finde, dass die Einführung und das Rahmenprogramm für mich als blinden Theaterbesucher absolut wichtig war; ich hätte nie gedacht, dass die Bühne so klein ist. Und ohne Audiodeskription hätte ich eigentlich so gut wie nichts von dem Stück mitbekommen, wenngleich es sehr anstrengend ist, sich sowohl auf die Musik und die Vorgänge auf der Bühne als auch auf die Audiodeskription zu konzentrieren. Insgesamt gefällt mir dieser Service sehr gut.“

Ulli Krispl (Verein Blickkontakt, sehbehindert): „Für mich war die Audiodeskription eine echte Hilfe. Ich muss nämlich immer mit einem Fernrohr auf die Bühne schauen, was sehr anstrengend ist und Vieles bekomme ich trotz dieses Hilfsmittels nicht mit. Ich genieße es, wenn ich diese fehlenden Informationen von einem Audiodeskriptor bekomme. Außerdem fand ich es wirklich entspannend, das Theater nicht mühevoll suchen zu müssen, sondern von einer Assistentin dort hingeführt zu werden. Das ist ein wirklich tolles Angebot, das man sich für viele Kultureinrichtungen wünschen würde.“

Mag. Michaela Braunreiter (Verein MAIN, sehbehindert: „Also ich finde auch die Audiodeskription besonders wichtig, da man oft so kleine Details, die aber für die Handlung und das Verständnis wichtig sein können, nicht mitbekommt. Und auch die Einführung war für mich sehr hilfreich. Ein toller Service, der auch sehr gut funktioniert hat.“

Über dieses durchwegs positive Echo zeigte sich Walter Schorn, der Assistent der künstlerischen Leitung und Projektverantwortliche des Schauspielhauses, erfreut und meinte dazu abschließend: „Es freut mich sehr, dass das Pilotprojekt so gut angekommen ist. Uns war und ist wichtig, dass das keine Sonderveranstaltungen für behinderte Menschen werden, sondern dass Theaterbesucher mit Behinderung unser Kulturangebot vollinhaltlich und integrativ nutzen können. Wir wollen im Mai noch einmal ein Paar solcher Pilottermine anbieten, um unser Service noch weiter verbessern zu können. Und ab Herbst möchten wir das Service standardmäßig anbieten; unser Ziel ist es, dass eine einzelne Person einfach sagen kann, ich will ins Schauspielhaus gehen, und dann einfach telefonisch oder per Mail unser spezielles Servicepaket für sehbehinderte und blinde Menschen vorbestellen und in Anspruch nehmen kann und das ganz ohne Aufpreis, also gleichgestellt mit nichtbehinderten Theaterbesuchern.“

Nach diesem wirklich gelungenen Start im April, will das Schauspielhaus nun noch zwei Pilotveranstaltungen im Mai 2005 anbieten, um den Service für sehbehinderte und blinde Theaterbesucher ab Herbst dann standardmäßig und individuell anzubieten.

Am Donnerstag, dem 19.5.2005 sowie Freitag, dem 20.5.2005 haben blinde und sehbehinderte Menschen die Möglichkeit, die Theatervorstellung „Poppea“ mit einem auf ihre Bedürfnisse abgestimmten Rahmenprogramm zu erleben.

Jedem blinden oder sehbehinderten Besucher wird bei Bedarf ein Assistent zur Verfügung gestellt. Die Besucher werden um 18.15 Uhr von ihren Assistenten auf dem Bahnsteig der U2 Haltestelle Schottentor – Universität – persönlich abgeholt und bis zu ihrem Sitz im Theatersaal begleitet (cirka 5 bis 10 Gehminuten von der U-Bahn bis zum Theater). Nach der Vorstellung werden die Gäste dann selbstverständlich wieder sicher zur U-Bahn Station geführt.

Vor Beginn der Aufführung besteht die Möglichkeit, Bühne, Requisiten und Kostüme zu besichtigen und die Schauspieler persönlich kennen zu lernen. Im Rahmen einer allgemeinen Einführung werden die Gäste mit der Erzählstruktur und dem Handlungsablauf vertraut gemacht. Für all jene, die selbständig direkt ins Theater kommen möchten, ist der Treffpunkt für die Einführung um 18.30 Uhr im Foyer des Schauspielhauses.

Während der Aufführung erhalten die Besucher von ihren Assistenten eine live Audiodeskription (Einflüstern!) zu den Geschehnissen auf der Bühne. Für Interessierte sind die wichtigsten Informationen zu „Poppea“ auch schon im Vorfeld auf der blindenfreundlichen Website des Schauspielhauses unter www.schauspielhaus.at abrufbar.

Da den Projektbetreibern des Schauspielhauses Wien die ständige Weiterentwicklung ihres Konzeptes und besonders die Bedürfnisse von blinden und sehbehinderten Theaterbesuchern wichtig sind, soll es im Anschluss an die Vorstellung auch die Möglichkeit für ein persönliches Feedback in angenehmer Runde geben.

Der Kartenpreis beträgt einheitlich 16 Euro beziehungsweise 7 Euro für Studenten inklusive Betreuung und Einführung. Da es sich noch um eine Pilotprojektphase handelt und jedem sehbehinderten und blinden Besucher eine optimale Betreuung und ein schönes Theatererlebnis geboten werden soll, steht für die Aufführungen am 19. und 20. Mai nur eine begrenzte Zahl an Plätzen für sehbehinderte und blinde Menschen zur Verfügung. Die Reservierung der Plätze erfolgt nach Eingangsdatum der Anmeldung. Die Mitnahme von Blindenführhunden ist möglich, sollte aber jedenfalls rechtzeitig angekündigt werden.

Für weitere Informationen und Ihre Reservierungswünsche steht Ihnen unter den folgenden Kontaktmöglichkeiten Frau Simona Thalhamer gerne zur Verfügung: simona.thalhamer@gmx.at, Telefon: 0676 / 66 11 867

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