Volksanwalt Achitz: Kur, Reha, Krankenhaus – der Assistenzhund darf mit

Gesundheitseinrichtungen und Sozialversicherung müssen sich an geltendes Recht halten

Volksanwalt Mag. Bernhard Achitz
Volksanwaltschaft / Photo Simonis

Viele Menschen mit Behinderungen sind auf ihre Assistenzhunde angewiesen. Sie brauchen ihren Blindenführhund, Service- oder Signalhund auch, wenn sie zum Beispiel auf Kur oder auf Reha sind.

„Aber immer wieder beschweren sie sich bei der Volksanwaltschaft, weil sie von Kur- oder Reha-Einrichtungen nicht mit dem Assistenzhund aufgenommen werden“, sagt Volksanwalt Bernhard Achitz: „Das Krankenanstalten- und Kuranstaltengesetz (KAKuG) stellt aber seit 2016 klar, dass der Hund mitdarf. Daran haben sich alle Einrichtungen zu halten, ohne fadenscheinige Ausreden wie etwa eine Hausordnung, die sie selbst geschrieben haben.“

Ausnahmen sind natürlich für bestimmte Bereiche möglich, etwa Operationssäle oder Küchen.

Chiara erkennt Notfälle im Voraus, bringt Medikamente oder das Telefon

Jasmin P. ist wegen eines Gendefekts teilweise gelähmt und hatte im Jahr 2018 auch einen Unfall, bei dem sie schwer verletzt wurde. Als Paraclimberin hat sie aber fast alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt. Sie ist Vize-Weltmeisterin, Europameisterin und Österreichische Staatsmeisterin. Assistenzhund Chiara ist so gut wie immer an ihrer Seite.

Chiara ist ein staatlich geprüfter Assistenzhund und in den Behindertenausweis eingetragen. „Sie ist eine wichtige Hilfe zur Selbsthilfe und unterstützt mich bei vielen Dingen“, sagt P. in der ORF-Sendung „Bürgeranwalt“. Die Hündin kann heruntergefallene Dinge aufheben, kleine Einkäufe nachhause tragen oder auch Türen öffnen. Noch wichtiger: „Chiara bringt mir aber auch in Notfällen ein Medikament oder das Telefon. Und sie kann mich frühzeitig warnen, bevor meine Spastik überschießt.“ Ein Mensch könnte das nicht.

„Chiara ist kein Haustier, sondern ein Hilfsmittel“

Ein Rollstuhl ermöglicht Jasmin P. fast uneingeschränkte Mobilität. Im November 2023 war für sie ein stationärer Aufenthalt in der Reha-Einrichtung der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt (AUVA) in Bad Häring geplant. Dort wollte sie Orthesen probieren, mit denen sie wieder auf eigenen Beinen gehen könnte. Kurz vor der Aufnahme habe sie nachgefragt, ob sie wegen Chiara irgendetwas beachten müsse.

Jasmin P.: „Der Primar hat mir gesagt, ich darf gerne kommen, aber ohne Hund.“ Im Ablehnungsschreiben der AUVA steht, „dass eine Aufnahme zur Testung zusammen mit Ihrem Assistenzhund in unserer Einrichtung nicht möglich ist. Wir berufen uns auf die Rücksprache mit unserer Rechtsabteilung und unsere Hausordnung.“

Das kam für Jasmin P. nicht infrage: „Chiara ist kein Haustier, sondern ein Hilfsmittel. Ich brauch sie einfach!“ Sie hat sich die Orthesen dann ohne Reha-Aufenthalt erkämpft. Trotzdem ist es für sie nicht nachvollziehbar, wieso es ihr nicht möglich gewesen sei, den Assistenzhund in die Rehabilitationseinrichtung mitzunehmen, und hat sich an die Volksanwaltschaft gewandt.

Die PVA hat ihre Richtlinien bereits geändert, jetzt ist die AUVA an der Reihe

Volksanwalt Achitz: „Es ist nicht zulässig , die Mitnahme von Assistenzhunden in Krankenanstalten generell zu untersagen. Ausnahmen sind nur aus hygienischen Gründen möglich, etwa für Operationssäle. Die Volksanwaltschaft ist schon in etlichen ähnlichen Fällen eingeschritten – und hat Fortschritte erreich, etwa bei der PVA.“

Sie hat ihre Richtlinien geändert, nun dürfen Assistenzhunde mit in alle Räumlichkeiten der PVA-Rehazentren, zu denen auch Patientinnen und Patienten Zutritt haben. Die Zutrittsverbote beschränken sich auf Bereiche wie etwa die Küche. „Diese Einsicht erwarte ich mir auch von der AUVA und allen Vertragseinrichtungen. Österreich hat sich zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention verpflichtet, und die gilt auch für die AUVA.“

Ziel der UN-Behindertenrechtskonvention ist es, dass Menschen mit Behinderung selbstbestimmt über die Gestaltung ihres eigenen Lebens entscheiden können und volle Teilhabe in allen Lebensbereichen haben.

Art. 9 UN-BRK garantiert den gleichberechtigten und barrierefreien Zugang zur physischen Umwelt, insbesondere auch zu medizinischen Einrichtungen und Diensten. Art. 20 UN-BRK normiert das Recht auf persönliche Mobilität in größtmöglicher Unabhängigkeit, insbesondere auch mit technologischer, menschlicher und tierischer Hilfe.

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4 Kommentare

  • Es gibt in Österreich keine ESA-Hunde! Es gibt laut Bundesbehindertengesetz Paragraph 39a Assistenzhunde, zu denen die Blindenführhunde, Servicehunde und Signalhunde (z.B. Signalhunde für Menschen mit Diabetes, Signalhunde für Menschen mit psychischen Behinderungen) zählen. Der betroffene Mensch mit Behinderung benötigt einen Behindertenpass, ohne diesen kann man nicht zur Teamprüfung beim Messerli-Forschungsinstitut mit dem gesundheits- und wesensmässig geeigneten Hund gemeinsam antreten. Nur die Prüfung des MFIs ist in Österreich anerkannt und führt zur Eintragung des Assistenzhundes in den Behindertenpass der betroffenen Person und damit zu den Sonderrechten für Assistenzhundeteams (Zutrittsberechtigung zu Lebensmittelgeschäften,..). Zusätzliche Informationen finden sie beim Verein:
    http://www.Assistenzhunde.eu

  • Meine Nachbarin hat einen kleinen Hund der sie psychisch so unterstützt das sie die Wohnung verlassen kann,wie sind da die regeln? Sie erleidet ohne diesen hund extreme Panikattacken bis hin zu schwerer atemnot, zittern,flucht und extreme Schweißausbrüche.

  • Die Rechtsmeinung der Volksanwaltschaft ist auf jeden Fall ein toller Erfolg, weil im Gesetz selber ja nur die „hygienischen Gründe“ nicht näher definiert sind und die Assistenzhundehalter:innen mit dieser Begründung abgewiesen wurden. Die Erwähnung der Operationssäle bedeutet, dass auch in der Meinung der Volksanwaltschaft nur besondere Reinräume unter ein Zutrittsverbot fallen dürfen.

    Eines unserer Mitglieder in Wien, das vom „Chance-Nutzen-Büro der Gewerkschaft und unserem Verein gemeinsam vertreten wird, hatte sich an die Volksanwaltschaft gewandt, beim Termin mit Volksanwalt Mag. Achitz durfte ich auch dabei sein und die entscheidende Frage, die uns gestellt wurde, war ist das ein Einzelfall? Ich konnte natürlich verneinen und die zahlreichen Fälle, denen ich bisher bei Schlichtungen zu tun hatte, aufzählen.

    Jede Einzelbeschwerde wird natürlich von der VA bearbeitet, aber auch der Fall von Jasmin Plank, der in der Sendung präsentiert wurde und in der APA-Aussendung beschrieben wird, hätte es kaum allein in die Sendung geschafft. Eine Reihe unserer Mitglieder sind nach unserem Aufruf gleich mit ihren Diskriminierungserfahrungen an die Volksanwaltschaft herangetreten. Der Einsatz unseres Mitgliedes Dr. Petra Wegscheider als selbst Betroffene sowie aufgrund ihres Berufes als Ärztin und ihrer Vorarbeit mit der Erstellung von Richtlinien für die Krankenanstalten und Überzeugungsarbeit bei der PVA gab sicherlich mit den Ausschlag, dass sich die VA der Auslegung des Gesetzes im Sinne der Assistenzhundeteams anschloss.