Am 25. April 2018 präsentierte die Volksanwaltschaft den Bericht für das Jahr 2017. Im Folgenden werden exemplarisch die Sachverhalte geschildert, die Menschen mit Behinderungen betreffen.

Im Rahmen des Berichts wurde wieder einmal die Wichtigkeit der präventiven Menschenrechtskontrolle deutlich. Sechs Kommissionen der Volksanwaltschaft haben in diesem Zusammenhang Kontrollen in Justizanstalten, Pflegeheimen, psychiatrischen Abteilungen, Polizeianhaltezentren und Jugendwohlfahrtseinrichtungen durchgeführt.
Auch im diesjährigen Bericht werden massive Mängel in der Versorgung in Alten- und Pflegeheimen deutlich.
Situation in Pflegeheimen immer noch problematisch
Im Jahr 2017 besuchten die Prüfkommissionen der Volksanwaltschaft rund 100 Alten- und Pflegeheime. Nach wie vor stellte man in diesem Bereich Mängel, Defizite und gravierende Menschenrechtsverletzungen fest. Zu den Mängeln zählen frühe Schlafens- und unübliche Essenszeiten.
Diese Umstände seien vor allem auf den Personalmangel zurückzuführen. In 48 % der Fälle fehlt es insbesondere nachts an ausreichend Personal. Auch Gewalt ist immer noch ein Thema in den Einrichtungen.
In einer überprüften Einrichtung im Süden Österreichs kam es zu verbalen Übergriffen durch zwei Heimmitarbeiterinnen und Heimmitarbeiter auf Bewohner. Auch kam es zu groben Behandlungen bei der Körperpflege. Bei unerwünschtem Verhalten verhängte das Personal Zimmerarrest und Speisesaalverbot. Auch Handys wurden weggenommen.
Zu weiteren problematischen Sachverhalten kommt es bei der Medikation von Bewohnerinnen und Bewohnern. So stellten die Kommissionen bei Besuchen fest, dass Bewohnerinnen und Bewohner mit sehr unterschiedlichen Medikamenten behandelt wurden, die zu unvorhersehbaren und massiven Wechselwirkungen führten. Auch wurden Psychopharmaka verabreicht, ohne dass eine psychiatrische Diagnose vorlag.
Verharmlose man die Missstände bloß als Einzelfälle, so verkenne man die grundsätzliche Problematik, betont Volksanwalt Günther Kräuter. Die Volksanwaltschaft betont, dass das Personal in den allermeisten Fällen sehr engagierte Arbeit leistet. Die Ursachen für die Missstände lägen in strukturellen Defiziten und im Personalmangel.
Fortschritte beim Heimopfergesetz
Diese Ergebnisse zeigen, wie wichtig das am 1. Juli 2017 in Kraft getretene Heimopfergesetz ist. Opfer von Misshandlungen in Heimen von Bund und Ländern sowie Kirchen und Pflegefamilien erhalten eine monatliche Rente von 300 Euro. Seit Inkrafttreten des Gesetzes, berichtet die Volksanwaltschaft, konnten bereits 700 Fälle bearbeitet werden.
Einen Nachteil gibt es allerdings noch. Menschen aus Krankenanstalten, privaten Heimen und Menschen mit Behinderungen, die das Pensionsalter noch nicht erreicht haben, werden vom Gesetz bisher noch nicht erfasst. Nun wurde von allen fünf Parlamentsparteien ein entsprechender Antrag eingebracht, damit dieser Mangel behoben werden kann.
Pflegefond als Instrument zur Qualitätssicherung
Der Pflegefonds ist derzeit mit 366 Millionen Euro dotiert. Die Volksanwaltschaft fordert, dass er zukünftig zielgerichtet zur Finanzierung und Qualitätssicherung eingesetzt wird. Die Mittel des Fonds sollen dafür an verbindliche Qualitätskriterien wie zum Beispiel Personalschlüssel oder Infrastruktur gebunden werden. Das soll durch ein entsprechendes Gesetz rechtlich abgesichert werden.
Die Pflege im privaten Bereich muss ebenfalls dringend untersucht werden, so Günther Kräuter. Es sei „die absurde Situation entstanden, dass die Steuerzahler die teuerste Form, die Heimunterbringung, die von den Menschen gar nicht bevorzugt wird, voll finanzieren. Die gewünschte private und weitaus kostengünstigere Betreuung zu Hause dagegen nicht.“
Kräuter fordert eine massive Erhöhung des Pflegegelds in allen Stufen, einen Ausbau mobiler Angebote, ein staatliches Gütesiegel für Agenturen, die 24h-Betreuung anbieten und Qualitätsüberprüfungen durch diplomierte Kräfte.
Hoffnungsvolle Blicke auf das Inkrafttreten des Erwachsenenschutzgesetzes
2017 langten 218 Beschwerden in Zusammenhang mit Sachwalterschaft bei der Volksanwaltschaft ein. Diese Beschwerden betrafen den Umstand der Besachwaltung an sich und dass den Betroffenen trotz ausreichender Mittel nicht genügend Geld zur Verfügung gestellt wurde. Zudem wurden die Verfügungen der Sachwalterinnen und Sachwalter bezüglich des Eigentums der Betroffenen als eigenmächtig wahrgenommen.
Angesichts dieser Beschwerdefälle freut sich Volksanwältin Gertrude Brinek besonders über das Inkrafttreten des Erwachsenenschutzgesetzes. „Ich hoffe, dass mit dem Inkrafttreten des Erwachsenenschutzgesetzes am 1. Juli 2018 viele der derzeitigen Beschwerdefälle nicht mehr auftreten werden.“