Verein für Konsumenteninformation klagte wegen Intransparenz eines Betreuungsvertrages

"Eine Abgrenzung der Leistungsblöcke Grundbetreuung und Zusatzleistungen ist Begründung nach dem Vertragstext nicht möglich." Dies ist einer der Kernpunkte aus der einer jüngst getroffenen Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (OGH).

Gebäude des Obersten Gerichtshof
BIZEPS

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) führte einen Prozess wegen „Zusatzentgelten“, die eine lernbehinderte Frau aufgrund des Heimvertrages an die Lebenshilfe Wien bezahlt hat.

Für den OGH sind die Vertragsformulierungen zu unpräzise und er verurteilte daher die Lebenshilfe Wien auf Rückzahlung und begründete dies im Urteil u.a. wie folgt:

Die Umschreibung der von der Beklagten zu erbringenden Zusatzleistungen in Punkt 8. des Betreuungsvertrags sind im weit überwiegenden Ausmaß – selbst unter Berücksichtigung der Schwierigkeit, Maßnahmen der persönlichen Betreuung einer Person auf Grund der vielen denkbaren Eventualitäten umfassend und präzise zu beschreiben – intransparent. Diese Intransparenz geht zu Lasten des Beklagten, weil der Vertragstext von ihm vorgegeben wurde.

Konkret ging es um 280 Euro die monatlich für „Zusatzleistungen“ zu zahlen waren, „ohne konkrete Auflistung der damit verbundenen Leistungen“, wie der VKI in einer Aussendung festhielt.

Übliche Verträge?

Die Frage, ob die von der Lebenshilfe Wien abgefassten Verträge üblich sind, ist für die weitere Diskussion der springende Punkt. Sie wurden mit dem VertretungsNetz im „beiderseitigen Einvernehmen ausformuliert“, gibt dazu die Lebenshilfe Wien bekannt.

„Jugend am Werk“ prüft – laut Information von behindertenarbeit.at – das jüngste OGH-Urteil derzeit genau, „ob und wo Änderungen im bestehenden Vertragswerk im Bereich des betreuten Wohnens notwendig sind“.

Man lasse das Gerichtsurteil nun prüfen, teilt auch der Generalsekretär der Caritas Wien, Klaus Schwertner, dem Standard mit.

Beim Fonds Soziales Wien geht man von einem Urteil mit Folgen aus. Geschäftsführer Peter Hacker meint, dass dieses Urteil „alle Träger von Pflege- und Behinderteneinrichtungen“ betrifft, nicht nur die Lebenshilfe. „Das ist offenbar eine neue Rechtsmeinung, die eine breite Debatte anstoßen wird“, so Geschäftsführer Hacker gegenüber dem Standard.

„Selbstverständlich nehmen wir das Urteil über die nicht ausreichend transparent dargestellte Abgrenzung unserer Zusatzleistungen zur Grundleistung zum Anlass, unsere Wohnverträge für Kund/innen zu überarbeiten“, gibt die Lebenshilfe Wien in einer ersten Reaktion auf das Urteil bekannt.

Spagat zwischen Pauschalierung und Rechnung für jeden Handgriff

Unklar ist derzeit auch, welche langfristigen Auswirkungen das OGH-Urteil zeigen wird. Natürlich muss ein Betreuungsvertrag in Zukunft den Kriterien des Konsumentenschutzgesetzes – und der darin geforderten Transparenz – entsprechen.

Notwendig dafür ist eine klare Darstellung jener Leistungen, die der Kostenträger des Landes übernimmt und der zusätzlichen Leistungen, die – darüber hinaus – angeboten und auch verrechnet werden. Vermieden werden sollten allerdings Regelungen, die schlussendlich darin münden würden, einzelne Handgriffe zu verrechnen.

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