Umfassende Barrierefreiheit – Inklusive Planungsgruppe hilft, sie zu erreichen

Wie kommt es dazu, dass so vieles für so viele Menschen nicht zu verwenden ist?

Österreichischer Behindertenrat
Österreichischer Behindertenrat

Viele Menschen werden im Alltag behindert. Sie stolpern in Gehbereichen über E-Scooter oder Pflanzentröge, die sich farblich nicht vom Bodenbelag unterscheiden.

Sie können nicht um Hilfe rufen, denn sie erreichen Notrufelemente nicht, weil sie zu hoch montiert sind.

Ein Kinobesuch ist nicht möglich, weil die Filme nicht mit Untertitel gezeigt werden und für die Publikumsdiskussion mit der Regisseurin keine ÖGS-Dolmetscherin da ist.

Menschen mit Behinderungen können sich nicht schützen – sie können „Alles gurgelt“ oder die „Stopp Corona App“ nur schwer nutzen, weil sie für sehende Menschen entwickelt wurden. Sie schneiden sich beim Stiegensteigen bei der Benutzung eines Handlaufes die Finger auf. Sie nutzen Apps nicht, weil sie kein Smartphone haben, oder ihre Bedienung zu kompliziert ist.

Während manche alle Möglichkeiten haben und nicht wollen, wollen viele Menschen mit Behinderungen, können aber nicht, weil sie behindert werden.

Menschen ohne Behinderungen überfordert

Wie kommt es dazu, dass so vieles für so viele Menschen nicht zu verwenden ist? Die Entwickler*innen von Produkten und Dienstleistungen denken offenbar nicht weit genug. Manche gehen von sich selbst aus und meinen, das wäre genug. Andere wiederum schaffen Diskriminierungen sehenden Auges. Viele sind überfordert.

Am laufenden Band werden neue Produkte und neue Technologien geschaffen. Da sind viele Techniker schon zufrieden, wenn sie es schaffen, ihre Technologie zum Laufen zu bringen. Daran zu denken, dass sie auch für alle verwendbar sein muss, überfordert viele Menschen ohne Behinderungen.

Selbst hochrangige Entscheidungsträger in Konzernen gehen von falschen Annahmen aus, wenn sie sagen, als Techniker könne man es nicht allen recht machen und eine 80 prozentige Zufriedenheit sei genug. In diesen Fällen ist Unterstützung gefragt.

Barrierefreiheit fällt nicht vom Himmel

Am Anfang braucht es eine Erkenntnis. „Ich weiß, dass ich nichts weiß.“ Oder besser: „Ich weiß, dass ich allein zu wenig weiß.“ Und es braucht den Wunsch und die Entschlossenheit, etwas zu schaffen, das für alle nutzbar ist. Dann kann geholfen werden.

Barrierefreiheit entsteht nicht automatisch, sondern benötigt einen bewusst gestalteten Prozess. Dabei kommt der frühen Einbindung von Expert*innen mit Behinderungen eine bedeutende Rolle zu. Fehler und Barrieren werden frühzeitig vermieden.

Eingebrachte Anforderungen werden ernst genommen, in der Folge kommt es zu Austauschtreffen, zu einem Dialog über den Fortschritt der Entwicklung. Es kommt zu Tests von Prototypen und Adaptierungen. Am Ende steht ein barrierefreies, auch für Menschen mit Behinderungen verwendbares, Produkt.

inklusive Planungsgruppe – das Non plus ultra

Die frühzeitige und dann kontinuierliche Einbindung auf Augenhöhe, die Sicherstellung eines partizipativen Planungsprozesses, ist eine Voraussetzung für barrierefreie Gestaltungen.

Ebenso entscheidend ist, wer berät. In der inklusiven Planungsgruppe des Österreichischen Behindertenrates bringen Expert*innen von vielen verschieden Interessenvertretungen ihre Erfahrungen und Expertise ein. Derzeit sind das:

  • BIZEPS
  • BKMF (kleinwüchsige Menschen und ihre Freunde)
  • Blinden und Sehbehindertenverband Wien/NÖ/Bgld
  • Forum Lichterkette
  • Hilfsgemeinschaft der Blinden und Sehschwachen
  • Blindenwohlfahrt
  • Gehörlosenbund
  • Schwerhörigenbund
  • Selbstvertretungszentrum Wien
  • ÖZIV Bundesverband
  • Verein Blickkontakt

Die Vielfalt der Organisationen und Expert*innen ermöglicht eine Vielzahl an Perspektiven und stellt sicher, dass auf niemanden vergessen wird. Die Vertreter*innen bringen zusätzlich zu ihrer persönlichen Expertise, das Erfahrungswissen ihrer Organisationen ein. Die Zusammensetzung der inklusiven Planungsgruppe und ihr Engagement stellt ein Alleinstellungsmerkmal in Österreich dar und ermöglicht umfassende Barrierefreiheit. Die inklusive Planungsgruppe lebt vom Engagement der Mitglieder. Nachfolgend sprechen einige Mitglieder an, was ihnen wichtig ist.

Helene Jarmer (Österreichischer Gehörlosenbund)

Für mich ist die Planungsgruppe ein wichtiger Schritt in die Richtung breite Partizipation. Als Vertretung für die Zielgruppe gehörloser, schwerhöriger und taubblinder Menschen mit dem Schwerpunkt Gebärdensprache können wir mögliche Barrieren aufzeigen. Es ist ein großer Vorteil, wenn wir unsere Anliegen schon bei der Planung einbringen können und diese im Prozess berücksichtigt werden. Besonders gut finde ich die Bündelung der Kräfte für gemeinsame Ziele – gemeinsam treten wir stärker auf, als jede*r einzeln in eigener Sache. Ein aktuelles Beispiel dafür ist die Thematik der Avatare, wo ich für die Unterstützung der anderen Beteiligten sehr dankbar bin.

Das gemeinsame Handeln soll in Zukunft auf allen Ebenen ausgebaut und ein fester Bestandteil werden, damit wir nicht im Nachhinein um die Aufhebung von Barrieren kämpfen müssen, wie beispielsweise bei der Maskenpflicht.

Brigitte Heller (Verein Lichterkette)

Durch die inklusive Planungsgruppe besteht die Möglichkeit, von mehreren Stakeholdern aus dem Bereich der Interessensvertretung eine umfangreiche Expertise einzuholen.

Ein besonders guter Planungsprozess erfolgt gerade im Bereich der Mobilität, konkret im Bereich der Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln für Menschen mit Angsterkrankungen, durch die Wiener Stadtwerke. In Zukunft wäre eine Einbeziehung der Planungsgruppe zu einem früheren Zeitpunkt wichtig. Dadurch wird es möglich, die notwendigen Maßnahmen für Barrierefreiheit zu setzen. Eine weitere wichtige Entwicklung ist auch die finanzielle Honorierung der Arbeit von Expert*innen mit Behinderungen.

Markus Ladstätter (BIZEPS)

Das gemeinsame Auftreten vieler Organisationen bei Planungen zu Barrierefreiheit zeigt, dass Barrierefreiheit ein sehr breit gefächertes Thema ist und viele verschiedene Facetten hat. Es zeigt den Unternehmen auch, dass es mehr gibt, als nur Rollstuhlfahrer*innen oder blinde Menschen, auch wenn das zwei Gruppen sind, die sehr oft in Medien Erwähnung finden. Gemeinsam können wir so Lösungen vorschlagen, die für alle gut nutzbar sind.

Im Laufe der Zeit gab es für ein Unternehmen eine Beratung, wo im Prozess klar wurde, dass noch einmal komplett von vorne begonnen werden musste mit der Planung aufgrund mangelhafter Barrierefreiheit. Das hat zwar für das Unternehmen Verzögerungen verursacht, führte aber schlussendlich zu einem viel besseren Ergebnis. Für die Zukunft wünsche ich mir, dass unsere Ideen und Kritikpunkte frühzeitig und ehrlich aufgegriffen werden, um so zu noch besseren Lösungen gelangen zu können.

Umfassende Barrierefreiheit hoch im Kurs

Die vielfältige Expertise der inklusiven Planungsgruppe wird immer öfter erkannt. Ob TV Sender, Ministerien, Rehabilitations-Einrichtungen oder internationale Projektanfragen – gemeinsam wird an bestmöglicher Barrierefreiheit gearbeitet. Gute Aussichten für mehr Barrierefreiheit!

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