Menschen mit HIV, selbst wenn sie keinerlei Symptome zeigen, gelten in den USA künftig als behinderte Menschen.

Dies entschied jetzt der oberste Gerichtshof des Landes unter dem Beifall der Aids-Organisationen. Damit fallen HIV-Infizierte unter das 1990 verabschiedete Gesetz gegen die Diskriminierung Behinderter.
Das Verfahren vor den neun höchsten Richtern der USA war durch die Klage einer Frau ausgelöst worden, die sich von einem Zahnarzt aufgrund ihrer Infektion benachteiligt fühlte. Der Arzt hatte ihre Behandlung wegen der Möglichkeit einer Übertragung der Infektion in seiner Praxis abgelehnt, ihr zugleich aber angeboten, sie in einem nahe gelegenen Krankenhaus, wo die hygienischen Vorkehrungen für solche Fälle besser seien, zu behandeln. Für diese Haltung des Arztes sah das Gericht keine Rechtfertigung, da es keine dokumentierten Fälle von Übertragung des HI-Virus von Patienten auf Zahnärzte gebe.
Entscheidend an dem Spruch ist aber nicht, ob der Arzt sich falsch verhalten hat. Das müssen nun nachgeordnete Gerichte klären. Entscheidend ist, und das reicht nach Meinung von Rechtsexperten weit über den Bereich der HIV-Infizierten hinaus, das Argument, mit dem die Richter die „Behinderung“ definierten. Die Tatsache, daß sich die Klägerin wegen der Infektion gegen das Kinderkriegen entschieden habe – da die dann auch infiziert sein könnten – stelle eine Behinderung im Sinne des Gesetzes dar.
Das Gesetz definiert Behinderung als die „Nichtfähigkeit zu wichtigen Lebensaktivitäten“. Damit wird zum erstenmal in der US-Rechtsgeschichte Unfruchtbarkeit zur Behinderung erklärt. Das gleiche gilt für symptomlose, aber dauernde Zustände wie etwa eine kontrollierte Diabetes. Nach dieser Ausweitung des Begriffes der Behinderung befürchten US-Unternehmerverbände nun große Verunsicherung in Betrieben darüber, wer unter das Antidiskriminierungsgesetz fällt.
Den HIV-Infizierten schafft der Spruch die Grundlage, gegen Benachteiligungen am Arbeitsplatz oder auf dem Wohnungsmarkt zu klagen.