Österreich wird sparen.
Derzeit wird das Budget der kommenden Jahre erstellt. Wie bei jedem Sparbudget werden die Leistungen des Staates durchleuchtet. Die Politik bewertet, welche Leistungen ihr wichtig sind und welche nicht. Wie es sich da mit der Pflegevorsorge verhält, das werden die nächsten Wochen zeigen.
Die Treffsicherheit
Im Juni 2000 erstellte das Institut für Höhere Studien (IHS) einen Projektbericht mit dem Titel „Untersuchung zu Schlüsselbereichen der Budgetpolitik“. Das Ziel des Berichtes war es, die Treffsicherheit von Transferleistungen zu überprüfen. Doch dies – so der Bericht – kann nur geschehen, „wenn Klarheit über die Zielsetzung der jeweiligen Transferleistung herrscht.“
Die Zielsetzung beim Pflegegeld ist – laut § 1 Bundespflegegeldgesetz -, „die Möglichkeit zu verbessern, ein selbstbestimmtes, bedürfnisorientiertes Leben zu führen.“ Zahlreiche Studien – u. a. die große Studie von Prof. Badelt – haben nachgewiesen, daß das Pflegegeld dieses Ziel erreicht. Es ist also treffsicher. Wenn PolitikerInnen – wie zuletzt die steirische Landeshauptfrau Waltraud Klasnic (ÖVP) – das Gegenteil behaupten, sind sie entweder nicht informiert oder sie wollen das Geld in andere Kanäle lenken.
Die Valorisierung
Pflegegeld wurde seit 1996 nicht mehr valorisiert und wird daher jedes Jahr um die Inflationsrate an Wert gemindert. Auch für die nächsten Jahre ist laut Regierungsprogramm keine Valorisierung geplant. Sogar die Einmalzahlung (also eine Art Ersatz für eine jährliche Anpassung) ist „derzeit nicht machbar“; so die Sozialministerin Dr. Elisabeth Sickl (FPÖ) gegenüber der APA (17. August 2000).
Die Umverteilungsdiskussion
Die horizontale Umverteilung führt zu einer Umverteilung zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen (also z. B. Personen, die pflegebedürftig sind und jenen, die es nicht sind) mit gleichem Einkommen. Das Ziel ist die Chancengleichheit.
Die vertikale Umverteilung führt zu einer Umverteilung innerhalb einer Bevölkerungsgruppe mit unterschiedlichem Einkommen (z. B. Wohnbeihilfe). Hier ist das Ziel die Bekämpfung der Armutsgefährdung.
Was bedeutet dies für die aktuelle Diskussion? Wer sich, wie z. B. die Generalsekretärin der FPÖ, Theresia Zierler, dafür ausspricht, daß Pflegegeld nur mehr einkommensabhängig ausbezahlt werden soll, ist somit gegen Chancengleichheit und damit dagegen, daß behinderte Menschen auch verdienen und so ihren Lebensstandard erhöhen.
Jene, die für Einkommensabhängigkeit plädieren, sehen behinderte Menschen primär als Objekte der Fürsorge.
„Eine soziale Staffelung würde vorallem die ‚Pflegeinstitution Familie‘ treffen, die rund 80 % der Pflege übernimmt“, so ein führender Beamter des Sozialministeriums.
Wer soll getroffen werden?
„Abschließend muß darauf hingewiesen werden, daß die Treffsicherheit immer nur in Hinblick auf politisch vorgegebene Ziele bewertet werden kann.“ (IHS)
Wer Pflegegeld nur einkommensabhängig ausbezahlt, kürzt oder nicht valorisiert, will behinderte bzw. pflegebedürftige Menschen treffen und / oder sie in Heime und andere Einrichtungen abschieben, wo sie „professionell versorgt“ werden.