Sollen Straßen nach Opfern der nationalsozialistischen Euthanasie benannt werden?
Zwischen 1940 und 1945 fielen rund 380 Personen aus dem Psychiatrischen Krankenhaus Hall (PKH) der nationalsozialistischen Euthanasie zum Opfer. Sie wurden nach Hartheim bzw. Linz-Niedernhart gebracht und ermordet.
Der Künstler Franz Wassermann hat zum Gedenken an diese Opfer eine Reihe von Aktionen gestartet und am 13. Jänner 2005 im Rahmen einer Pressekonferenz einen Zwischenbericht gegeben.
Die „Prozesse der Erinnerung“ haben bereits begonnen: In mühevoller Kleinarbeit hat Franz Wassermann in Zusammenarbeit mit der Wäscherei P Kulturprojekt im PKH 380 Namen von Haller Patientinnen bzw. Patienten in bereits veröffentlichten Opferlisten recherchiert. Das PKH selbst hat noch vorhandene Dokumente zur Verfügung gestellt.
„Straßen Namen geben“
Ende Mai 2004 hat der Künstler an die 193 Heimatgemeinden der Ermordeten geschrieben, sie mögen eine Straße, einen Platz oder einen Park nach ihren ehemaligen Mitbürgerinnen bzw. Mitbürger benennen. Mittlerweile haben sich rund 75 Gemeinden bei Franz Wassermann schriftlich gemeldet.
In Volders werden demnächst eine „Siegfried-Rudovsky-Straße“ und eine „Heinrich-Arnold-Straße“ entstehen. Gemeinden wie Imst, Vomp, Bregenz, Bludenz und Salzburg haben die Namen der Opfer bereits auf die Evidenzlisten für kommende Straßenbenennungen gesetzt.
Manche Gemeinden – wie z. B. Jerzens im Pitztal und Frastanz in Vorarlberg haben Gedenktafeln angebracht bzw. überlegen die Anbringung (Baumkirchen, Kundl, St. Anton und Schwoich). Pians möchte eine Brücke nach Erich Lederle – einem der Opfer – benennen. Manche Gemeinden – wie z. B. Wien – haben noch keine Entscheidung getroffen.
Die gesammelten Reaktionen sind auf der Internetseite von Franz Wassermann abrufbar.
„Park der Erinnerung“
Mit dem Konzept eines „Park der Erinnerung“, kehrt Franz Wassermann an den Ort des Geschehens zurück: Der ehemaligen Heil- und Pflegeanstalt Hall – von wo die etwa 380 Patientinnen bzw. Patienten nach Hartheim bzw. Linz-Niedernhart in Oberösterreich transportiert worden sind. Das Konzept sieht vor, dass Porzellantafeln mit Namen und – wenn möglich – Fotos der Ermordeten in Bäume am PKH-Gelände eingearbeitet werden.
Baum und Tafel werden miteinander verwachsen wie es die Zeit mit den Erlebnissen macht. „In jeden dieser lebenden Bäume wird ein Teil der Vergangenheit eingepflanzt“, erklärt der Künstler. „So werden die Toten mit dem Lebendigen verbunden. Den anonymen Opfern werden ihre Namen zurück gegeben und ihnen wird damit ein Platz in unserem kollektiven Gedächtnis eingeschrieben. Die eingearbeiteten Erinnerungen polen den Tatort um zu einem Ort, der zur Reflexion einlädt.“
Die Bevölkerung wird um Mitarbeit gebeten: Der Künstler hätte gerne Fotos von den Opfern, die er als Vorlage für die Porzellantafeln verwenden kann.