Volksanwaltschaft legt Jahresbericht 2010 vor

Mangelnde Barrierefreiheit, diskriminierende Altersgrenzen und Benachteiligung aufgrund der sexuellen Orientierung: Auch letztes Jahr wurden wieder zahlreiche Fälle von Diskriminierung geprüft.

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Rund 15.000 Personen, die sich von einer Behörde schlecht behandelt fühlten, richteten im Jahr 2010 eine Anfrage an die Volksanwaltschaft, wie aus dem aktuellen Jahresbericht der unabhängigen Kontrolleinrichtung hervorgeht. Zahlreiche Anfragen hatten diskriminierende Sachverhalte zum Inhalt.

Leider wurde in dem aktuellen Bericht, der sowohl dem Nationalrat als auch dem Bundesrat vorgelegt wird, das Kapitel „Anti-Diskriminierung“ durch eine Passage mit dem Titel „Grundrechte“ ersetzt.

Hier eine Auswahl der geprüften Fälle:

  • Diskriminierung bei Seniorenvorteilskarten: Während Frauen diese Ermäßigung bereits ab dem 60. Lebensjahr erhalten, gilt für Männer der Anspruch erst ab 65. Die Kritik an dieser Regelung, die laut Volksanwaltschaft das Gleichbehandlungsverbot verletzt, wurde durch eine Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes im Dezember 2010 bestätigt. „Niedrigere Altersgrenzen für Frauen bei Tarifermäßigungen für öffentliche Verkehrsmittel könnten nicht als soziale Vergünstigung zum Ausgleich einer spezifischen Benachteiligung von Frauen gesehen werden“, heißt es im Bericht der Volksanwaltschaft. Der Verfassungsgerichtshof hob daher auch die entsprechende Verordnungsbestimmung mit Wirkung von 31. Dezember 2011 auf.
  • Barrierefreiheit: Die Volksanwaltschaft kritisiert die Verlängerung der Übergangsfrist für Barrierefreiheit bei Bundesgebäuden um weitere vier Jahre bis 2019. Österreich verletze damit seine internationalen Verpflichtungen aus der UN-Behindertenkonvention.
  • Ein weiterer Fall, der im Bericht der Volksanwaltschaft zitiert wird, betrifft das Verbot für homosexuelle Männer, Blut zu spenden. Die Volksanwaltschaft sieht hier eine Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung, die verfassungs- und europarechtlich verboten ist.
  • Unklare Ansprüche gibt es laut Volksanwaltschaft oft bei Familienleistungen, wenn die Familien nicht die österreichische Staatsbürgerschaft haben. Beim Anspruch auf Familienbeihilfe gibt der Verwaltungsgerichtshof der Volksanwaltschaft zweimal Recht: Zum einen bei ausländischen Studierenden, die in Österreich eine Familie gründen und somit Anspruch auf Familienbeihilfe hätten, zum anderen bei Asylwerbenden, deren Asylverfahren am 31. Dezember 2005 anhängig war und die seit mehr als fünf Jahren in Österreich leben. Als eine Diskriminierung beurteilt die Volksanwaltschaft die derzeitige Regelung, dass Personen keinen Anspruch auf das einkommensabhängige Kindergeld haben, wenn sie die für den Bezug notwendige Erwerbszeit im EU oder EWR-Ausland erworben haben.

Der Jahresbericht kann auf der Internetseite der Volksanwaltschaft als Kurz- oder Langfassung abgerufen werden.

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