UN-Konvention: Die ersten fünf Jahre in Österreich

Seit 26. Oktober 2008 - nämlich mit der abgeschlossenen Ratifizierung - ist für Österreich die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen gültig. Was hat sich seither verändert? Ein Kommentar.

Viel Zeit ist vergangen
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Wer jetzt als Antwort ein „Nichts“ erwartet hat, liegt meiner Meinung nach eindeutig falsch. Natürlich hat diese Ratifizierung grundlegende Änderungen in der österreichischen Menschenrechtspolitik bewirkt – zumindest in der Theorie.

Dieser von Österreich unterschriebene völkerrechtliche Menschenrechtsvertrag ist für die Behindertenbewegung natürlich ein großer Fortschritt und wird daher auch als Erfolg gesehen.

Darin werden viele Rechte aufgezählt und Prinzipien (Inklusion, Partizipation, Selbstbestimmung, Teilhabe) normiert. Es verwundert nicht, dass die UN-Konvention in den letzten fünf Jahren das Top-Thema der Behindertenpolitik geworden ist. Auf diesen Punkt sollen und können wir stolz sein.

Und wie sieht es mit der Umsetzung aus? „Typisch österreichisch“, könnte man es kurz fassen. Aber sehen wir es uns genauer an.

Menschenrechtspolitisches Entwicklungsland

„Es kam, wie es kommen musste. In einem Land wie Österreich, das im Bereich der Menschenrechte und deren Einhaltung höchst unterentwickelt ist, wurde im Jahr 2008 ein Vertrag über Menschenrechte unterschrieben und ratifiziert. Nun, wo es um Einhaltung geht, herrscht Desinteresse“, schrieb ich im Jahr 2010 in einem Kommentar.

Viel hat sich seither nicht daran geändert. Auf Bundesebene kam zumindest eine Diskussion in Gang, wo man Veränderungen einleiten muss. Manche dieser Erkenntnisse wurden in den Nationalen Aktionsplan aufgenommen. Typisch österreichisch daran, dass dieser „Plan“ höchst unverbindlich ist – sogar eine Beschlussfassung im Parlament hatten SPÖ und ÖVP abgelehnt. Immerhin wurde er aber „im Ministerrat verabschiedet“. (Die deutsche Sprache ist hier sehr verräterisch.)

Typisch österreichisch für das Desinteresse oder Scheininteresse an der Umsetzung war auch, dass bewusst keine zusätzlichen finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt wurden – selbst die Einbindung der Bundesländer scheiterte kläglich. Die Bundesländer sind überhaupt Quell des Ärgernisses. Auf der Habenseite kann man sehen, dass die Steiermark einen Aktionsplan beschlossen hat und Wien, Salzburg und Tirol in den jüngsten Koalitionsverträgen die Umsetzung der Konvention zumindest angekündigt haben – passiert ist aber meistens nichts.

Alles verloren?

Nein, ist es nicht. Es stimmt sicherlich, dass die letzten fünf Jahre von einer typisch österreichischen Behäbigkeit geprägt und damit beinahe fünf verlorene Jahre waren. Ein recht deutliches – teilweise beschämendes – Zeugnis stelle bekanntlich kürzlich ein Prüfungskomitee der UNO bei der Staatenprüfung Österreichs zur Umsetzung der Konvention aus.

Wenn langsam eine realistische Betrachtung der menschenrechtlichen Defizite in der österreichischen Behindertenpolitik einsetzt, dann könnten die nächsten Jahre endlich die notwendigen Fortschritte bringen.

Ein erster Schritte dazu könnte das Regierungsprogramm zwischen SPÖ und ÖVP sein. Allgemeines Blabla wie „wir wollen die UN-Konvention“ umsetzen sollte man sich getrost ersparen und stattdessen in das Regierungsprogramm endlich KONKRET reinschreiben (und dann auch umsetzen) wie Inklusion, Barrierefreiheit, Partizipation und Selbstbestimmtes Leben ermöglicht werden sollen.

Grund, stolz auf Österreich zu sein

Wäre es nicht ein weiterer Grund stolz auf Österreich zu sein, wenn am Nationalfeiertag auch immer der Ratifikation der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen gedacht erden würde? Ich glaube schon. Allerdings müsste dann auch ernsthaft an einer Umsetzung gearbeitet werden.

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