Unmenschliche Behandlungsmethoden: Stadt Wien richtet Servicestelle ein

"Verstorbener Kinderarzt Andreas Rett soll behinderte Menschen unwürdig behandelt haben", informierte der Standard. Die Stadt Wien reagierte nun auf die Kritik und richtete eine Servicestelle ein.

Ortschild mit Aufdruck Wien
BilderBox.com

Vor wenigen Tagen wurde in den Medien berichtet, dass der 1997 verstorbene österreichische Kinderarzt Andreas Rett „behinderten Menschen von den 1960er- bis zu den 1980er-Jahren im großen Stil das Medikament Epiphysan zur Triebdämpfung verabreicht habe“.

Der Südtiroler Radiosender Rai Bozen brachte am 5. April 2012 einen Bericht und beleuchtete eine Reihe von bisher kaum diskutierten Informationen zu Andreas Rett, einem bisher in der Öffentlichkeit anerkannten Mediziner, der auch Träger des großen Ehrenzeichens für Verdienste um die Republik Österreich war.

SLIÖ forderte Opferhotline und Untersuchungskommission

Selbstbestimmt Leben Österreich (SLIÖ) erinnerte in einer Aussendung daran, dass erst vor wenigen Jahren Retts NSDAP-Mitgliedschaft bekannt wurde. SLIÖ: „Er hat auch mit dem vormaligen NS-Kindereuthanasiearzt Heinrich Gross auf der Grundlage von Gehirnpräparaten, die von den im Rahmen der NS-Kindereuthanasie ermordeten Spiegelgrundopfern stammten, einen wissenschaftlichen Aufsatz verfasst.“

Selbstbestimmt Leben Österreich forderte von der Stadt Wien die Einrichtung einer historischen Untersuchungskommission und einer Opferhotline.

Wien richtet Servicestelle ein

Am 10. April 2012 wurde nun bekannt, dass die Stadt Wien aktiv wird. „Beim Krankenanstaltenverbund (KAV) wird ein Servicetelefon für ehemalige Patienten eingerichtet“, so der Standard.

Erreichbar ist das Servicetelefon unter der Telefonnummer 01/40409-70970 bzw. servicemail@wienkav.at. Weiters wird eine Expertengruppe gegründet. „Diese wird bis Sommer von der Stadt eingerichtet, wie im Büro von Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely (SPÖ) betont wurde.“

Wie werden Betroffene unterstützt?

„Es ist erfreulich, dass die Stadt Wien eine Opferhotline auch für behinderte Personen einrichtet. Damit wird Opfern von fortgesetzter hormoneller Triebdämpfung (z.B. mit  Epiphysan oder Androcur), Sterilisation und Abtreibung die prinzipielle Möglichkeit gegeben, sich zu melden“, zeigt sich Prof. Volker Schönwiese (SLIÖ) erfreut.

Doch er verweist auf einen weiteren wichtigen Punkt: „Wie die betroffenen Personen unterstützt werden können, dass sie sich überhaupt melden, ist damit allerdings noch nicht geklärt. Die Stadt Wien, die Einrichtungen der Behindertenhilfe und das Vertretungsnetzwerk (Sachwalterschaft) müssen gemeinsam aktiv werden. Historische Aufarbeitung und Hilfe für traumatisierte behinderte Personen müssen Hand in Hand gehen.“

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