Unterrichtsministerin Schmied will Bildungsreform fortsetzen

Budget-Unterausschuss befasst sich mit Kapitel Unterricht

Claudia Schmied
Spiola, Petra

Die Fortführung der Bildungsreform stand im Mittelpunkt der Beratungen des Budget-Unterausschusses zum Thema Unterricht. Unterrichtsministerin Claudia Schmied bekräftigte dabei, dass sie die begonnene Reform fortsetzen werde, auch wenn ihr Optimismus, wie sie meinte, nach acht Wochen Verhandlungen mit der Lehrergewerkschaft und diversen Arbeitsgruppensitzungen ein wenig gelitten habe. Es sei notwendig, die Chancengleichheit im Bildungsbereich zu verbessern und mehr Menschen in Österreich zu höherer Bildung zu bringen, unterstrich die Ministerin. Ohne breiten Konsens könnten große Reformvorhaben jedoch nicht umgesetzt werden.

Als Eckpunkte für das angestrebte neue Lehrerdienstrecht nannte Schmied höhere Einstiegsgehälter bei gleichzeitiger Erhöhung der Unterrichtsverpflichtung, eine flachere Gehaltskurve sowie mehr Flexibilität.

Von den Abgeordneten wurde das Bildungsbudget unterschiedlich beurteilt. Die Palette der Bewertungen reichte vom „reinen Zahlenfriedhof“ (Dritter Nationalratspräsident Martin Graf) bis zum ausdrücklichen Lob für „ein hart erkämpftes und engagiertes Budget“ (Abgeordneter Elmar Mayer, SPÖ). Abgeordneter Werner Amon (ÖVP) zeigte sich über die Einigung mit der Lehrergewerkschaft erfreut und machte geltend, dass die LehrerInnen als Verbündete für die anstehenden Reformmaßnahmen gebraucht würden.

Seitens des BZÖ äußerte Abgeordnete Ursula Haubner Zweifel, ob die ausverhandelten Einsparungen ausreichen, um eine Finanzierung der Reformprojekte sicherzustellen. Abgeordneter Harald Walser (GRÜNE) und Abgeordneter Walter Rosenkranz (FPÖ) erinnerten an Aussagen Schmieds bei einer bildungspolitischen Diskussion, wonach die Ministerin von einer großen Bildungsreform Abstand nehmen und sich auf kleine Reformschritte konzentrieren wolle.

Im Budgetentwurf der Regierung sind für den Bereich Unterricht im Jahr 2009 Ausgaben in der Höhe von 7,17 Mrd. ? und im darauffolgenden Jahr 2010 in der Höhe von 7,23 Mrd. Euro veranschlagt. Das ist deutlich mehr, als in den Jahren 2007 und 2008 für diesen Bereich zur Verfügung stand. So wirken sich etwa die Senkung der Klassenschülerhöchstzahl, die Ausweitung der Nachmittagsbetreuung und der Sprachförderung, die Ausweitung des Modellversuchs Neue Mittelschule, die Implementierung von Bildungsstandards und die Erhöhung der Mittel für die Erwachsenenbildung budgetär aus.

Zudem wird in den Erläuterungen auf die Umsetzung des Schulentwicklungsprogramms 2008 verwiesen, in dessen Zuge neue Schulgebäude gebaut und andere saniert werden sollen. Einsparungen können u.a. durch die im Budgetbegleitgesetz verankerte Streichung von Zulagen für LehrerInnen erzielt werden. Die Einnahmen im Bereich Unterricht sind mit jährlich jeweils 66,4 Mio. Euo prognostiziert.

Im Rahmen der Debatte im Ausschuss bekräftigte Schmied ihr „klares Ja“ zur Bildungsreform. Dass Reformen notwendig seien, würden zahlreiche Studien zeigen und sei unter ExpertInnen unumstritten, unterstrich sie. Daher gelte es, die begonnen Schritte energisch fortzusetzen. Der Kompromiss mit der Lehrergewerkschaft habe zwar nicht ihren Ausgangserwartungen entsprochen, sagte Schmied, er ermögliche aber eine Weiterführung der begonnen Reformen. In diesem Zusammenhang verwies sie etwa auf kleinere Klassen und die Ausweitung der Sprachförderung.

Als künftige Reformvorhaben nannte die Ministerin unter anderem die Reduktion von Verwaltungsebenen und die Beseitigung von Doppelgleisigkeiten in der Schulverwaltung, ein einheitliches Besoldungsrecht für LehrerInnen, die Schaffung von Bildungsdirektionen zur besseren Steuerung vor Ort und mehr Schulautonomie. Die Schulleiter sollten, so Schmied, eine klare Personal- und Ressourcenverantwortung bekommen.

Was das angestrebte neue Dienstrecht für LehrerInnen betrifft, verwies Schmied auf einen Ministerratsvortrag, in dem neben höheren Einstiegsgehältern und einer flacheren Gehaltskurve auch eine andere Darstellung der Arbeitszeit der LehrerInnen verankert sei.

Das inkludiert ihr zufolge eine höhere Unterrichtsverpflichtung. In ihrem Idealbild solle der jeweilige Schulstandort innerhalb einer vorgegebenen Bandbreite über das Ausmaß der Unterrichtsverpflichtung entscheiden, erklärte Schmied, sie wolle allerdings den anstehenden Verhandlungen nicht vorgreifen. Ausdrücklich hob Schmied hervor, dass ein neues Dienst- und Besoldungsrecht für LehrerInnen herausgelöst von der allgemeinen Beamtendienstrechtsreform verhandelt werden soll.

Das Verhandlungsergebnis mit der Lehrergewerkschaft und die Stundung von Mietzahlungen an die Bundesimmobiliengesellschaft hat laut Schmied einen Liquiditätsspielraum von 165 Mio. Euro im Budget 2009 und von 258 Mio. Euro im Budget 2010 gebracht. Davon entfallen 85 bzw. 155 Mio. Euro auf die Mieten. Den Differenzbetrag zu ihren ursprünglichen Einsparungszielen will die Ministerin, wie sie erklärte, durch die Verschiebung von nicht prioritären Projekten in Zusammenhang mit der Umsetzung des Behinderten-Gleichstellungsgesetzes aufbringen.

Die Mietstundung werde keine Auswirkungen auf die Sanierung und den Neubau von Schulen im Rahmen des Schulentwicklungsprogramms haben, versicherte Schmied auf Nachfrage. Auch sei mit ihr politisch nicht vereinbart, dass das Unterrichtsressort die Zinsen für die Stundung zahlen müsse. Vielmehr sei es um eine „Netto-Stundung“ gegangen.

Die Mittel für das Schulentwicklungsprogramm sollen zu 30 % für Schulneubauten, vor allem für Berufsbildende Mittlere und Höhere Schulen, sowie zu 70 % für Sanierungen verwendet werden. Bei der Raumplanung würden nun drei Quadratmeter Fläche pro LehrerIn gerechnet.

Die direkten Kosten für die Neue Mittelschule bezifferte Schmied mit 6,3 Mio. Euro für das Jahr 2009 und 19,7 Mio. Euro für das Jahr 2010. Dazu kommen Ausgaben von 3,4 Mio. Euro bzw. 3,9 Mio. Euro für die wissenschaftliche Begleitung und die Entwicklung des Schulversuchs. Im Herbst 2009 wird es nach Auskunft der Ministerin 808 Klassen an 244 Standorten geben, im Schuljahr 2010/11 rechnet sie mit rund 1.620 Klassen an 329 Standorten.

Ausführlich ging Schmied auf die demographische Entwicklung der Schülerzahlen und die beschäftigungswirksamen Effekte der beschlossenen Reformschritte ein. Demnach erwartet sie für das Schuljahr 2010/11 erstmals einen Schülerrückgang in den Bundesschulen, der sich in den Folgejahren weiter bemerkbar machen wird.

Dadurch werden im Schuljahr 2010/11 216 LehrerInnen, im Schuljahr 2011/12 324 LehrerInnen und im Schuljahr 2012/2013 387 LehrerInnen weniger gebraucht. Allerdings kompensieren die Senkung der Klassenschülerhöchstzahl und andere Reformschritte diese Entwicklung. Dazu kommen zahlreiche Pensionierungen. Unter dem Strich können damit nach den Berechnungen des Unterrichtsressorts in den kommenden Schuljahren jeweils deutlich mehr als 1.000 Bundeslehrer neu eingestellt werden.

Noch beschäftigungswirksamer wirkt sich die jüngste SCHOG-Novelle, wie Schmied ausführte, auf den Pflichtschulbereich aus. Dort werden in den nächsten vier Schuljahren jährlich zwischen 2700 und 3000 neue LehrerInnen benötigt. Ein wesentlicher Teil der neuen Planstellen ist durch die Senkung der Klassenschülerhöchstzahl bedingt – die Kosten dafür bezifferte Schmied im Pflichtschulbereich mit plus 55,6 Mio. Euro im Jahr 2009 und plus 50,6 Mio. Euro im Jahr 2010.

Was die sprachliche Frühförderung von Kindern anbelangt, machte Schmied geltend, es habe sich gezeigt, dass Kinder, die keinen Kindergarten besuchen, nur schwer erreicht werden könnten. In diesem Sinn habe sich die geplante Einführung des verpflichtenden Kindergartenjahres als richtig erwiesen. Erste Überprüfungen hätten ergeben, dass 60 % der Kinder mit Migrationshintergrund und 10 % der Kinder mit Deutsch als Erstsprache Sprachschwierigkeiten hätten. Als wesentlich erachtet es Schmied, im Bereich der Sprachförderung auch verstärkt Elternarbeit zu leisten.

Ein besonderes Anliegen ist der Ministerin ihrer Darstellung nach der Ausbau der Tagesbetreuung für SchülerInnen. Das Angebot an ganztägigen Schulformen müsse ausgebaut werden, bekräftigte sie. Wesentlich sei auch die Qualität der Nachmittagsbetreuung, diese dürfe sich nicht auf reine Aufsicht beschränken. Es müssten Lernhilfe sowie sportliche und kulturelle Aktivitäten angeboten werden. Schmied beabsichtigt, „ein Gütesiegel auf Zeit“ im Pflichtschulbereich zu vergeben.

Für die Lehrerfortbildung sind im Jahr 2009 13,6 Mio. Euro und im Jahr 2010 15 Mio. Euro budgetiert. Das ist laut Schmied gegenüber 2008 ein Plus von 2,9 Mio. Euro bzw. 4,3 Mio. Euro.

Neue Schulversuche sind der Ministerin zufolge nicht geplant. Vielmehr will sie analysieren, welche Innovationen ins Regelschulwesen übernommen werden sollten und was in Zukunft nicht mehr angeboten werden solle.

Die Umstellung bei den schulautonomen Tagen soll nach Auskunft Schmieds erst im Schuljahr 2010/2011 erfolgen. Budgetär habe diese Maßnahme keine Auswirkungen, betonte sie. Überraschend großes Interesse gibt es ihr zufolge an der Lehre mit Matura.

Mit der Frage des kostenlosen Nachholens von Bildungsabschlüssen befasst sich laut Schmied derzeit eine Arbeitsgruppe. Es gehe nicht nur um das Nachholen von Abschlüssen, sondern generell um lebensbegleitendes Lernen und den nachträglichen Erwerb von Grundkompetenzen, etwa für Menschen mit Migrationshintergrund. Generell erwartet sich Schmied in diesem Bereich eine Ko-Finanzierung durch die Länder. Direkte Förderungen an Betroffene kann es ihr zufolge aus budgetären Gründen allerdings frühestens 2011 geben. Bis dahin unterstütze ihr Ressort Bildungsinstitutionen, die entsprechende Kurse anbieten.

Von ihrem Plan, 30 zusätzliche Planstellen für SchulpsychologInnen einzurichten, habe sie Abstand nehmen müssen, konstatierte die Ministerin. Nun beabsichtigt sie, über Werkverträge zusätzliche Leistungen anzukaufen. Im Bereich der Schul-Sozialarbeit laufen einige Pilotprojekte, die u.a. auf eine Verbesserung des Schulklimas abzielen.

Mit der Umsetzung der im vergangenen Jahr beschlossenen Bildungsstandards ist das BIFIE beauftragt. Die erste Testung der 8. Schulstufe soll laut Schmied im Jahr 2012, jene der 4. Schulstufe im Jahr 2013 erfolgen.

Das Budget für Alternativschulen sei verdoppelt worden, zeigte sich Schmied erfreut und hob die große Bedeutung von Alternativschulen als Innovatoren im pädagogischen Bereich hervor. Eine Übernahme der kompletten Lehrergehälter sei aus budgetären Gründen jedoch nicht möglich, sagte sie.

Mit ihren Ausführungen antwortete Schmied auf Fragen der Abgeordneten Walter Rosenkranz, Gerhard Kurzmann, Edith Mühlberghuber, Anneliese Kitzmüller, Martin Graf (alle F), Werner Amon, Anna Franz, Katharina Cortolezis-Schlager (alle ÖVP), Ursula Haubner, Stefan Markowitz (beide BZÖ), Elmar Mayer, Andrea Kuntzl, Christine Muttonen, Rosa Lohfeyer (alle SPÖ) sowie Harald Walser und Tanja Windbüchler-Souschill (beide GRÜNE).

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