Umstrittener Philosoph Peter Singer referiert in Wien!

Peter Singer sorgt seit Jahrzehnten mit seinen oft provokanten Vergleichen und Abwertungstendenzen gegenüber behinderten Menschen bzw. behinderten Neugeborenen international für Negativschlagzeilen.

Peter Singer
Peter Singer im März 2009 von Joel Travis Sage / CC BY 3.0

Am 18. Juni 2016 um 15:30 Uhr hält der australische Philosoph, Tierrechtsschützer und umstrittene Bioethiker Peter Singer einen Vortrag im Naturhistorischen Museum in Wien zum Thema „40 Years of Animal Liberation“.

In einem aktuellen APA-Interview versucht Peter Singer, seine Thesen zu relativieren und spricht von einem „Missverständnis“.

Er hinterfrage z.B. nur die strikte ethische Trennung zwischen Fötus und Neugeborenen: „Schwangere Frauen haben die Möglichkeit, einen Abbruch durchführen zu lassen, wenn sich herausstellt, dass das Kind schwere Behinderungen haben wird. Kurz nach der Geburt ist das nicht mehr möglich, obwohl das ethisch eine sehr ähnliche Situation ist. Noch einmal: Das hat nichts damit zu tun, dass das Leben von Personen mit Behinderungen weniger wert ist. Menschen mit Behinderungen, die im täglichen Leben ihre eigenen Entscheidungen treffen können, soll das unbedingt möglich gemacht werden.“

Fragwürdiges Bild von behinderten Menschen

Ganz andere Töne waren von Peter Singer hingegen in einem Interview in der Neuen Zürcher Zeitung vom 24. Mai 2015 zu hören. Einige Beispiele: „Ich halte es für vernünftig, PID (= Präimplantationsdiagnostik, Anm.d.Red.) zu erlauben. Ein Embryo hat kein Recht auf Leben. Es ist nicht falsch, ihn zu verwerfen, wenn man ein Kind mit Genen, die zu einer Behinderung führen, nicht will.“

Zur Tötung eines Neugeborenen führt er aus: „Es gibt Umstände, in denen ich das für gerechtfertigt halte, ja. Etwa bei einem extrem Frühgeborenen mit einer so massiven Hirnblutung, dass das Kind seine Mutter nie erkennen und anlächeln wird.“

Weiters plädiert er für einen Zugang zu Suizidmitteln. Zu einem dadurch möglichen Druck auf alte, pflegebedürftige Menschen meint er: „Wenn seine Lebensqualität eher schlecht ist und er sieht, wie seine Tochter viel Zeit aufwendet, um sich um ihn zu kümmern, und dabei ihre Karriere vernachlässigt, dann ist es vernünftig, ihr nicht weiter zur Last fallen zu wollen.“

Der aktuelle Vortrag von Peter Singer zu „40 Years of Animal Liberation“ klingt harmlos, ist es aber nicht.

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4 Kommentare

  • @N: Anonym zu entgleisen scheint ja ziemlich einfach zu sein… .

    Die Selbstbestimmung der Frau wurde und wird immer dann herausgeholt, wenn es gerade sinnvoll erscheint. Seltsamerweise endet diese, wenn sie sich z. B. für ein behindertes Kind entscheidet, aber Unterstützung braucht, damit dieses Kind (das vielleicht ebenfalls weiblich ist), gut heranwachsen kann, ohne dass die Mutter/Eltern auf dem Zahnfleisch geht/gehen und sich lebenslang aufopfern soll(en, obwohl das mit Selbstbestimmung gar nichts mehr zu tun hat).

    Ich empfehle Ihnen, auf Kobinet-nachrichten.de zu lesen, wie Mütter von erwachsenen behinderten Töchtern und Söhnen genau von dieser nicht gewährten Unterstützung schreiben, obwohl sie ein Anrecht auf Selbstbestimmung haben, ohne das Lebensrecht ihrer Kinder infrage zu stellen.

    Ich habe nichts gegen tatsächliche Selbstbestimmung, egal ob Frau oder Mann. Wenn diese allerdings nur bemüht wird, um Kosten zu sparen und/oder weil es in das Menschen- oder Gesellschaftsbild nicht passt, dass behinderte Menschen das Lebensrecht nicht per se abgesprochen werden soll, dann würde ich das mindestens als scheinheilig bezeichnen.

    Übrigens: für viele Menschen, die die Selbstbestimmung der Frau in dieser Diskussion so hochhalten, scheint diese schlagartig an der Selbstbestimmung der behinderten Frau zu enden… .

    • Liebe Lesebrille,

      danke erstmal für die Antwort.

      Ich stimme Ihnen zu, dass leider zu oft mit einem einseitigen Begriff der Selbstbestimmung und auch sehr opportunistisch gearbeitet und argumentiert wird. Das heißt trotzdem nicht, dass die Selbstbestimmung als Perspektive irrelevant wird. Man soll genauer auf die Argumentation schauen und nicht stattdessen die Kritik abwürgen.
      Sie haben Recht – natürlich sind wir als Wesen, mit ihrem Lebensmittelpunkt im Gesellschaftlichen verankert, immer nur so frei, wie uns das die Gesellschaft erlaubt. Diese Freiheit wird dann materiell (nicht genug Geld) und aber auch moralisch beschnitten. Allerdings ging es in dem Beitrag der Autorin hier überhaupt nicht um die nicht gewährte materielle Unterstützung sondern um den moralischen Aspekt der Debatte. Insofern verstehe ich ihre laute Forderung nicht, ich solle mich gefälligst darüber informieren.

      Zur wirklichen Problematik kann man folgendes festhalten: die Gesellschaft ist sich darüber nicht einig, wann ein Menschenleben anfängt.Bereits bei der Befruchtung der Eizelle oder vielleicht bei der Einnistung oder doch im 3. Schwangerschaftsmonat oder je nach Umstand vielleicht geht eine Abtreibung doch noch im 8.? Und deswegen ist Peter Singer mit seinem Umfangreichen Werk umstritten.

      Dieser Artikel erwähnt aber nicht mal die unterschiedlichen Räsonierungsversuche bei der Thematik und ist somit kein kritischer Beitrag sondern moralisches Appell an die Heiligkeit des Lebens. Das hat dann auch nichts mehr mit der Selbstbestimmung von Frau oder Mensch zu tun sondern mit der Verurteilung des Denkens an sich, wenn es vom eigenen Dogma abweicht. Die Haltung ist an sich so starr, dass sie es nicht verdient, Gesellschaftskritik genannt zu werden.

      Ansonsten stimme ich Ihnen zu. Es wäre eine bessere Gesellschaft, wäre man/frau/mensch nicht von staatlichen Beiträgen und Almosen in der Entscheidungsfindung bedingt. Unabhängigkeit ist gut. Dass aber Ihre Vorstellung von Freiheit eventuell nicht der meiner entspricht oder Ihr Begriff mich einschränkt muss man ausdiskutieren und nicht mit moralischen Forderungen dämonisieren.
      In einer Gesellschaft, wo meine Entscheidungen für mich große Konsequenzen haben, das Gespräch und Diskurs zu verweigern und ein allgemein Gültiges für alles zu fordern, unterdrückt ja meine persönliche Position und Verhältnis zu meinem Körper.

      Natürlich ist es nicht schwarz-weiß, man kann bei der Thematik nicht binär denken, aber es wäre hilfreich, wenn Sie auch einen Schritt wohlwollenden Verständnisses leisten würden.

      MfG,

      N.

  • In Bezug auf PID: Werte Autorin des Artikels, was ist denn genau harmlos daran, Frauen über ihren Körper verfügen zu lassen? Es geht in dem Fall schließlich darum, ob sich Frauen in-vitro befruchtete Embrya in ihren Körper einpflanzen lassen oder nicht.
    Weiters, zum nicht so subtilen Aufruf zur Einschränkung des Rechts auf Abtreibung: Unabhängig vom Grund des Räsonierens darüber, ob ich ein Kind aus welchem Grund auch immer, haben möchte oder nicht haben möchte, ist das – und soll es auch bleiben – meine Entscheidung und nicht die des Staates oder irgendeiner Moral, käme diese von der Kirche oder welche auch immer auf Offenbarungswahn begründeter Institution.
    Vielleicht ist Ihnen das Leben des Ungeborenen aus Abstrakten Gründen zu wertvoll, so sind mir meine mentale Ressourcen in ihrer Begrenztheit nur zu bewusst und ich allein – und nur ich – fähig zu entscheiden, ob ich einem Menschen das Leben schenken möchte und somit meins darauf bestimmen oder auch nicht.

    Moralistische, frauenfeindliche Kackscheiße. Aber mehr war theologisch begründete Gesellschaftskritik auch nie. Schämt Euch.

    • *meine *nicht* harmlos.