Verpflichtende Barrierefreiheit ab 2016: Sehbehinderte Menschen dürfen nicht vergessen werden

Hilfsgemeinschaft der Blinden und Sehschwachen Österreichs fordert bessere Lesbarkeit von Informationen im öffentlichen Raum.

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Ab 1. Jänner 2016 müssen laut Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz (BGStG) nun auch Bestandsbauten und öffentliche Verkehrsmittel barrierefrei zugänglich und nutzbar sein. Unter baulicher Barrierefreiheit wird zwar häufig die Errichtung von Rampen, Aufzügen, Behinderten-Toiletten und Blindenleitsystemen verstanden. Das BGStG umfasst aber durch das Erfordernis „Nutzbarkeit“ u. a. auch barrierefreie Kommunikation, also visuelle Informationen auf Bildschirmen, Monitoren, Displays, auf Aushängen und Wegeleitsystemen im öffentlichen Raum.
„In Österreich leben etwa 318.000 visuell beeinträchtigte Menschen, davon sind rund 8.000 bis 10.000 blind. Sehbehinderte Menschen sind also eine beachtliche Zielgruppe. Leider werden ihre Bedürfnisse meistens viel zu wenig berücksichtigt, obwohl dies in den meisten Fällen wenig bis gar nichts kostet“, meint der Vorstandsvorsitzende der Hilfsgemeinschaft, Prof. Dr. Elmar Fürst vom Institut für Transportwirtschaft und Logistik der WU Wien. „Gerade angesichts des demographischen Wandels wird es aber notwendig sein, dass sich hier maßgeblich etwas ändert.“

Kriterien für gute Lesbarkeit

Um sich gut, sicher und selbstständig im öffentlichen Raum bewegen zu können, sind Informationen zur Orientierung unabdingbar. Besonders im Verkehr muss man sich über Fahrzeiten und -ziele, Abfahrtsstellen und Haltepunkte informieren, aber auch Straßenschilder und Schilder eines Orientierungssystems bieten wesentliche Informationen, die barrierefrei zugänglich sein müssen. Die Einhaltung einiger weniger Grundsätze schafft visuelle Barrierefreiheit und erhöht damit die Lesbarkeit und den Nutzen für alle Menschen.

Die Hilfsgemeinschaft der Blinden und Sehschwachen Österreichs nennt die wichtigsten Kriterien für gute Lesbarkeit:

  • Anzeigen und Aushänge sind in mittlerer Lesehöhe von 1,3 Meter anzubringen, wobei die oberste Zeile nicht höher als auf 1,6 Meter sein darf. Sie müssen eine Annäherung erlauben, da so auch kleinere Schriften gelesen werden können. Laufschriften müssen vermieden werden.
  • Ein möglichst hoher Kontrast (mindestens 70 Prozent) zwischen Schriftfarbe und Untergrund ist zu wählen, bei Monitoren wegen der Blendungsgefahr idealerweise helle Schrift auf dunklem Hintergrund.
  • Vorhandene Flächen sollten ausgenutzt werden, damit eine größere Schrift verwendet werden kann.
  • Serifenlose Schriftarten sind besser lesbar, gut geeignet sind etwa Helvetica, Tahoma, Verdana oder die speziell entwickelte Schriftart Tern. Zeichen sollten einfarbig und scharf abgegrenzt sein.
  • Die Schriftgröße soll auf eine Sehstärke (=Visus) von 0,1 (entspricht etwa 10 Prozent Sehleistung) ausgerichtet sein. Bei Informationsträgern, die nicht auf Augenhöhe angebracht sind bzw. keine Annäherung erlauben, muss die Schrift entsprechend vergrößert werden.
  • Blendungen und Spiegelungen sind zu vermeiden.

Durch Berücksichtigung dieser wenigen Aspekte ist die Lesbarkeit von Schildern, Monitoren und Displays leicht zu gewährleisten, was allen Nutzern zugutekommt. Für weitere Details stehen die Experten der Hilfsgemeinschaft gerne zur Verfügung.

Experten forschen, beraten und testen

Die Spezialisten der Hilfsgemeinschaft der Blinden und Sehschwachen Österreichs erarbeiten gemeinsam mit Planern und Betreibern von Verkehrssystemen optimale Lösungen für gut lesbare Informationsträger. Dazu gehören auch Tests mit sehbeeinträchtigten Probanden in der Entwicklungs- und Umsetzungsphase.
„Durch die Beteiligung an aktuellen Forschungsprojekten konnten wir bereits bahnbrechende Ergebnisse erzielen, die die Funktionalität deutlich verbessern werden. Eines steht jedenfalls fest: Gut lesbare visuelle Informationen optimieren die Orientierung und Mobilität aller Menschen im öffentlichen Raum, egal ob sie sehbehindert sind oder nicht“, zeigt sich Fürst überzeugt.

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