Verfassungsgerichtshof: Altersgrenze bei Studienbeihilfe keine Diskriminierung

VfGH behandelt Beschwerde wegen Altershöchstgrenzen im Studienförderungsgesetz nicht. Zur Prüfung auf allfällige europarechtliche Bedenken verweist er auf Verwaltungsgerichtshof.

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Der Klagsverband unterstützte die Beschwerde einer Studentin, die bei Studienantritt 37 Jahre alt war. Im Jahr 2007 stellte sie einen Antrag auf Studienbeihilfe gemäß Studienförderungsgesetz (StudFG). Der Antrag wurde mit Bescheid abgewiesen. Die Stipendienstelle der Studienbeihilfebehörde begründet die Ablehnung damit, dass die Voraussetzung für die Gewährung einer Studienbeihilfe sei, dass der/die Studierende das Studium, für das Studienhilfe beantragt wird, vor Vollendung des 30. Lebensjahres begonnen hat. Diese Altersgrenze erhöht sich für SelbsterhalterInnen bis auf 35 Jahre. Die Studentin – vertreten durch Anwältin Dr.in Anja Oberkofler – bekämpfte diesen Bescheid mittels Vorstellung an die Stipendienstelle und Berufung an das Wissenschaftsministerium. Beide lehnten ihren Antrag ab.

In der anschließenden Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof wurde eine Verletzung des Gleichheitssatzes der Bundesverfassung, mittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts und unmittelbare Diskriminierung aufgrund des Alters nach EU-Richtlinien behauptet.

Die Begründung

Der VfGH lehnte die Behandlung dieser Beschwerde ab. Er argumentierte, dass dem Gesetzgeber bei der Gewährung von Transferleistungen ein weiter Spielraum zustehe. In diesem Fall habe er die Studienbeihilfe zu Recht auf solche Personen beschränkt, die ihre Ausbildung nach Abschluss lange genug nützen können. Weiters argumentierte er, nur bei jüngeren Studierenden sei wahrscheinlich, dass die Förderung über höhere Steuerleistung aufgrund eines qualifizierten Berufs wieder zurückfließen würde.

Der Rechtsweg zum Verwaltungsgerichtshof steht offen – dieser muss nun über die Beschwerde entscheiden. Es bleibt zu hoffen, dass dieser eine gründlichere rechtliche Analyse vornimmt.

Enttäuschende Entscheidung des VfGH

Die Entscheidung ist enttäuschend, da der Verfassungsgerichtshof die detaillierten verfassungsrechtlichen Bedenken sehr leichtfertig vom Tisch wischt. Das allseits propagierte Ideal vom „lebenslangen Lernen“ wird damit völlig in Frage gestellt und Studienförderung auf die Frage reduziert, ob diese mittelbar zu höheren Steuereinnahmen führt. Dieses Argument ist besonders schwach, wenn in Rechnung gestellt wird, dass bereits nach dem derzeitigen Pensionsrecht eine berufliche Tätigkeit von zumindest 20 Jahren nach Studienabschluss möglich ist.

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2 Kommentare

  • Ihre Stellungnahme wurde 2009 veröffentlicht und es ist mir unerklärlich, dass bis ins Jahr 2020 diesbezüglich kein Umdenken stattgefunden hat! Ich bin 55 Jahre alt, Mutter von 3 Kindern und seit über 30 Jahren im Handel selbständig tätig. Vor 8 Jahren habe ich nebenberuflich eine Ausbildung zur Diplom-Sozialbetreuerin abgeschlossen. Derzeit studiere ich berufsbegleitend „Soziale Arbeit“ und möchte mich zeitnah beruflich verändern. Ich bin bestrebt solange wie möglich zu arbeiten, möchte meine langjährigen Erfahrungen weitergeben und mich auch weiterbilden, um die dafür notwendigen Kompetenzen zu erlangen. „Lebenslanges Lernen“ ist für mich kein Schlagwort, sondern Lebensphilosophie, Chance für Entwicklung und Basis für Veränderung sowie die Möglichkeit das Leben im Alter mit Sinn zu füllen.
    Die Argumentation der Studienbeihilfenbehörde, ab einem gewissen Alter stehen geförderte Studienabsolventen dem Arbeitsmarkt nicht mehr in ausreichender Zeit zur Verfügung, ist mittlerweile fern jeder Realität, da das Pensionsantrittsalter angehoben wurde und mittlerweile bewiesen ist, dass sinnerfüllte Tätigkeiten altersbedingte Einschränkungen und in weiterer Folge Pflegebedürftigkeit hinauszögern, wenn nicht überhaupt verhindern.
    Abgesehen von einer Kosten-Nutzen Analyse, welche diesbezüglich mit Sicherheit positiv ausfällt, gilt es nach meiner Ansicht folgendes zu bedenken:
    Der „Generationenvertrag“ ist ein Auslaufmodell und wir müssen uns bewusst sein, dass Arbeitszeit auch Lebenszeit ist, welche es gilt, solange wie möglich, den eigenen Bedürfnissen entsprechend zu gestalten. Menschen die bereit sind, sich diesen Anforderungen zu stellen bestmögliche Unterstützung zu bieten, liegt in der politischen Verantwortung!

  • Ich habe 15 Jahre in Führungspositionen gearbeitet und im Alter von 36 mit einem Wirtschaftsstudium begonnen um meine Position, gerade als Frau, noch weiter zu stärken. Auch sehe ich es als durchaus annehmbar, wenn man jahrelang 60 Stunden pro Woche gearbeitet hat, dass man sich eine „Auszeit“ in Form einer Weiterbildung nimmt.
    Dass es für selbsterhaltende Frauen (bzw. Männer) ab 35 keine Studienbeihilfe gibt, empfinde ich als Diskriminierung. Vor allem, wenn ich bedenke, wieviel Steuergelder ich in den letzten Jahren gezahlt habe mit dem der Staat junge Studenten unterstützt, macht mich das wütend. Aber zum Glück bin ich es gewohnt, 60 Wochenstunden zu arbeiten. Und ich habe dank meiner „Lebenserfahrung“ (und des fortgeschrittenen Alters) gelernt, mich mittels eines Halbtagsjobs und guter Organisation über Wasser zu halten.