Tirol: Mehr Barrierefreiheit in neu gebauten Wohnungen gefordert

Behindertenvertreterinnen und -vertreter weisen darauf hin, wie wichtig es ist, dass 100 Prozent der neu gebauten Wohnungen barrierefrei gestaltet werden.

Bauplan mit Zirkel
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Wendekreise mit eineinhalb Metern Durchmesser in allen Wohnungen zu berücksichtigen, würde den Flächenbedarf um acht Prozent in die Höhe treiben, breite Gänge und rollstuhlgerechte Badezimmer heißen weniger Platz für Kinder- und Wohnzimmer und 100 Prozent der Wohnungen barrierefrei zu gestalten, heize die Baukosten an.

Argumente, wie sie der Geschäftsführer der Wohnbaugesellschaft „Neue Heimat Tirol“, Markus Pollo, ins Feld führt, kennt man, wenn es um das Thema Barrierefreiheit geht. Diese wird leider immer wieder infrage gestellt, auch wenn es um das Thema Bauen geht. 

Zu wenig barrierefreie Wohnungen in Tirol

In Artikel 9a) der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen geht es um Barrierefreiheit. Auch Wohnhäuser sind barrierefrei zu gestalten, heißt es dort. Artikel 19a) der UN-Konvention sichert Menschen mit Behinderungen zu, ihren Aufenthaltsort selbst zu wählen und zu entscheiden, wo und mit wem sie leben möchten. Doch die Voraussetzungen dafür sind derzeit in Tirol nicht gegeben.

Nur vier Prozent der Wohnungen in Tirol wären barrierefrei, erläutert Volker Schönwiese gegenüber der Tiroler Tageszeitung und fügt hinzu, dass es sehr schwer für Betroffene ist, eine Mietwohnung zu finden.

Er und andere Behindertenvertreterinnen und -vertreter sind darüber beunruhigt, dass Vertreterinnen und Vertreter der Wirtschaftskammer und der „Neuen Heimat Tirol“ darüber nachdenken, ob neu gebaute Wohnungen tatsächlich zu 100 Prozent barrierefrei sein müssten. Volker Schönwiese meint:

Wenn 50 Prozent des gesamten Wohnbestandes in Tirol barrierefrei sind, kann man allenfalls über die Quote reden.

Ebenfalls dieser Meinung sind die Stadträtin Elisabeth Mayr und die Vorsitzende des Behindertenbeirates Innsbruck, Elisabeth Rieder. Barrierefreies Bauen sei kein Gnadenakt, so Rieder.

Mayr und Rieder verweisen außerdem auf eine Studie der ETH Zürich, welche die Mehrkosten für barrierefreies Bauen auf 0,4 Prozent berechnet, wenn die Barrierefreiheit von Anfang an mitgedacht wird. Ähnliches belegt auch eine deutsche Studie aus dem Jahr 2017.

Schönwiese gibt zu bedenken, dass Barrierefreiheit auch älteren Menschen nützt. Eine hundertprozentige Barrierefreiheit im Eigentumsbereich fordert er zwar nicht, aber: „Man könnte die Wohnbauförderung daran knüpfen, ob jemand zu 100 Prozent barrierefrei baut oder nicht.“

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Ein Kommentar

  • Wir brauchen mehr Öffentlichkeitsarbeit und Bewusstseinsbildung.

    Es ist tragisch, vor allem für kommende Generationen, wenn noch immer solche rückständigen Argumente herumschwirren. Wirksam werden die Bauvorschriften ja ohnehin erst in vielen Jahren.

    Aber wenn wir nicht heute anfangen, dann ist es für Generationen zu spät.