Der ORF sichert im Zuge eines Round-Table-Gesprächs am 5. November 2019 die gemeinsame Erarbeitung eines Etappenplans zum Ausbau der Barrierefreiheit zu.
Groß war die Aufregung, als in den letzten Wochen bekannt wurde, dass der ORF seiner gesetzlichen Verpflichtung zur Barrierefreiheit nur ungenügend nachkommt. Deutsche öffentlich-rechtliche Sender haben den ORF im Service längst abgehängt.
Statt deutlichem Ausbau bei Untertitelung, Audiodeskription und gezeigter Dolmetschung in Österreichischer Gebärdensprache, gibt es in den letzten Jahren eine Stagnation. Teilweise sind in letzter Zeit sogar deutliche Rückschritte ersichtlich. Das nächste Sparprogramm wurde zudem bereits angekündigt. Behindertenorganisationen drängten daher bei dem Round-Table-Gespräch auf einen ORF-Etappenplan. Anderenfalls müssten die Organisationen rechtliche Schritte im Rahmen des Gleichstellungsrechts ergreifen.
Der ORF sicherte nun am 5. November 2019 bei einem Round-Table-Gespräch die gemeinsame Erarbeitung eines Etappenplans zum Ausbau der Barrierefreiheit bis Mitte 2020 zu. Start der Arbeiten soll Jänner 2020 sein. Somit könnten die Bemühungen der Interessensvertreterinnen und Interessensvertreter von Erfolg gekrönt sein.
Verbindlicher Etappenplan muss ORF verpflichten
„Der Etappenplan ist notwendig, um den Anteil der Untertitelung auf 100 % und der Österreichischen Gebärdensprache auf mindestens 5 % ohne unangemessene Verzögerung stetig und schrittweise zu erhöhen“, erläutert Helene Jarmer, Präsidentin des Österreichischen Gehörlosenbunds (ÖGLB) und fügt hinzu: „Wir erwarten nun, dass weitere Gespräche konkrete Ergebnisse liefern.“
Der Blinden- und Sehbehindertenverband Österreich (BSVÖ) begrüßt ebenfalls die Zusicherung des Etappenplans zum Ausbau der Barrierefreiheit. BSVÖ-Präsident Markus Wolf betont aber, dass dies nur der erste Schritt sei: „Mittelfristig wird der ORF für diesen Ausbau viel mehr ausgeben müssen. Einsparungen bei Menschen mit Behinderungen darf es nicht geben!“ Er hebt den Bedarf an Audiodeskription hervor. „Ja, auch blinde und sehbehinderte Menschen schauen fern. Dafür brauchen wir aber Audiodeskription. Dieser Anteil muss, wie schon in anderen Ländern auch, rasch auf 20 % des Angebots angehoben werden. Der Etappenplan ist ein notwendiger Schritt dazu.“
Die ORF-Zusage begrüßt auch Martin Ladstätter (Obmann von BIZEPS – Zentrum für Selbstbestimmtes Leben): „Nur so können Menschen mit Behinderungen ihre gesetzlich garantierten Rechte umgesetzt bekommen. Wenn diese Verbindlichkeit dieses Mal nicht geschaffen wird, dann werden wir leider das Instrument der Verbandsklage gemäß Behindertengleichstellungsgesetz zur Durchsetzung unserer Rechte nutzen müssen.“
„Das öffentlich-rechtliche Fernsehen hat sein Angebot so zu gestalten, dass es für alle Menschen in seiner gesamten Bandbreite zugänglich und nutzbar ist“, zeigt Behindertenanwalt Hansjörg Hofer auf und führt aus: „Dies bedeutet, dass Maßnahmen getroffen werden müssen, damit Menschen mit Behinderungen die Sendungen umfassend in Anspruch nehmen können. Es kann nicht sein, dass der Anteil an barrierefreien Sendungen sinkt. Das Ziel muss die hundertprozentige Barrierefreiheit sein.“
Die Behindertenanwaltschaft wird sich gemeinsam mit den Behindertenorganisationen an der Erarbeitung eines ORF-Etappenplans beteiligen.
Siehe auch: DerStandard