Umgang mit Barrierefreiheit in der Wiener Hotelszene lässt zu wünschen übrig

Schon eine Studie aus dem Jahr 2019 zeigte: Mehr als die Hälfte der befragten Hotels haben keine nützlichen Informationen zur Barrierefreiheit.

Hotel
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Artikel 30 der UN-BRK beschreibt das Recht auf Teilhabe am kulturellen Leben sowie an Erholung, Freizeit und Sport. Für Personen mit Behinderung ist barrierefreies Reisen aber noch lange keine Selbstverständlichkeit.

Die Probleme beginnen schon bei der Auswahl des richtigen Hotels. Denn mit einem Aufzug ist es noch lange nicht getan, wenn es um Barrierefreiheit geht. Die Zimmer müssen beispielsweise groß genug sein, um sich mit dem Rollstuhl darin bewegen zu können und auch über barrierefreie Ausstattung, wie zum Beispiel Haltegriffe, verfügen.

Die Praxis zeigt, dass, wenn sich Hotels als barrierefrei beschreiben, es noch lange nicht bedeutet, dass es so ist. Diese Erfahrung hat auch Michael Sicher gemacht. Er ist Gründer der Plattform roomchooser.com.

Die Plattform hat sich zur Aufgabe gemacht, Informationen über die Barrierefreiheit von Wiener Hotels bereit zu stellen.

Sicher ist der Meinung, dass die Wiener Hotels einiges verpassen, wenn es um das Thema Barrierefreiheit geht. Das beginnt schon bei der Genauigkeit der Informationen über Barrierefreiheit.

“Wenn ich von einem Hotel höre, ‘das Badezimmer ist rollstuhlgerecht, der Rest des Zimmers ist rollstuhlfreundlich’, werde ich wohl kaum buchen”, meint Sicher gegenüber BIZEPS.

Oft empfinde er barrierefreie Zimmer als lieblose Alibi-Aktion. „Ich vermisse hier die Wertschätzung gegenüber Reisenden mit Behinderung.”

Wie barrierefrei sind Hotels in Wien tatsächlich?

Mit diesem Thema beschäftigte sich ein von der Firma roomchooser in Auftrag gegebenes Praxisprojekt des Studienganges Tourismusmanagement. Diese vom 25. Oktober 2019 bis 1. November 2019 laufende Studie ermittelte vor allem die Kompetenz der Wiener Hotels im Umgang mit mobilitätseingeschränkten Gästen.

Mit Hilfe von Mystery Guest Anfragen (verdeckte Anfragen, bei denen man sich als Gast ausgibt) wurden Hotels nach den Kategorien barrierefrei und rollstuhlgerecht aussortiert. Die Filterung ergab 273 Hotels, von denen schlussendlich 90 Hotels zur Befragung ausgewählt wurden. Für die genaue qualitative und quantitative Analyse wurden 30 Betriebe durch Zufall ausgewählt.

Im Zuge der Studie kam heraus, dass die Liste des Wiener Tourismusverbandes bezüglich der barrierefreien Hotels nicht korrekt ist. 31 % der befragten Hotels waren gar nicht barrierefrei. Zudem zeigte sich, dass mehr als die Hälfte der befragten Hotels keine nützlichen Informationen zu Barrierefreiheit bieten.

Nachbesserungsbedarf beim Wiener Tourismusverband

Die Studie gibt nur einen kleinen Einblick, wie der Umgang mit Barrierefreiheit aussieht und lässt keine Aussage auf die Gesamtheit der Wiener Hotellerie zu, da die Stichprobe sehr klein ist. Dennoch lassen sich Schlussfolgerungen aus den Ergebnissen ziehen.

Der Wiener Tourismusverband sollte die Auflistung barrierefreier Hotels überarbeiten und zudem mehr auf Austausch mit den Hotels setzen, um besser auf dem neuesten Stand zu sein. Auch sollten Hotels mit barrierefreien Zimmern schneller alle wichtigen Informationen und Fotos austauschen.

Michael Sicher wundert sich über das Verhalten der Wiener Hotels. ”Es kann nur an der Unsicherheit gegenüber Gästen mit Behinderung liegen. Warum sonst sollten Hotels ihre barrierefreien Zimmer regelrecht verstecken und auf Buchungsfragen unzureichend reagieren?”

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8 Kommentare

  • Darum wollte ich ein barrierefreies Hotel was ich vorgeschlagen habe aber ihr habt das ja abgelehnt jetzt siehst du selber wie es notwendig ist ein barrierefreies
    Hotel wichtig ist.

    • Meine Vision für roomchooser ist es, überall einfach ein geeignetes barrierefreies Hotelzimmer finden zu können, wo man hin will. Jedes Zimmer zählt, weshalb auch keine Hotels abgelehnt werden. Jedoch müssen sie für die Aufnahme Mindestkriterien erfüllen und sich vertraglich verpflichten, dass sie korrekt sind. Einige Hotels wollen nicht gelistet werden, obwohl sie gut barrierefrei ausgestattet sind.

  • Und sollte es dann doch mal ein annehmbares bf Hotelzimmer geben, dann zahlst du mit Sicherheit einen höheren Preis, weil es keine bf Standardzimmer gibt. Sie werden immer in den höheren Segmenten gelistet.
    Österreichweit gesehen, ist es nach meiner Erfahrung mit der fehlenden Bf am schlimmsten im Burgenland und Kärnten.

  • Das oben gesagte sind leider auch meine Erfahrungen, die ich heuer bei der Planung meines Wien-Urlaubs gemacht habe! Rollstuhlgerechte Dreibettzimmer (mit Zusatzbett) sind überhaupt eine Rarität.

  • Der Artikel gefällt mir. Wie sieht es in den anderen Bundesländern aus?
    Was muss ein Hotelier machen damit er Barrierefrei ist, an welche ÖNORM muss er sich halten? Wer kann ihm beraten damit sein Hotel barrierefrei wird?
    Das fehlt mir in dem Artikel dann leite ich ihn gerne weiter.

    • Ich kann nur von meinen Erfahrungen in OÖ sprechen, da sieht es auch nicht anders aus!

    • Die ÖNORM B1603 „Barrierefreie Tourismus- und Freizeiteinrichtungen“ ist eine Empfehlung. Beratung biete ich gerne an, siehe https://roomchooser.com/de/fuer-hotels

  • Es wäre so einfach, Zimmerplan online stellen !