"Menschenrechte sind eine Selbstverständlichkeit." So formulierten wir von der "Interessensvertretung sozialer Dienstleistungsunternehmen für Menschen mit Behinderung", kurz IVS Wien, 2011 auf unserer Homepage.
Und: „Seit dem Inkrafttreten der UN-Behindertenrechtskonvention ist die Stadt Wien zur Weiterentwicklung der Angebote im Sinne von Teilhabe und Gleichberechtigung von Menschen mit Behinderung verpflichtet.“
Wir forderten einen offenen Dialog mit allen Beteiligten, vor allem auch mit betroffenen Menschen mit Behinderungen. Die Art und Weise unseres Auftretens war ein Tabubruch im traditionell paternalistisch verwalteten Wien: wir artikulierten gesellschaftspolitische Positionen nicht „hinter verschlossener Türe“ sondern auch über Presseaussendungen und Pressekonferenzen. Dadurch wollten und wollen wir stets Inhalte und Diskussionen vorantreiben. (Partei-) politik oder tagespolitisches Kleingeld zu wechseln stand nie auf der Agenda der IVS Wien.
Es ist Zeit eine erste Bilanz zu ziehen
Was haben wir in vier Jahren IVS Wien in Bezug auf Umsetzung der UN Konvention in Wien tatsächlich erreichen können?
Noch im November 2011 erfolgte im Vorstand des Dachverbandes Wiener Sozialeinrichtungen der Beschluss, sich mit der Umsetzung der Konvention in Wien zu beschäftigen. Ergebnis sollte ein konkreter Maßnahmenkatalog zur Umsetzung sein. Auftraggeberin war Frau Stadträtin Sonja Wehsely.
Die IVS Wien hatte diesen Prozess angestoßen und gleich zu Beginn durchgesetzt , dass auf allen Ebenen des Projektes Betroffene aktiv eingebunden wurden. Erstmals in Wien und wohl auch erstmals in Österreich wurde an der Schnittstelle der Sozialplanung zwischen Politik, Verwaltung und Trägerschaft und Betroffenen der Grundsatz „Nichts über uns ohne uns“ umgesetzt.
Es folgten zweieinhalb Jahre intensiver Diskussion und Auseinandersetzung in Arbeitskreisen im Dachverband sowie ein Schlusspapier und ein Maßnahmenpaket das Frau Stadträtin Wehsely vorgelegt wurde. Alle Ergebnisse wurden in einer Leichter Lesen Version verschriftlicht.
Also ein Erfolg? Nun ja, schon. Nur: Bislang warten wir alle immer noch auf eine öffentliche Präsentation der Ergebnisse der Arbeitsgruppen zur Umsetzung der UN Konvention. Warum das Stadträtinnenbüro so defensiv mit einem zukunftsweisenden Papier umgeht ist nicht nachvollziehbar? Taktik? Kalkül? Wir wissen es nicht.
Wie auch immer: der intensive Diskussionsprozess hat vieles in Bewegung gesetzt. Im Bereich Wohnen für Menschen mit intellektueller oder psychischer Behinderung werden im Auftrag des FSW bereits innovative Konzepte entwickelt. Eines der Ziele ist, Menschen mit intensiverem Unterstützungsbedarf ein Leben in Kleinwohnungen oder Garconnieren zu ermöglichen. Statt Wohngemeinschaften wird es Garconnierenverbünde geben.
Das Ziel einer Trennung von Betreuungsleistung und Wohnleistung um damit mehr Selbstbestimmung für Menschen mit Behinderung zu ermöglichen rückt näher. Vielleicht wird es schon bald kein Vollbetreutes Wohnen konventioneller Art mehr geben: nicht der Kunde wird dorthin gehen müssen wo es Unterstützung gibt, sondern die Betreuung geht dorthin wo der Kunde wohnt. Vor vier Jahren schien das vielen noch unvorstellbar. Offenbar fällt uns allen „barrierefreies Denken“ schon etwas leichter. Das ist mehr als wir uns vor vier Jahren erhoffen konnten.