Knapp vor Weihnachten fanden Bremstest mit der U-Bahn der Linie 6 in der Abstellanlage Rösslergasse in Wien statt. Die Ergebnisse wurden festgehalten; nun werden die notwendigen Verbesserungsmaßnahmen erhoben und geplant.
„Das gefährlichste bei einer Notbremsung sind für mich als Rollstuhlfahrerin eindeutig die stehenden Fahrgäste“, fasst die BIZEPS-Mitarbeiterin Cornelia Scheuer ihre Erlebnisse bei den U6-Bremstests der Wiener Linien mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von BIZEPS am 20. Dezember 2006 zusammen.
Anhand von vorher vereinbarten Schritten wurde die U-Bahn auf dem Probegleis in der Abstellanlage Rösslergasse auf 60 Stundenkilometer beschleunigt und dann zum Stillstand gebracht. Begonnen wurde mit Bremsungen, wie sie im täglichen Betrieb vorkommen. Beendet wurden die Tests mit Notbremsungen, die nur in äußersten Gefahrensituationen angewandt werden.
U6 ist anders
Die Platzverhältnisse der U6 unterschieden sich – bezogen auf Rollstuhlfahrerinnen und Rollstuhlfahrer – leicht von jenen, die man in den alten U-Bahnen „Silberpfeil“ vorfindet. Das Anprallbrett ist in der U6 weniger breit, der Rollstuhl- und Kinderwagenplatz recht eng dimensioniert.
Drei Erkenntnisse konnten bei den von den Wiener Linien und BIZEPS – Zentrum für Selbstbestimmtes Leben gemeinsam durchgeführten Tests gewonnen werden.
- Das Prallbrett muss vergrößert werden.
- Der Rollstuhlplatz muss vergrößert werden.
- Rollstuhlfahrerinnen und Rollstuhlfahrer stehen fester als stehende Fahrgäste.
Die ersten zwei Punkte waren schnell erkannt. Das Prallbrett hinter dem Rollstuhlplatz ist derzeit zu klein. Für die Tests wurde von Mitarbeitern der Wiener Linien schon ein größeres Prallbrett montiert und dieses hat sich als sehr tauglich erwiesen.
Ein größeres Problem stellt der derzeit zu kurze Rollstuhl- und Kinderwagenplatz dar. Abhilfe könnte hier durch das Anbringen eines Klappsitzes statt des derzeitigen fixen Sitzes beim Rollstuhlplatz geschaffen werden.
Nicht quer zu Fahrtrichtung stehen
Die dritte Erkenntnis war für einige überraschend. Die Rollstuhlfahrerinnen und Rollstuhlfahrer hatten – im Gegensatz zu stehenden Fahrgästen – selbst bei Notbremsungen keine Schwierigkeiten. „Ich hatte ziemlichen Respekt vor den Bremstests und war vorsichtig und hielt mich an Sicherheitsregeln. Daher waren die Bremsungen für mich weniger durchrüttelnd, als für die Mitarbeiter der Wiener Linien“, resümiert Scheuer.
Die wichtigsten Sicherheitsregeln für Rollstuhlfahrerinnen und Rollstuhlfahrer lauten: Immer mit oder gegen die Fahrtrichtung stehen und den Rollstuhl am besten an eine Wand anlehnen. Quer zur Fahrrichtung stehen sollte unbedingt vermieden werden, weil sonst hohe Kippgefahr besteht.
Die Erkenntnisse bezüglich Bremsungen und die größere Gefahr für stehende Fahrgäste als für rollstuhlbenutzende decken sich übrigens mit jenen, die vor rund 20 Jahren in Deutschland mit Rollstuhlfahrerinnen und Rollstuhlfahrern in Niederflurbussen gemacht wurden.
NP,
10.01.2007, 12:47
Ich denke, dass die Fahrer teilweise zu wenig Überblick über die Lage haben wenn behinderte Menschen einsteigen! vielleicht ist in Autobussen und Straßenbahnen nicht so schlimm, jedoch bei den U-Bahnen ist es kaum möglich ohne weitere Hilfsmittel nach hinten zu sehen. Ich weiß zwar nicht wieweit sich die Lage jetzt schon verbessert hat, jedoch da sollte man vielleicht darüber nachdenken eine einfache Camera zu installieren. Dadurch wäre gesichert, dass der Fahrer immer einen Überblick über diese spezielle Plätze hat und so notwendig auf die spezielle Lage reagieren kann.
Ich kann es mir persönlich als E-Rollstuhlfahrer nicht erlauben, durch mein ungesicherte hinstellen oder durch das abrupte abfahren auszurutschen und in einen Kinderwagen oder in einen Mitfahrer hinein zu fahren und jemand zu verletzen. Das ganze wäre beim Autobus oder bei der Straßenbahn leichter zu realisieren, zum Beispiel mit seinen Spiegel. Falls natürlich das nicht schon gibt!
M.H.,
10.01.2007, 08:40
Es gäbe auch bei den (nicht so) neuen Niederflurbussen einiges zu verbessern. Als Krückengeher will man sich auf den Platz hinter dem Fahrer oder bei Tür 1 vorne setzen, damit man beim Aussteigen auch gesehen wird. Nun muss man dazu eine Stufe erklimmen, und dazu die Krücken in die Ecke lehnen, um sich mit den Armen hochziehen zu können. Leider besteht dort am Boden ein Spalöt, in den Gehstöcke hineinrutschen. Wenn der Fahrer dann die Tür schließt, klemmt sich die Krücke ein, und man hat Probleme, sie wieder heraus zu ziehen.
Bei den ganz neuen Bussen gibt es eine Glasplatte vor dem ersten Sitz, kein Spalt. Die Modelle mit Spalte zwischen Boden und dem Prallbrett sollten dringend saniert werden! Sonst drehen die 11A- Fahrer wirklich durch … (wie am 9.1. um 18 Uhr fast passiert)
NP,
09.01.2007, 22:29
Das sind schon einmal sehr gute Erkenntnisse! Jedoch sollte man einige andere sehr wichtige Punkte auch überdenken. Meistens ist die Zeit, die man zum ein- und aussteigen hat, sehr kurz und man hat kaum Zeit sich an den richtigen Platz durchzukämpfen und dann noch richtig zu positionieren! Denn z.B. der E-Rollstuhl sollte bei Abfahrt schon ausgeschaltet sein und die Hand nicht auf Steuerung seien!
Das alles, ist bei der kurzer Zeit die man zur Verfügung hat kaum oder schwer möglich. Noch schlimmer wird es wenn die U-Bahn sehr voll ist, oder auch Kinderwagen dort stehen. Es ist auch nicht immer gut zu erkennen im voraus ob genug Platz in der U-Bahn da ist, und man kann kaum in der kurzer Zeit umkehren und wieder aussteigen.
Ich muss auch zugeben, dass ich wenig Erfahrung mit der U-Bahn habe, eben aus den oben genannten Gründen. Ich hatte zwar die Gelegenheit bei einer Einladung der Wiener-Linien das alles mit einer Gruppe auszuprobieren, jedoch für mich im wirklichen Leben und alleine ist es zu gefährlich. Es ist aber erfreulich zu sehen das doch immer wieder versucht wird einiges zu tun, und dann etwas positives herauskommt!